Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich: Prüfungsumfang bei § 18 VersAusglG
Leitsatz (amtlich)
1. Liegen Voraussetzungen des vorrangig zu prüfenden § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht vor, ist gleichwohl zu prüfen, ob nach 18 Abs. 2 VersAusglG einzelne Anrechte wegen des geringen Ausgleichswertes nicht auszugleichen sind.
2. Wenn nach § 10 Abs. 2 VersAusglG eine interne Verrechnung vorgenommen wird und somit kein übermäßiger Verwaltungsaufwand entsteht, kann dies dazu führen, dass trotz Geringfügigkeit eines Anrechts bei der DRV der Ausgleich vorgenommen wird.
3. Steht dem geringfügigen Anrecht in der DRV aber ein (etwa gleichwertiges) geringfügiges Anrecht auf betriebliche Altersversorgung auf der Gegenseite gegenüber, kommt der Ausschluss gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG für beide Anrechte wieder in Betracht, wenn es dann unbillig wäre, nur eines der Anrechte auszuschließen.
Normenkette
VersAusglG § 10 Abs. 2, § 18 Abs. 1-2
Verfahrensgang
AG Büdingen (Beschluss vom 26.07.2010; Aktenzeichen 54 F 718/09) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Beschwerdewert wird auf 1707 EUR festgesetzt.
Gründe
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG die am ... 2005 geschlossene Ehe der beteiligen Ehegatten geschieden und den Versorgungsausgleich durchgeführt. Es hat im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der DRV Land1 zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 2,3179 Entgeltpunkten auf deren Versicherungskonto bei der DRV Land1 übertragen, bezogen auf das Ehezeitende 31.10.2009. Im Übrigen hat es festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich hinsichtlich der Anwartschaften des Antragstellers auf betriebliche Altersversorgung bei der Land2 Pensionsverwaltung EG und hinsichtlich der Anwartschaften der Antragsgegnerin bei der DRV Land1 wegen des jeweils geringen Ausgleichswertes unterbleibt. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
Die DRV Land1 wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen den nicht erfolgten Ausgleich der Anrechte der Antragsgegnerin bei der DRV Land1. Sie führt aus, dass die Differenz der beiderseitigen Anwartschaften bei der DRV nicht geringfügig i.S.d. § 18 Abs. 1 VersAusglG sei und deshalb ein Ausgleich nicht hätte unterbleiben dürfen. Die Ehegatten wenden sich gegen die Beschwerde und verteidigen den angefochtenen Beschluss unter Hinweis auf § 18 Abs. 2 VersAusglG. Im Hinblick darauf, dass auch das Anrecht des Antragsgegners auf betriebliche Altersversorgung bei der Land2 Pensionsverwaltung EG nicht ausgeglichen worden sei, sei es angemessen und gerechtfertigt, auch das geringfügige Anrecht der Antragsgegnerin bei der DRV Land1 nicht auszugleichen.
Die Beschwerde der DRV Land1 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (§§ 58, 63 FamFG).
Die Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das AG hat zu Recht gem. § 18 Abs. 2 VersAusglG von einem Ausgleich der jeweils geringfügigen Anrechte der Ehegatten abgesehen. Sowohl das Anrecht des Antragstellers auf betriebliche Altersversorgung bei der Land2 Pensionsverwaltung EG mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 356 EUR als auch das Anrecht der Antragsgegnerin bei der DRV Land1 mit einem korrespondierenden Kapitalwert von 303,56 EUR liegen unter der Geringfügigkeitsgrenze, die sich aus § 18 Abs. 3 VersAusglG ergibt und zum Stichtag 3.024 EUR beträgt. Zwar weist die DRV Land1 zu Recht darauf hin, dass der Wertunterschied der jeweiligen Anwartschaften der Ehegatten in der Deutschen Rentenversicherung Land1 nicht geringfügig ist. Der Antragsteller hat in der Ehezeit ein Anrecht i.H.v. 4,6375 Entgeltpunkten erworben. Der Ausgleichswert beträgt damit 2,3179 Entgeltpunkte entsprechend einem Kapitalwert von 14.243,31 EUR. Die Antragsgegnerin hat bei der DRV Land1 in der Ehezeit ein Anrecht i.H.v. 0,0987 Entgeltpunkten erworben. Der Ausgleichswert beträgt 0,0494 Entgeltpunkte entsprechend einem Kapitalwert von 303,56 EUR. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Vers. AusglG, wonach beiderseitige Anrechte nicht ausgeglichen werden sollen, wenn die Differenz ihre Ausgleichswerte gering ist, liegt somit nicht vor. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ohne weitere Billigkeitsprüfung das geringfügige Anrecht der Antragsgegnerin bei der DRV Land1 auszugleichen ist. § 18 Abs. 1 und § 18 Abs. 2 VersAusglG stehen dergestalt in einem Rangverhältnis zueinander, dass vorrangig die Voraussetzung des § 18 Abs. 1 VersAusglG zu prüfen sind (vgl. Johannsen/Henrich/Holzwarth, FamR 5. Aufl., Rz. 14 zu § 18 VersAusglG, Roland, Versorgungsausgleich, 2. Aufl. Rz. 484, OLG Jena NJW 2010, 3310). Liegen Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht vor, ist gleichwohl zu prüfen, ob nach 18 Abs. 2 VersAusglG einzelne Anrechte wegen des geringen Ausgleichswertes nicht auszugleichen sind. Zwar sieht § 10 Abs. 2 VersAusglG vor, dass eine interne Verrechnung vorgenommen werden kann, wenn beide Ehegatten Anrechte gleicher Art ...