Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit eines Verkaufs mit Rückanmietung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Kaufvertrag über einen Pkw und ein zugleich geschlossener Vertrag über die Rückanmietung des Pkw durch den Verkäufer von dem Käufer, der dem Verkäufer die faktische Möglichkeit gewährt, das Fahrzeug nach Ende des Mietverhältnisses zurückzuerwerben, sind wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 4 GewO unwirksam, wenn die von dem Mieter vertraglich zu erbringenden Leistungen über einen Nutzungsersatz für das Fahrzeug und den als Kapital überlassenen Kaufpreis hinausgehen.
2. Kauf- und Mietvertrag, die nur gemeinsam geschlossen werden, sind dabei als Einheit zu betrachten.
3. Aufwendungen, die hypothetisch bei einer Pfandleihe angefallen wären, sind nicht zusätzlich zu berücksichtigen.
4. Die Nichtigkeit der schuldrechtlichen Verträge erfasst auch das dingliche Rechtsgeschäft der Eigentumsübertragung an dem Fahrzeug auf den Käufer und Vermieter.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 Nr. 1, § 346 Abs. 1, § 347 Abs. 1 S. 1, § 535; GewO § 34 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 08.10.2020; Aktenzeichen 2-23 O 228/19) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main - 23. Zivilsenat - vom 8.10.2020 (Az.: 2-23 O 228/19) wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 38.749,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO:
Die Beklage betreibt bundesweit mit 20 Filialen ein staatlich zugelassenes Pfandleihhaus mit online-Anbindung. Sie verfolgt das Geschäftsmodell, dass sie Eigentümern von Kraftfahrzeugen dieses Kraftfahrzeug abkauft und es ihnen für einen Folgezeitraum gegen ein monatliches Entgelt unmittelbar zur Miete überlässt. Nach Ende der Mietzeit soll sie das Fahrzeug öffentlich versteigern. Für die Fälle, in denen der Mieter das Fahrzeug nach Ablauf des Mietvertrages nicht zurückgibt, unterhält sie in Stadt1 eine Abteilung, das sogenannte Rückführungsmanagement. Diese Abteilung bearbeitet die zu "Protest" gegangenen Mietverträge, bereitet die Rückführung der Fahrzeuge vor, führt diese durch und überwacht sie, lässt die Fahrzeuge begutachten, lagert sie ein und meldet sie zur Versteigerung an. Die Versteigerungen erfolgen immer in Stadt1.
Der Kläger war Eigentümer des Pkw Marke1, Typ1, Erstzulassung am 7.11.2012, amtliches Kennzeichen ... Am 9.5.2019 suchte er wegen akuten Geldbedarfs die Niederlassung der Beklagten in Stadt2 auf. An diesem Tage unterzeichneten die Parteien zwei Verträge. Mit dem Kaufvertrag veräußerte der Kläger seinen Pkw bei einem Kilometerstand von 122333 zum Preis von 15.000,- EUR an die Beklagte. Das Eigentum an dem Fahrzeug sollte mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages auf die Beklagte übergehen. Gemäß § 6 a des Vertrages beabsichtigte der Kläger, das Fahrzeug von der Beklagten zur Nutzung zurückzumieten. Ferner ist in dem Vertrag auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagte verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die bei der Akte befindliche Kopie (Anlage K1, Blatt 9 ff. der Akte) Bezug genommen.
Mit Mietvertrag vom selben Tage mietete der Kläger das Fahrzeug von der Beklagten "im Rahmen des Vertragsmodells 'sale-and-rent-back'" für die Zeit vom Vertragsschluss am 9.5.2019 an bis zum 9.11.2019. Der monatliche Mietzins, der ein reines Entgelt für die Gebrauchsüberlassung ohne Kapitalrückzahlung darstellen sollte, betrug gemäß § 5 des Mietvertrages 1.995,99 EUR, gemäß § 7 d) des Mietvertrages durch die Übernahme der Kosten für Steuern, Versicherung, Wartung und Reparaturen durch den Kläger rabattiert um 720,99 EUR auf monatlich 1.275,- EUR. Gemäß § 5 e), g) des Mietvertrages waren die erste Miete eingehend bei der Beklagten 14 Tage nach Abschluss des Mietvertrages und die weiteren Mieten jeweils am Kalendertag des Vertragsabschlusses unbar zu zahlen. Gemäß § 6 b) des Vertrages ist die Beklagte zur sofortigen Kündigung des Mietvertrages berechtigt, wenn der Mieter mit einer Mietzahlung mehr als fünf Tage in Verzug kommt oder wenn er gegen vertragliche Pflichten verstößt und trotz Aufforderung seitens der Beklagten unter Fristsetzung von einer Woche seinen Pflichten weiterhin nicht nachkommt. Ferner werden "Kardinalfälle" aufgeführt, die zur sofortigen Beendigung des Mietvertrages führen. Gemäß § 6 c) ist der Mieter in allen Fällen der Vertragsbeendigung verpflichtet, das Fahrzeug nebst Zulassungsbescheinigung Teil I und Fahrzeugschlüssel binnen einer Frist von 24 Stunden an die Beklagte zurückzugeben. Anderenfalls sei die Beklagte berec...