Verfahrensgang
LG Gießen (Entscheidung vom 15.09.2004; Aktenzeichen 503 Js 27672/03 - 8 Ns) |
AG Gießen (Entscheidung vom 26.04.2004) |
Gründe
Das Amtsgericht Gießen hatte gegen den Angeklagten durch Urteil vom 26. März 2004 unter Freisprechung im Übrigen wegen Diebstahls in drei Fällen in Tatmehrheit mit unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Heroin) in drei Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verhängt. Das Landgericht - 8. Kleine Strafkammer - Gießen hat die hiergegen gerichtete, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten durch Urteil vom 15. September 2004 verworfen, wobei das Gericht von der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung ausgegangen ist.
Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.
Die form- und fristgerecht eingelegte und ebenso begründete Revision hat - zumindest vorläufigen - Erfolg.
Das angefochtene Urteil hält auf die Sachrüge hin rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Auf die zunächst von Amts wegen vorzunehmende Prüfung, ob das Berufungsgericht zu Recht und im richtigen Umfang von einer Berufungsbeschränkung ausgegangen ist (vgl. dazu Ruß in KK StPO 5. Aufl. Rdnr. 11 zu § 318 m.N.), ergibt sich, dass dies hinsichtlich der dem Angeklagten zur Last gelegten drei Taten des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nicht der Fall ist. Ein Rechtsmittel kann nicht auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt werden, wenn Schuldspruch und Strafzumessung so miteinander verknüpft sind, dass eine getrennte Überprüfung der Strafzumessung nicht möglich wäre, ohne den nicht mit angefochtenen Schuldspruch zu berühren (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 15) - insbesondere, wenn durch die zur Strafzumessung neu zu treffenden Feststellungen der Schuldspruch betroffen sein könnte -, wenn auf der Grundlage der Feststellungen gegen den Angeklagten überhaupt keine Strafe verhängt werden könnte (vgl. BGHR StPO § 344 Abs. 1 Beschränkung 12) oder wenn die Schuldfeststellungen derart knapp, unvollständig, unklar oder widersprüchlich sind, dass sie den Unrechtsgehalt der Tat nicht einmal in groben Zügen erkennen lassen und deshalb keine ausreichende Grundlage für die Straffrage sein können (st. Rspr. Vgl. z. B. BGH St 33, 59; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.12.2003 - 2 Ss 370/03 -; OLG Hamburg, Beschluss v. 26.07.2000 - 2 Ss 23/00 StV 2000, 608). Letzteres ist bezüglich der drei Taten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gegeben. Das Amtsgericht hat hierzu festgestellt, der Angeklagte habe in der Zeit von Juli 2003 bis zum ...2003 in mindestens drei Fällen an den gesondert verfolgten Z2 mit Gewinn jeweils ein bis zwei Plömbchen Heroin zu 15.- Euro verkauft. Damit wird der Schuldgehalt dieser Taten nur unzureichend umschrieben. Es bleibt nämlich offen, ob das Gericht jeweils nur von einem oder von zwei Plömbchen ausgegangen ist. Bei Anwendung des Zweifelssatzes hätte zwar jeweils der niedrigste festzustellende Schuldgehalt zugrunde gelegt werden müssen. Ob das Gericht dies berücksichtigt hat, lässt sich den Urteilsgründen aber nicht entnehmen.
Im Übrigen bleibt ungeklärt, ob und, wenn ja, in wieweit das Amtsgericht und ihm - durch die Bezugnahme auf diese Ausführungen - folgend das Landgericht die weiterhin getroffenen Feststellungen, dass der Angeklagten bei seiner Festnahme am ....2003 vier Plömbchen Heroin mit einem Gewicht von ca. einem Gramm bei sich geführt hat und weitere 1,6 Gramm Heroin am ...2003 bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten gefunden worden sind, strafrechtlicher Würdigung unterzogen hat.
Der Rechtsfolgenausspruch hält einer rechtlichen Überprüfung gleichfalls nicht stand, weil er unzureichend begründet worden ist. Die Staatsanwaltschaft beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in ihrer Stellungnahme vom 07. Dezember 2004 hierzu ausgeführt:
"Das Berufungsgericht hat sowohl bei den Erwägungen zur Strafhöhe als auch bei denen zur Frage der Strafaussetzung zur Bewährung seine Entscheidung wesentlich auf den Umstand gestützt, dass der Angeklagte bei Tatbegehung unter Bewährung stand. In einem solchen Fall reicht es nicht aus, wenn die Schilderung der Vorstrafen sich auf die Tatsachen beschränkt, die sich dem Auszug aus dem Bundeszentralregister entnehmen lassen. Nach der Rechtsprechung sollen sich die schriftlichen Urteilsgründe zwar grundsätzlich auf das Wesentliche beschränken. Dies bedeutet für die Vorstrafen, dass sie nur in dem Umfang und in denjenigen Einzelheiten mitzuteilen sind, in denen sie für die getroffene Entscheidung von Bedeutung sind. Daher kann es, wenn nur Zahl, Frequenz, Höhe, Einschlägigkeit und Verbüßung der Vorstrafen beachtlich sind, genügen, die entsprechenden Tatsachen mitzuteilen (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 3 Satz 1 Strafzumessung 13). Von einer genauen Darlegung der den Vorverurteilungen zugrunde liegenden Sachverhalte kann zum Beispiel dann abgesehen werden, wenn in Fällen geringerer Bedeutung der Sachverhalt schon aus der Angabe der angewendeten Vorschriften ...