Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuch: Ermittlung ausländischen Rechts
Leitsatz (amtlich)
1. Die Nicht- bzw. Fehlanwendung ausländischen Rechts stellt zwar ohne Weiteres eine Gesetzesverletzung dar. Das Grundbuchamt hat sich die erforderlichen Kenntnisse von Amts wegen zu verschaffen und darf hierbei nur ausnahmsweise die Hilfe des Antragstellers in Anspruch nehmen.
2. Allerdings hat das Grundbuchamt, wenn Ehegatten als Berechtigte eingetragen werden sollen, das Güterrecht - auch im Falle einer möglichen Auslandsberührung - nicht zu erforschen. Vielmehr kann es von der Richtigkeit der hierzu gemachten Angaben und bei Fehlen solcher Angaben vom gesetzlichen Güterrecht ausgehen.
3. Insofern wird die Prüfungspflicht des Grundbuchamts nicht dadurch erweitert, dass eine Unrichtigkeit des Grundbuchs in Betracht kommen kann, die nicht kraft deutschen, sondern kraft ausländischen Güterrechts eintreten könnte.
4. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Grundbuchamt aufgrund der gemachten Angaben oder in sonstiger Weise die sichere Kenntnis davon hat, dass das Grundbuch unrichtig werden würde, weil z. B. ein Ehegatte als Alleinberechtigter eingetragen werden soll, obwohl das Recht in das Gesamtgut einer Errungenschaftsgemeinschaft fällt; bloße Zweifel hingegen genügen nicht.
Normenkette
GBO §§ 53, 71
Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 30.03.2017) |
Tenor
Das Grundbuchamt wird angewiesen, den am 30.03.2017 eingetragenen Widerspruch nach § 53 GBO zu löschen.
Im Hinblick auf den Erfolg der Beschwerde ist das Verfahren der Beschwerde gerichtskostenfrei.
Eine Erstattung notwendiger Aufwendungen der Beteiligten im Verfahren der Beschwerde erfolgt nicht.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin und der Beschwerdegegner sind beide russische Staatsangehörige und waren vom 01.08.2008 bis zum 15.06.2016 verheiratet.
Die Beschwerdeführerin ist seit dem 20.11.2009 in als Alleineigentümerin des streitgegenständlichen Grundbesitzes im Grundbuchblatt Abt. I lfd. Nr. 5 eingetragen.
Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 14.02.2017 beantragte der Beschwerdegegner Grundbuchberichtigung dahingehend, dass er als Miteigentümer eingetragen werde, sowie die Eintragung eines Widerspruchs. Zur Begründung führte der Beschwerdegegner aus, dass während der Ehe der gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft bestanden habe und daher sämtliches von den Ehegatten während der Ehe erworbene Vermögen kraft Gesetzes gemäß Art. 34 des russischen Familiengesetzbuches gemeinsames Eigentum beider Ehegatten geworden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 14.02.2017, Bl. 126 f. d. A., verwiesen.
Die Grundbuchrechtspflegerin teilte daraufhin mit Verfügung vom 20.02.2017 (Bl. 131 d. A.) mit, dass bei Eigentumsumschreibung keine Kenntnis darüber bestanden habe, dass die Beschwerdeführerin verheiratet gewesen sei.
Nach Vorlage von Heirats- und Scheidungsurkunde in notariell beglaubigter Kopie mit Übersetzung und Apostille erfolgte mit Datum vom 30.03.2017 die Eintragung eines Widerspruchs nach § 53 GBO zu Gunsten des Beschwerdegegners gegen die Eintragung der Beschwerdeführerin als Alleineigentümerin in Abt. II lfd. Nr. 6 des Grundbuchblattes.
Auf den genauen Wortlaut und Inhalt der Eintragungsvermerke wird ergänzend Bezug genommen.
Die Beschwerdeführerin hat mit Schriftsatz ihres damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 05.05.2017 gegen die Eintragung des Widerspruchs zu Gunsten des Beschwerdegegners Beschwerde eingelegt und dessen Löschung beantragt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass das nach russischem Recht von der Beschwerdeführerin allein erworbene Vermögen ihr allein zuzuweisen sei. Die Beschwerdeführerin lebe seit 2002 in Deutschland; während der von 2008-2016 bestehenden Ehe hätten die Eheleute niemals zusammengelebt. Die Beschwerdeführerin habe den streitgegenständlichen Grundbesitz aus ihrem eigenen Vermögen bezahlt und auch die hierfür aufgenommenen zwei Kredite von der Ban1 aus eigenem Vermögen bezahlt. Auch nach russischem Recht sei der Ehemann darauf zu verweisen, im Rahmen einer Klage einen etwaigen Zugewinnanspruch geltend zu machen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 05.05.2017 nebst Anlagen, Bl. 149 ff. d. A., verwiesen. Als Anlage zum Schriftsatz vom 08.05.2017 reichte der damalige Verfahrensbevollmächtigte der Beschwerdeführerin die Stellungnahme eines russischen Rechtsanwalts mit Übersetzung vom 12.04.2017 zur Akte, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 188 ff. d. A.).
Nach Vorlage an den Richter teilte die Grundbuchrechtspflegerin mit Verfügung vom 23.05.2017 mit, vorliegend sei russisches Recht maßgeblich, wonach gesetzlicher Güterstand die Gütergemeinschaft sei, so dass während der Ehe erworbenes Vermögen gemeinsames Eigentum werde. Hinsichtlich des im Jahre 2009 erworbenen Grundbesitzes liege Gesamthandseigentum vor, es sei denn, dieser sei von der Beschwerdeführerin mit in die Ehe eingebrachtem Vermögen erworben worden. Dies müsse jedoch in ein...