Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Ersatz des Ehegatten-Verfahrenskostenvorschusses durch Darlehensgewährung
Leitsatz (amtlich)
Die Verpflichtung, dem Ehegatten einen Verfahrenskostenvorschuss i.S.d. § 1360a Abs. 4 BGB zu gewähren, entfällt nicht durch das Angebot des Verpflichteten, ein Darlehen in gleicher Höhe zur Verfügung zu stellen.
Normenkette
ZPO § 115; FamFG § 246 Abs. 1; BGB § 1360a Abs. 4
Tenor
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, an die Antragstellerin einen Verfahrenskostenvorschuss i.H.v. 1.702 EUR zu zahlen.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Verfahrenswert wird auf 1.746 EUR festgesetzt.
Gründe
Auf den Antrag der Antragstellerin vom 25.7.2013 ist dem Antragsgegner gem. §§ 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB, 246 Abs. 1, Alt. 2 FamFG durch einstweilige Anordnung aufzugeben, an die Antragstellerin einen Verfahrenskostenvorschuss für das Beschwerdeverfahren i.H.v. 1.702 EUR zu zahlen.
Die im zugrunde liegenden Verfahren streitigen Ansprüche auf Unterhalt betreffen eine persönliche Angelegenheit, für die grundsätzlich der getrenntlebende Ehegatte nach § 1360a Abs. 4 Satz 1 BGB vorschusspflichtig ist, da das Verfahren seine Wurzel in der Lebensgemeinschaft der Ehegatten hat (vgl. BGH NJW 2010, 342).
Die Antragstellerin hat insoweit glaubhaft gemacht, dass sie nicht in der Lage ist, die Kosten des - hinreichende Aussicht auf Erfolg bietenden - Beschwerdeverfahrens zu tragen. Insbesondere stehen ihr keine Vermögenswerte zur Verfügung, die sie für die Verfahrenskosten einsetzen oder verwerten könnte.
Die Vorschusspflicht des Antragsgegners entspricht vorliegend auch der Billigkeit. Nach den derzeit bekannten Umständen ist davon auszugehen, dass der Antragsgegner hinreichend leistungsfähig ist, um der Antragstellerin einen Verfahrenskostenvorschuss für das Beschwerdeverfahren zur Verfügung zu stellen. Für die Frage der Leistungsfähigkeit ist auf die unterhaltsrechtlich maßgeblichen Selbstbehaltssätze abzustellen (vgl. OLG Saarbrücken FamRZ 2010, 749), da der Vorschussanspruch seinen Grund in der unterhaltsrechtlichen Beziehung der getrenntlebenden Ehegatten hat. Wie im Beschluss vom 10.5.2013 dargestellt, verbleibt dem Antragsgegner nach Abzug des vom AG titulierten Kindes- und Ehegattenunterhalts bei einem bereinigten Nettoeinkommen von 6.921 EUR ein Einkommen i.H.v. 3.264 EUR.
6.921 EUR
- 1.395 EUR
Kindesunterhalt
- 2.262 EUR
Ehegattenunterhalt
3.264 EUR
Der Antragsgegner ist demgemäß im Stande, von diesem Einkommen die voraussichtlich für das Beschwerdeverfahren entstehenden Kosten der Antragstellerin, die sich auf 1.702 EUR belaufen, zu zahlen, ohne dass sein angemessener Selbstbehalt von 1.100 EUR in Mitleidenschaft gezogen wäre.
Dem Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss steht auch der Halbteilungsgrundsatz nicht entgegen. Bei durchschnittlichen Einkünften soll zwar ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss ausscheiden, wenn die gemeinsamen Einkünfte der Eheleute über den Unterhalt annähernd hälftig verteilt werden (OLG Karlsruhe FamRZ 2011, 1235; OLG München FamRZ 2006, 791). Dies gilt jedoch dann nicht, wenn - wie vorliegend - der Pflichtige im Gegensatz zum Bedürftigen über Vermögen verfügt, das in die Unterhaltsberechnung nicht eingeflossen ist. In derartigen Fällen kann das Vermögen, das ohne Beeinträchtigung für den Vorschuss eingesetzt werden kann, zur Begleichung des Verfahrenskostenvorschusses verwendet werden, so dass trotz der Zahlung von Quotenunterhalt ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss zu bejahen ist (vgl. OLG Hamm FamRZ 2012, 391). Im Übrigen ist gegebenenfalls die Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses auch bei der Ermittlung des Elementarunterhalts zu berücksichtigen, so dass auch bei Leistung des Sonderbedarfs der Halbteilungsgrundsatz gewahrt bleibt.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners steht auch sein Angebot eines zinslosen Darlehens in Höhe der voraussichtlich entstehenden Verfahrenskosten dem Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss nicht entgegen. Die vom Antragsgegner gewählte Konstruktion eines Darlehensangebots zur Beseitigung der Bedürftigkeit für den Verfahrenskostenvorschuss stellt eine Umgehung der gesetzlichen Regelung dar, die von der Unterhaltsberechtigten nicht hingenommen werden muss, da sie sich bei Annahme des Angebots in eine deutlich ungünstigere Rechtsposition begeben würde, als das Gesetz ihr einräumt. Dies folgt insbesondere aus einem Vergleich der jeweiligen Rückzahlungsverpflichtungen: Nach seinem Darlehensangebot verzichtet der Antragsgegner nur in dem Umfang auf die Rückzahlung, in dem der Antragstellerin nach einer Entscheidung Kostenerstattungsansprüche zustehen würden. Demgegenüber muss ein Verfahrenskostenvorschuss nach § 1360a Abs. 4 BGB nur zurückgezahlt werden, wenn dies der Billigkeit entspricht. Dass der Empfänger des Vorschusses im Verfahren unterlegen ist, reicht für sich genommen regelmäßig nicht aus, um eine Rückzahlungsverpflichtung zu begründen (vgl. BGH NJW 1985, 2263; BGH NJW 1990, 147...