Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Rückgewährschuldners bei leicht fahrlässiger Beschädigung der Sache
Leitsatz (amtlich)
1. Der zum Rücktritt vom Vertrag Berechtigte hat für eine von ihm leicht fahrlässig verursachte Verschlechterung der zurückzugebenden Sache, welche vor Kenntnis vom gesetzlichen Rücktrittsgrund erfolgt ist, nicht einzustehen.
2. Macht ein gewerblicher Händler keine Angaben zur Verwendung des erhaltenden Kaufpreises, so kann bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrages zugrunde gelegt werden, dass er entgegen den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft aus dem Nettobetrag des Kaufpreises keine Nutzungen gezogen hat und die Höhe der erzielbaren Nutzungen auf 4 % Zinsen aus dem Nettokaufpreis geschätzt werden.
3. Zur Berechnung des Nutzungsersatzes bei gebrauchten Kraftfahrzeugen
Normenkette
BGB § 280 Abs. 1, § 346 Abs. 4, § 347 Abs. 1; ZPO § 287 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Wiesbaden (Beschluss vom 10.12.2009; Aktenzeichen 7 O 191/09) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LG Limburg - 7. Zivilkammer - vom 10.12.2009 abgeändert:
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens sind von der Beklagten zu 84 % und vom Kläger zu 16 % zu tragen mit Ausnahme der Kosten des Vergleichs, von denen die Beklagte 65 % und der Kläger 35 % zu tragen haben.
Gründe
I. 1Die Parteien streiten über die Tragung der Kosten eines Rechtsstreits, der sich durch einen Vergleich der Parteien erledigt hat.
Der Kläger kaufte am 10.5.2005 von der Beklagten, einem gewerblichen Autohaus, einen ungefähr 4 ½ Jahre alten X zum Preis von 12.500 EUR zzgl. 2.000 EUR MwSt. Der Kaufvertrag enthielt die Angabe "Unfall lt. Vorbesitzer: Nein".
Anfang des Jahres 2009 erlitt der Kläger mit dem Fahrzeug einen "Wildunfall". Auf einen bei der Unfallaufnahme von der Polizei geäußerten Verdacht hin, das Fahrzeug könne bereits früher einen Unfall erlitten haben, ließ der Kläger im Zusammenhang mit der Begutachtung der Reparaturkosten des "Wildschadens" durch die Teilkaskoversicherung auch diese Frage durch einen Sachverständigen untersuchen. Der Sachverständige stellte fest, dass einerseits die Kosten für die Beseitigung des "Wildschadens" 3.247,15 EUR betragen und andererseits das Fahrzeug an Seite früher schon einen erheblichen Schaden erlitten hatte.
Die Beklagte erklärte sich in der Folgezeit grundsätzlich mit einer Rückabwicklung des Kaufs einverstanden, weil sie einräumte, dass der damalige Verkäufer die Angabe des Unfalls durch den Vorbesitzer in der Fahrzeugakte übersehen haben müsse. Eine Einigung der Parteien scheiterte jedoch an unterschiedlichen Vorstellungen über die Höhe der gegenseitigen Ansprüche.
Mit der am 27.8.2009 eingereichten Klage hat der Kläger Rückzahlung des Kaufpreises von 14.500 EUR abzgl. gezogener Nutzungen von 5.335,85 EUR zzgl. Verzinsung des Kaufpreises zu 4 % von 2.463,01 sowie Aufwendungsersatz für Winterreifen von 575 EUR mithin insgesamt 12.202,16 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges beansprucht. Die Beklagte hat in der Klageerwiderung, wie schon vorgerichtlich im Schriftsatz vom 21.7.2009 erklärt, einen Zahlungsbetrag von 8.500 EUR anerkannt. Im Termin am 10.12.20009 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, wonach sich die Beklagte zur Zahlung von 8.500 EUR Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges verpflichte. Die Kostenentscheidung haben die Parteien dem Gericht überlassen.
Das LG hat durch Beschluss vom 10.12.2009 dem Kläger die Kosten des Rechtsstreites und des Vergleichs auferlegt, weil der Kläger lediglich einen Anspruch auf Zahlung von 8.500 EUR gehabt und deshalb den Klageanspruch sofort anerkannt habe (§ 93 ZPO). Wegen der näheren Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, mit der er im Wesentlichen geltend macht, die Beklagte habe bereits im Frühjahr 2009 die Rückabwicklung des Fahrzeugkaufes abgelehnt, das LG habe bei der Höhe des Anspruchs zu Unrecht einen Anspruch auf Verzinsung des Kaufpreises abgelehnt und die Nutzungsvergütung sei höher anzusetzen.
Das LG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen.
II. Die sofortige Beschwerde ist nach den §§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 91a Abs. 2, 569 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
Die sofortige Beschwerde ist auch begründet, weil das LG zu Unrecht dem Kläger nach §§ 91a, 93 ZPO die Kosten des Rechtsstreits auferlegt hat. Die Kosten des Rechtsstreits sind nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes bei Abgabe der Erledigungserklärungen vielmehr zu 84 % der Beklagten und zu 16 % dem Kläger aufzuerlegen.
Für die Kosten des Vergleichs sind die Kosten entsprechend dem Maß des gegenseitigen Nachgebens mit 65 % zu Lasten der Beklagten und 35 % zu Lasten des Klägers zu verteilen.
1. Das LG hat für die zu treffende Kostenentscheidung auf der Grundlage von § 91a Abs. 1 ZPO und nicht nach § 98 S. 2 ZPO vorgenommen. Zwar verdrängt die in § 98 S. 2 ZPO für den Fall einer...