Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Abänderungsklage und Bindungswirkung der unverändert gebliebenen tatsächlichen Feststellungen
Leitsatz (amtlich)
Die Abänderungsklage ist nur zulässig, wenn sie auf neue Tatsachen gestützt wird; alte Tatsachen, die nicht berücksichtigt wurden, sind präkludiert (§ 323 Abs. 2 ZPO). Die Bindungswirkung umfasst die unverändert gebliebenen tatsächlichen Feststellungen und Wertungen.
Normenkette
ZPO § 323 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Beschluss vom 01.07.2005; Aktenzeichen 536 F 56/05) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Gründe
Das AG hat der Klägerin die begehrte Prozesskostenhilfe für eine Abänderungsklage betreffend das Urteil des AG - FamG - Wiesbaden vom 1.11.2004 (536 F 343/03 - Trennungsunterhalt) verweigert. Der Klage stehe die Rechtskraft des Urteils entgegen. Die vorgetragenen Gründe, auf die sie gestützt würde, seien nicht erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung (18.10.2004) entstanden (§ 323 Abs. 2 ZPO). Schon damals habe die Klägerin vorgetragen, sie sei wegen einer psychischen Erkrankung und wegen epileptischer Anfälle erwerbsunfähig erkrankt. Sie habe nicht vorgetragen, dass sich ihr Leiden verschlimmert hätte. Auch sei eine Verschlechterung ihrer Einkommensverhältnisse nicht vorgetragen. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss und auf die Nichtabhilfeentscheidung des AG Bezug genommen.
Mit ihrer sofortigen Beschwerde macht die Klägerin geltend, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung habe sich aufgrund des Sachverständigengutachtens des Dr. med. ... vom 19.1.2005 ergeben, dass sie an einer paranoiden Schizophrenie leide. Es könne zwar nicht festgestellt werden, wann die Krankheit bei der Klägerin zum Ausbruch gekommen sei, jedenfalls habe sich ihr Zustand seit Schluss der mündlichen Verhandlung wesentlich verschlimmert, was sich auch daraus ergebe, dass sie am 17.1.2005 in eine geschlossenen Einrichtung eingewiesen worden sei. Auch ihre wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich wesentlich verschlechtert. Bis Dezember 2004 habe sie noch Arbeitslosenhilfe erhalten, ab 1.1.2005 nur noch geringere Leistungen gem. "Harz IV". Im einzelnen wird auf die Beschwerdebegründung und die Stellungnahme zu der Nichtabhilfeentscheidung Bezug genommen.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Die Abänderungsklage ist nur zulässig, wenn sie auf neue Tatsachen gestützt wird; alte Tatsachen, die nicht berücksichtigt wurden, sind präkludiert (§ 323 Abs. 2 ZPO). Die Bindungswirkung umfasst die unverändert gebliebenen tatsächlichen Feststellungen und Wertungen (Göppinnger/Wachs/Vogel, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rz. 2399 ff.).
Die Klägerin hat in dem Vorprozess nicht vorgetragen, dass sie an einer paranoiden Schizophrenie leide. Sie hat aber vorgetragen, dass sie aufgrund ihrer Erkrankungen für Leistungen (der BfA) zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht geeignet sei (Schriftsatz v. 9.6.2004) und dies mit einer Bescheinigung der BfA vom 25.5.2005 belegt. Darin heißt es:
"Sie sind für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht geeignet. Angezeigt sind eine regelmäßige ambulante nervenärztliche Mitbehandlung und stationäre psychiatrische Behandlung."
Damit hat die Klägerin im Vorprozess vorgetragen, dass sie wegen ihrer psychischen Erkrankung am Arbeitsleben nicht teilhaben kann. Dann kommt es wegen der Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht auf die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung diagnostizierten paranoiden Schizophrenie an, denn diese betrifft schon eine erwerbsunfähige Partei und verändert ihre Möglichkeit, für ihren Unterhalt selbst aufzukommen, nicht.
Insoweit aus dem zeitlichen Ablauf und weiteren Feststellungen in dem angefochtenen Urteil über vorgetragene Erkrankungen entnommen werden könnte, die Erkrankung sei schon vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung ausgebrochen gewesen, muss darauf hingewiesen werden, dass für die Präklusionswirkung allein auf die objektive Lage abzustellen ist und nicht auf die subjektive Kenntnis der Partei abgestellt wird. Auch Veränderungen, die schon zum Zeitpunkt des Endes der mündlichen Verhandlung eingetreten, jedoch noch nicht bekannt waren, können den Erfolg der Abänderungsklage nicht herbeiführen. Sie sind denen gleichgestellt, die bekannt waren, aber aus irgendwelchen Gründen im Vorprozess nicht vorgetragen wurden (Göppinnger/Wachs/Vogel, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., Rz. 2399 ff.). Insofern die Meinung vertreten werden könnte, der Vortrag der Klägerin in dem Vorprozess hätte anders beurteil werden müssen, hätte sie durch das Rechtsmittel der Berufung ihren Rechtsstandpunkt zur Geltung bringen müssen. Nunmehr umfasst die Bindungswirkung auch die getroffene Wertung des AG in dem Vorprozess.
Die Klägerin hat im Beschwerdeverfahren nicht zu der Begründung des AG in dem Nichtabhilfebeschluss Stellung bezogen, nachdem schon am 10.8.2004 wegen einer psychischen Erkrankung der Klägerin ein Betreuungsverfahren eingeleitet werden musste un...