Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Schadenersatzanspruch des Anlegers gegen Wirtschaftsinformationsunternehmen wegen von diesem im Internet veröffentlichter Kredit- und Risikoanalysen ("Bonitätszertifizikate")
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Entscheidung vom 18.07.2016; Aktenzeichen 17 O 248/15) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 18.07.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens und dieses Beschlusses hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil des Einzelrichters der 17. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 18.07.2016 und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 115 % des aufgrund des Urteils und dieses Beschlusses vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Gebührenstreitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 30.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz im Zusammenhang mit einer von ihm im Jahre 2013 durch die Zeichnung von Namensgenussrechten der Firma A AG getätigten Kapitalanlage über 25.000,00 EUR in Anspruch.
Bei der A AG handelte es sich um ein Tochterunternehmen der B KG ..., die beide zu der C Unternehmensgruppe gehörten, über welche am ...2014 beim Amtsgericht Stadt1 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde.
Zum Vertrieb der Namensgenussrechte nutzten sowohl die A AG als auch das Mutterunternehmen (B KG ...) die ihr von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (D GmbH; im Weiteren: D) überlassenen und unter den Namen "D" im Internet veröffentlichten Kredit- und Risikoanalysen ("Bonitätszertifikate"). Der A AG hatte D für das Jahr 2012 ein "Top-Rating" ausgestellt.
Der Kläger hat behauptet, er habe den Zeichnungsentschluss aufgrund der für die Jahre 2011 und 2012 von D sowohl der A AG als auch der B KG ... bescheinigten "Top-Ratings" gefasst. Nach dem Inhalt der öffentlich zugänglichen Zertifikate habe sich D als Ratingagentur geriert, obwohl es sich bei ihr, ebenso wie bei der Beklagten als deren Rechtsnachfolgerin, nicht um eine Ratingagentur nach der EU-Ratingverordnung handele. Durch das "Auftreten" als anerkannte Ratingagentur und die Abgabe der "Top-Ratings" habe D so getan, als ob sie die bewerteten Unternehmen umfassend auf deren Zuverlässigkeit und Bonität geprüft und alle für ein Ratingverfahren erforderlichen Umstände in die Prüfung habe einfließen lassen.
Der Kläger hat daher die Ansicht vertreten, dass ihm die Beklagte sowohl unter dem Gesichtspunkt eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter als auch deliktisch für den gesamten eingetretenen Schaden aufgrund des Totalverlustes der Kapitalanlage sowie auf den entgangenen Gewinn hafte.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass weder sie noch die Firma D jemals als Ratingagentur aufgetreten sei. Vielmehr habe der Geschäftszweck sowohl der D als auch der Beklagten nach der Verschmelzung der Unternehmen stets im Betrieb von Datenbanken mit Wirtschaftsinformationen über Unternehmen bestanden, wobei die abgegebenen Bonitätseinschätzungen durch vollautomatisierte mathematisch statistische Berechnungsmethoden ermittelt und deren Ergebnisse dem Kunden zur Verfügung gestellt würden. Die - unzutreffende - subjektive Einschätzung des Klägers zum Tätigkeitsfeld der D lasse sich weder mit dem Inhalt der Zertifikate noch mit den AGBs und dem Inhalt der Webseite der D GmbH in Übereinstimmung bringen. Dort werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei den Bewertungen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin um reine, auf subjektiven Prognosen beruhende Werturteile und gerade nicht um ein Rating im Sinne der maßgeblichen EG-Verordnung handele.
Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.07.2016, auf dessen Inhalt (Bl. 160 - 168 d. A.) in vollem Umfang Bezug genommen wird, abgewiesen. Hierbei hat das Landgericht sowohl vertragliche als auch deliktische Ansprüche verneint und die Einzelheiten hierzu letztlich dahinstehen lassen, da jedenfalls von einem, einen Haftungsanspruch gegen die Beklagte ausschließenden Mitverschulden des Klägers gemäß § 254 BGB auszugehen sei.
Mit seiner Berufungsbegründung wendet sich der Kläger gegen die klageabweisende Entscheidung und verfolgt seinen Zahlungsanspruch uneingeschränkt weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft er im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Das Landgericht habe erstinstanzlichen Vortrag des Klägers dahingehend, dass die Beklagte sich als Ratingagentur ausgegeben habe und die abgegebenen Bewertungen aus Sicht eines durchschnittlichen Anlegers nur als Rating im Sinne der Ratingordnung verstanden werden konnten, ignoriert. Bei entsprechender Beachtung und zutreffender Bewertung des klägerischen Vorbringens sei der geltend gemachte Schadensersatzanspruch sowohl unter den Gesichtspunkten ...