Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderung an Berufungsbegründung, die auf Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts gestützt wird

 

Normenkette

ZPO § 520

 

Verfahrensgang

BGH (Beschluss vom 28.07.2016; Aktenzeichen III ZB 127/15)

LG Hanau (Beschluss vom 26.03.2015; Aktenzeichen 7 O 687/14)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 28.07.2016; Aktenzeichen III ZB 127/15)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.3.2015 verkündete Urteil des LG Hanau, 7. Zivilkammer, wird als unzulässig verworfen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 38.100,- EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit der Vermittlung zweier Kommanditbeteiligungen (Schifffahrtsgesellschaft "A" mit 20.600,- EUR und B KG mit 21.000,- EUR) auf Schadensersatz in Höhe von zusammen 25.600,- EUR Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligungen sowie vorgerichtlicher Kosten in Anspruch.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Das LG hat der Klage bis auf einen geringfügigen Teil stattgegeben. Es ist nach persönlicher Anhörung des Klägers und dessen Vater als Zeugen zur der Auffassung gelangt, dass zwischen den Parteien ein Anlageberatungsvertrag geschlossen worden sei und die Beklagte den Kläger nicht anlagegerecht beraten habe, weil sie weder über das Risiko eines Totalverlusts noch über das Wiederaufleben der Haftung nach § 172 Abs. 4 HGB aufgeklärt habe. Wegen der Gegendarstellung der Beklagten hat das LG im Einverständnis mit der Beklagten (Protokoll vom 26.2.2015, S. 2) Protokolle über mündliche Verhandlungen in Parallelsachen gegen die Beklagte verwertet. Diese hat es indes nicht als gegen seine im Ergebnis gefundene Überzeugung sprechend angesehen, weil der Geschäftsführer dort allein über Risikoaufklärungen bei anderen Schifffonds Angaben gemacht habe.

Gegen das ihr am 30.3.2015 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der am 14.4.2015 eingelegten und nach Fristverlängerung bis zum 1.7.2015 an diesem Tag begründeten Berufung.

Sie begründet ihr Rechtsmittel damit, dass das Urteil des LG auf zwei, ihr rechtliches Gehör betreffenden Verfahrensfehlern beruhe. Zum einen habe das LG der Beklagten die Möglichkeit zur Stellungnahme zur durchgeführten Beweisaufnahme und zur Verwertung der einverständlich beizuziehenden Verhandlungsprotokolle aus den drei Parallelverfahren abgeschnitten, weil es entgegen seiner Ankündigung in der letzten mündlichen Verhandlung am 26.3.2015 im Verkündungstermin nicht einen entsprechenden Beschluss (etwa schriftliches Verfahren oder neuer Termin), sondern ein Endurteil verkündet habe. Zum anderen fehle es an der von der ZPO vorgeschriebenen Verhandlung über das Ergebnis der Beweisaufnahme, die im Hinblick auf die vorgenannte Zusage im Termin am 26.3.2015 (noch) nicht stattgefunden habe.

Der Senat hat mit Beschluss vom 10.9.2015 darauf hingewiesen, dass und aus welchen Gründen er beabsichtigt, die Berufung mangels ausreichender Begründung als unzulässig zu verwerfen.

Hierzu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 29.10.2015 (teilweise ergänzt im Schriftsatz vom 6.11.2015) Stellung genommen (näher Bl. 357 - 361).

II. Die Berufung des Klägers ist nach § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen, weil es an einer hinreichenden Begründung der Berufung fehlt.

Die Begründung der Beklagten stellt keine ausreichende Begründung im Sinne von § 520 Abs. 3 ZPO dar. Die Beklagte nennt ausschließlich Verfahrensfehler des LG bei der Tatsachenfeststellung. Für deren Rüge in der Berufungsbegründung gelten die Vorschriften der § 520 Abs. 3 Nr. 2 und 3 ZPO. Danach muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt, enthalten oder die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen.

Beidem genügt die Begründung der Beklagten nicht, weil sie keine Gründe aufzeigt, warum bei Einräumung der Möglichkeit einer Stellungnahme zur Beweisaufnahme bzw. zu den Protokollen und bei Durchführung einer Verhandlung über das Ergebnis der Beweisaufnahme das LG möglicherweise zu einer anderen Entscheidung gelangt wäre. Die Beklagte legt nicht dar, welche Stellungnahme sie abgegeben, insbesondere welche Tatsachen sie vorgetragen hätte und auch nicht, welche Tatsachen oder Aspekte bei der Verhandlung über die Beweisaufnahme zu Tage getreten wären.

a) Für die Anforderungen an die Begründung einer Berufung, die auf Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts gestützt wird, ergibt sich aus der Regelung des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO, wonach der Berufungsführer die Umstände bezeichnen muss, auf denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung beruht, dass der Berufungskläger aufzeigen muss, warum die Entschei...

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