Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen des Sorgerechtsentzugs bei Weigerung der Eltern, für einen Schulbesuch ihrer Kinder Sorge zu tragen
Normenkette
BGB § 1666a; SGB 8 § 27
Verfahrensgang
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
In Abänderung des angefochtenen Beschlusses sowie des Beschlusses des AG Darmstadt vom ... 2012 (Az.:...) in der Fassung des Beschlusses des OLG Frankfurt vom ... 2013 (...) werden das Recht der Aufenthaltsbestimmung, das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten, das Recht zur Antragstellung bei Ämtern und Behörden, sowie das Recht zur Antragstellung auf Hilfe zur Erziehung gem. § 27 ff. SGB VIII für die Beteiligten zu 1) bis 4) auf die Kindeseltern, die Beteiligten zu 7) und 8) zurückübertragen.
Gerichtskosten werden für das Verfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die beteiligten Kindeseltern erstreben die Rückübertragung entzogener Teilrechte der elterlichen Sorge für ihre Kinder. Hintergrund des Sorgerechtsentzugs ist die Weigerung der Kindeseltern, ihre Kinder in öffentlichen bzw. zugelassenen Privatschulen unterrichten zu lassen. Stattdessen erteilen die Eltern ihren Kindern zu Hause Heimunterricht.
Mit Beschluss des AG - Familiengericht - Darmstadt vom ... 2012 wurde den Kindeseltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Regelung der schulischen Angelegenheiten sowie das Recht zur Antragstellung bei Ämtern und Behörden für ihre vier Kinder entzogen und auf das Jugendamt O1 als Pfleger übertragen. Außerdem wurde den Kindeseltern aufgegeben, die Kinder an das Jugendamt zur Durchsetzung der Schulpflicht herauszugeben. Die von den Kindeseltern erhobene Beschwerde wurde mit Beschluss des erkennenden Senats vom ... 2013 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts sich nicht auf die Zeit der hessischen Schulferien bezieht. In der Begründung hat der Senat ausgeführt, der Entzug der Teilbereiche der elterlichen Sorge diene ausschließlich dazu, die Kinder während der Schulzeiten einer Schule zuzuführen. Nach §§ 1666, 1666a BGB sei die Einschränkung des Sorgerechts der Kindeseltern gerechtfertigt, da die beharrliche Weigerung der Eltern für einen Schulbesuch ihrer Kinder Sorge zu tragen eine Gefährdung des Kindeswohls darstelle.
Das vorliegende Verfahren wurde mit Antragsschrift des Jugendamtes vom 14.6.2013, mit der ergänzend der Entzug des Rechts zur Antragstellung auf Hilfe zur Erziehung gem. §§ 27 ff. SGB VIII beantragt wurde, eingeleitet.
(Von der Darstellung der folgenden Textpassagen wird abgesehen - die Red.).
Mit dem angefochtenen Beschluss vom ... 2013 hat das AG den Kindeseltern ergänzend auch die elterliche Sorge hinsichtlich des Rechts zur Antragstellung auf Hilfe zur Erziehung gem. §§ 27 ff. SGB VIII bezüglich der vier Kinder entzogen und die Anträge der Kindeseltern, ihnen unter Aufhebung des Beschlusses des AG Darmstadt vom ... 2012 in der Fassung des Beschlusses des OLG Frankfurt vom ... 2013 das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Regelung schulischer Angelegenheiten sowie das Recht zur Antragstellung bei Ämtern und Behörden für die Kinder sowie die Hilfsanträge der Kindeseltern, das Recht Anträge gem. §§ 56 Abs. 2 S. 3, 60 Abs. 2 S. 2 des Hessischen Schulgesetzes auf die Kindeseltern zurück zu übertragen, sowie hilfsweise das Recht, mit den betroffenen Kindern aus der Bundesrepublik Deutschland auszuwandern, zurück zu übertragen und dort den Aufenthalt der Kinder zu bestimmen, zurückgewiesen, desgleichen die entsprechenden Anträge und Hilfsanträge des Kindes X. Zur Begründung hat das AG ausgeführt, ohne den Entzug des weiteren Teilbereichs "Recht zur Antragstellung auf Hilfe zur Erziehung gem. § 27 ff. SGB VIII" und Übertragung auf das Jugendamt als Pfleger sei der Beschluss des OLG Frankfurt vom ... 2013 nicht umsetzbar. Nach verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung bedürfe es einer ausdrücklichen Übertragung des Rechts auf das Jugendamt, damit Anträgen auf Hilfe zur Erziehung gem. §§ 27 ff. SGB VIII stattgegeben werden könne.
Auf der Grundlage des Beschlusses vom ... 2013 gehe das Gericht weiter davon aus, dass verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Schulpflicht nicht bestünden und die Bedenken der Kindeseltern gegen die Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG nicht geteilt würden. Im Hinblick auf die nunmehr vorgetragenen Auswanderungspläne der Kindeseltern führt das AG aus, diese hätten zwar grundsätzlich Freizügigkeitsrecht nach Art. 11 GG, dies Recht sei aber im Hinblick auf das Kindeswohl pflichtgebunden. Vorliegend sei davon auszugehen, dass das angestrebte "Home-schooling" der Kindeseltern das Kindeswohl erheblich gefährde. Auch wenn die Kinder seit dem ... 2013 beschult würden und die Isolation im Familienverband dadurch in Ansätzen habe aufgebrochen werden können, würden diese Bemühungen durch die Auswanderungspläne der Kindeseltern ad absurdum geführt werden. Die Isolation i...