Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der Geschäftsgebühr bei Vergütungsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Aus den Ausführungen des BGH im Beschl. v. 22.2.2008 - VIII ZB 57/07 (NJW 2008, 1323-1325) kann nicht geschlossen werden, dass auch im Falle einer Gebührenvereinbarung, auf Grund deren die gesetzliche Gebührenregelung im Verhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt nicht anwendbar ist, eine Anrechnung nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV stattzufinden hat (so aber das OLG Stuttgart, Beschl. v. 3.9.2008 - 8 W 348/08, AGS 2008, 511-512).
Normenkette
RVG-VV Nrn. 2300, 3100
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 11.07.2008; Aktenzeichen 2-13 O 41/08) |
Gründe
I. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Beklagten für diese auf Grund einer Vergütungsvereinbarung, der zufolge er nach Stundenaufwand abrechnet, vorgerichtlich tätig geworden war, führten die Parteien vor dem LG Frankfurt/M. einen Rechtsstreit, in welchem das LG mit Urteil vom 27.5.2008 (Bl. 170 bis 173 d.A.) die Klage abwies und dem Kläger auferlegte, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Mit Beschluss vom 24.7.2008 (Bl. 195 d.A.) setzte das LG den Gebührenstreitwert auf 5.124 EUR fest.
Auf Antrag der Beklagten vom 29.4.2008 (Bl. 167 d.A.), hat das LG mit Beschluss vom 11.7.2008 (Bl. 192 d.A.) zugunsten der Beklagten Kosten i.H.v. 966,40 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.5.2008 gegen den Kläger festgesetzt. Dieser Beschluss ist dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers am 15.7.2008 zugegangen (Bl. 194 d.A.). Mit am 24.7.2008 per Telefax bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tage (Bl. 198, 199 d.A.) hat der Kläger sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss eingelegt und sein Rechtsmittel gegen die Festsetzung einer 1,3 Verfahrensgebühr aus einem Streitwert von 5.124 EUR i.H.v. 439,40 EUR gerichtet. Der Kläger, der die Beschwerde mit Schriftsätzen vom 26.8.2008 (Bl. 214 bis 218 d.A.) und vom 6.11.2008 (Bl. 234 bis 236 d.A.) weiter begründet hat, ist der Auffassung, die Verfahrensgebühr sei um die Hälfte auf 0,65, entsprechend 219,70 EUR zu kürzen, weil vorgerichtlich eine Geschäftsgebühr angefallen sei. Die Vergütungsvereinbarung zwischen den Beklagten und ihrem Prozessbevollmächtigten ändere nichts an der Entstehung der Geschäftsgebühr. Die Beklagten sind der Beschwerde mit Schriftsätzen vom 5.8.2008 (Bl. 206 d.A.), vom 7.8.2008 (Bl. 211, 21229 d.A.), vom 7.11.2008 (Bl. 223 bis 225 d.A.) und vom 20.11.2008 (Bl. 245, 246 d.A.) entgegen getreten und der Ansicht, wegen der Vergütungsvereinbarung sei eine Geschäftsgebühr nicht angefallen. Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 228 d.A.)
II. Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig; insbesondere ist die in § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO normierte Frist zu ihrer Einlegung gewahrt.
Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Zu Recht hat das LG eine 1,3 Verfahrensgebühr aus einem Streitwert von 5.124 EUR i.H.v. 439,40 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.5.2008 gegen den Kläger festgesetzt.
Diese Verfahrensgebühr ist gem. Nr. 3100 RVG-VV zu einem Satz von 1,3 angefallen. Sie ist nicht gemäß Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 4 RVG-VV um die Hälfte vermindert. Dies wäre nur der Fall, wenn wegen des verfahrensgegenständlich gewesenen Streites eine Geschäftsgebühr nach den Nr. 2300 bis 2303 entstanden wäre. Eine solche Gebühr gelangte vorliegend jedoch nicht zur Entstehung. Denn die Vergütung, die der Prozessbevollmächtigte der Beklagten für seine vorgerichtliche Tätigkeit beanspruchen kann, findet ihre Rechtsgrundlage in der Vergütungsvereinbarung, die er mit den Beklagten getroffen hat, und nicht in den Vorschriften des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Das in einer Vergütungsvereinbarung vereinbarte Honorar ist keine Geschäftsgebühr (vgl. Gerold/Schmidt - Madert, 2300, 2301 RVG-VV, Rz. 39 a.E.).
Vorliegend ist vom Bestehen einer Vergütungsvereinbarung, der zufolge der Prozessbevollmächtigte der Beklagten seine vorgerichtliche Tätigkeit nach Stundenaufwand abrechnet, auszugehen, weil diese Tatsache unstreitig ist. Der Kläger hat das Bestehen der Vergütungsvereinbarung mit Schriftsatz vom 26.8.2008 eingeräumt (Bl. 218 d.A.) und diese Tatsache auch nicht durch Vorlage des Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 22.10.2006 (Bl. 237, 238 d.A.) bestritten. Zwar haben die Beklagten den Kläger in diesem Schreiben aufgefordert, ihnen die Kosten für die Befassung ihres Prozessbevollmächtigten mit einer fristlosen Kündigung vom 16.10.2006 zu erstatten und deren Höhe nach einer 1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 RVG-VV nebst der Erhöhung nach Nr. 1008 VVG und der Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. Nr. 7002 RVG-VV zzgl. Umsatzsteuer bestimmt. Damit haben sie indes nur einen, ihnen nach ihrer Auffassung zustehenden Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB geltend gemacht,...