Leitsatz (amtlich)
1. Die Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung kann auf einzelne selbständige Rechnungsposten beschränkt werden. Daraus folgt, dass der Eigentümerbeschluss über die Jahresabrechnung bei uneingeschränkter Anfechtung nur hinsichtlich derjenigen selbständigen Abrechnungsposten für ungültig zu erklären ist, die mit Mängeln behaftet sind.
2. Die Jahresabrechnung ist keine Bilanz und keine Gewinn- und Verlustrechnung; sie ist vielmehr eine reine Einnahmen- und Ausgabenrechnung. In der Jahresabrechnung sind mithin die tatsächlichen Beitragszahlungen der Wohnungseigentümer auszuweisen. Es bedarf einer Vereinbarung der Wohnungseigentümer, wenn diese eine Jahresabrechnung wünschen, die offene Forderungen und Verbindlichkeiten berücksichtigt. Der Umstand, dass die Wohnungseigentümer über einen längeren Zeitraum Eigentümerbeschlüsse mit einer entsprechenden oder "ähnlichen" Abrechnungsform hingenommen haben, indem sie sie nicht angefochten haben, reicht hierfür nicht aus.
3. Eine Vermögensübersicht ist nicht zwingend Bestandteil der Abrechnung; sie stellt in der Regel als Auskunft eine Information der Wohnungseigentümer dar. Ist sie jedoch im Einzelfall als Teil der Gesamtabrechnung gedacht und mithin auch Gegenstand des Eigentümerbeschlusses geworden, kann dieser auch auf Antrag für ungültig erklärt werden.
4. Zur Befugnis der Eigentümerversammlung, neben der Begründung von Beitragsforderungen durch Beschluss auch die Leistungszeit der entstandenen Forderungen zu bestimmen.
5. Im Wohnungseigentumsverfahren als echtem Streitverfahren besteht die Ermittlungspflicht des Gerichts nur insoweit, als der Vortrag der Beteiligten oder der im Übrigen festgestellte Sachverhalt Anlass zu weiteren Ermittlungen gibt.
Normenkette
FGG § 12; WEG §§ 16, 28, 48
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2-9 T 622/01) |
Gründe
I. Die Beteiligten bilden die sich aus dem Rubrum ergebende Wohnungseigentümergemeinschaft, wobei der Antragsteller Eigentümer der Wohnung Nr. ... ist. Die weitere Beteiligte ist die Verwalterin. Zu den Rechtsverhältnissen im Einzelnen wird auf die Teilungserklärung vom 23.11.1978 (Bl. 31 ff. d.A.) Bezug genommen.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 22.5.2001 fassten die Wohnungseigentümer u.a. zu TOP 1 bis 3 und 8 Beschlüsse, deren Ungültigerklärung der Antragsteller im vorliegenden Verfahren begehrt. Der Beschluss zu TOP 1 beinhaltet die Genehmigung der Jahresabrechnung für das Jahr 2000 sowie die Anweisung an die Verwaltung, die Position Wasser/Entwässerung nach individuellem Verbrauch abzurechnen, und eine Regelung zur Fälligkeit von Nachzahlungsbeträgen. Zu TOP 2 und 3 wurden die Entlastung von Verwaltung und Verwaltungsbeirat beschlossen. Zu TOP 8, Satz 1, wurden Gesamt- und Einzelwirtschaftsplan 2001/2002 beschlossen. Außerdem war Beschlussinhalt, dass die bisherigen Vorauszahlungen bestehen bleiben (Satz 2), dass der Wirtschaftsplan ab 1.1.2001 in Euro gelte, und zwar auf volle Euro gerundet (Satz 3), dass der Wirtschaftsplan ab 1.6.2001 in Kraft trete und dann bis auf weiteres fortgelte (Satz 4), dass die Vorauszahlungen sofort fällig seien (Satz 5), dass Ratenzahlung zu monatlichen Raten zum jeweils 3. Werktag im Monat gewährt werde (Satz 6), dass bei Verzug mit zwei Raten die Stundung entfalle und der gesamte Jahresbetrag fällig werden solle (Satz 7), und dass die Verwaltung angewiesen werde, die Wasser- und Kanalgebühren für die Jahre 2000/2001 nach individuellem Verbrauch abzurechnen (Satz 8), sowie die Abrechnungen für die Jahre 2000 und 2001 in abgegrenzter Form wie bisher zu erteilen seien (Satz 9). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die bei den Gerichtsakten befindlichen Ablichtungen des Versammlungsprotokolls (Bl. 14 ff. d.A.), der Jahresabrechnung (Bl. 22 ff. d.A.), des Wirtschaftsplans (Bl. 20 ff. d.A.), der Einzelabrechnung des Antragstellers (Bl. 18 d.A.) und des Kontoauszugs des Wohngeldkontos des Antragstellers für das Jahr 2000 (Bl. 91 d.A./Neuausdruck der Verwaltung vom 13.8.2001) Bezug genommen.
Durch Beschluss vom 15.10.2001 (Bl. 117 ff. d.A.), auf dessen Einzelheiten auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten im erstinstanzlichen Verfahren Bezug genommen wird, hat das AG unter gleichzeitiger Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Beschlussanfechtungsfrist auf entsprechenden Antrag des Antragstellers die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 22.5.2001 zu TOP 1 bis 3 und 8 für ungültig erklärt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Jahresabrechnung zu Unrecht in bilanzmäßiger Form erstellt und daher insgesamt für ungültig zu erklären sei. Frühere Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung, die gegebenenfalls eine solche Abrechnung erlaubten, seien nach der neuen Rechtsprechung des BGH als unwirksam zu betrachten. Demzufolge sei auch die Verwalter- und Verwaltungsbeiratsentlastung nicht aufrecht zu erhalten. Der Beschluss zu TOP 8 sei ebenfalls für ungültig z...