Leitsatz (amtlich)

Tätigkeiten des Berufsbetreuers, dem der Aufgabenkreis der Vertretung in strafrechtlichen Angelegenheiten nicht übertragen ist, zur Wahrnehmung der Interessen eines Betreuten in Straf- oder Ermittlungsverfahren sind nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen vergütungsfähig.

 

Normenkette

BGB §§ 1836, 1908i Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Wiesbaden (Beschluss vom 20.08.2004; Aktenzeichen 4 T 383/04)

AG Wiesbaden (Aktenzeichen 42-XVII 496/01-U)

 

Tenor

Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die kraft Zulassung im angefochtenen Beschluss statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2), mit welcher sie sich gegen die Festsetzung von Aufwendungsersatz und Vergütung für die Tätigkeiten der Betreuerin in der Zeit von Juni bis Dezember 2003 zur Beschaffung eines Praktikumsplatzes und im Zusammenhang mit einem gegen den Betroffenen wegen Verstoßes gegen des Betäubungsmittelgesetz ergangenen Strafbefehls sowie einer polizeilichen Vorladung wegen Diebstahls wendet, führt in der Sache nicht zum Erfolg, da die Entscheidung des LG nicht auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO).

Da von einer Mittellosigkeit des Betroffenen auszugehen ist, richten sich die Vergütung und der Aufwendungsersatz der Vereinsbetreuerin, die zunächst für die Aufgabenkreise der Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge und Vermögenssorge bestellt war, welche auf ihre Anregung vom 4.2.2004 mit Beschl. v. 19.7.2004 um die Vertretung ggü. Behörden, Arbeitgeber und im Strafverfahren erweitert wurden, nach §§ 1908e Abs. 1, 1835 Abs. 1 und 4, 1836 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB, § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG.

Dem Umfang nach sind dem Berufsbetreuer diejenigen Tätigkeiten zu vergüten, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben in den ihm übertragenen Aufgabenkreisen für erforderlich halten durfte (BayObLG BtPrax 2001, 76; OLG Zweibrücken BtPrax 2000, 86; Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1836a BGB Rz. 9 und 33; OLG Frankfurt v. 5.6.2003 - 20 W 357/02, OLGReport Frankfurt 2003, 443). Für Tätigkeiten des Betreuers außerhalb der übertragenen Aufgabenkreise und Befugnisse besteht ein Vergütungsanspruch auch dann nicht, wenn diese den Wünschen des Betroffenen entsprachen oder sich für ihn als nützlich erweisen. Durch die Neufassung des § 1901 Abs. 1 BGB durch das BtÄndG wurde durch den Gesetzergeber herausgehoben, dass die Aufgabe es Betreuers in der rechtlichen Besorgung der Angelegenheiten des Betreuten innerhalb der übertragenen Aufgabenkreise besteht (BT-Drucks. 13/10331, 26; Palandt/Diederichsen, BGB, 64. Aufl., vor § 1896 Rz. 4), wobei zugleich an dem Grundsatz der persönlichen Betreuung (§ 1897 Abs. 1 BGB) festgehalten wurde, die einen persönlichen Kontakt zum Betroffenen erfordert. Des Weiteren betont § 1901 Abs. 4 BGB, dass der Betreuer innerhalb seines Aufgabenkreises dazu beizutragen hat, dass Rehabilitationschancen für den Betroffenen genutzt werden.

Wie der Senat erst kürzlich mit Beschlüssen vom 9.5.2005 (OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.5.2005 - 20 W 352/04; Beschl. v. 9.5.2005 - 20 W 460/04) entschieden hat, ist nach diesen Grundsätzen die Teilnahme eines Berufsbetreuers an einem Hauptverhandlungstermin gegen den Betroffenen in aller Regel nur dann vergütungsfähig, wenn dem Betreuer der Aufgabenkreis der Vertretung des Betroffenen in Strafverfahren durch das VormG übertragen wurde. Dies gilt grundsätzlich auch für sonstige Tätigkeiten eines Berufsbetreuers im Zusammenhang mit gegen den Betroffenen eingeleiteten Ermittlungs- oder Strafverfahren. Der Berufsbetreuer wird deshalb gehalten sein, unverzüglich beim VormG eine diesbezügliche Erweiterung der Aufgabenkreise nach § 1908d Abs. 3 BGB anzuregen, wenn sich die Notwendigkeit einer solchen nicht nur kurzfristigen oder geringfügigen Interessenwahrnehmung für den Betroffenen abzeichnet. Dies schließt jedoch nicht aus, dass bereits zuvor entfaltete Tätigkeiten zu vergüten sind, weil der Betreuer sie wegen des Zusammenhanges mit einem bereits übertragenen anderen Aufgabenkreis für erforderlich halten durfte.

Nach diesen Grundsätzen hat das LG im vorliegenden Fall rechtsfehlerfrei eine Vergütungsfähigkeit für die Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Strafbefehl und dem Ermittlungsverfahren angenommen. Allerdings reichen der bloße Zusammenhang zwischen den dem Betroffenen vorgeworfenen Straftaten und der psychischen Krankheit, die den Anlass für die Einrichtung der Betreuung bildet, sowie die allgemeine Annahme, dass die Verurteilung in einem Strafverfahren zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe in aller Regel Auswirkungen auf das Vermögen oder den künftigen Aufenthaltsort des Betroffenen haben wird, grundsätzlich nicht aus, um einen tragfähigen Zusammenhang zu den Aufgabenkreisen der Vermögenssorge bzw. Aufenthaltsbestimmung oder Wohnungsangelegenheiten herzustellen (BayObLG v. 16.12.1998 - 3Z BR 241/98, FamRZ 1999, 740; OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.5.2005 - 20 W 352/04; Beschl. v. 9.5.2005 - 20 ...

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