Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckbarerklärung eines rumänischen Urteils

 

Leitsatz (amtlich)

Voraussetzung der Anordnung einer Sicherheitsleistung nach Art. 46 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 ist, dass die im Ursprungsstaat ergangene Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 13.03.2020; Aktenzeichen 2-3 O 14/20)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin vom 23. April 2020 gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. März 2020 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Vollstreckbarerklärung eines Urteils eines rumänischen Berufungsgerichts.

Die Parteien hatten im Jahre 2010 einen Subunternehmervertrag zur Erbringung von Werkleistungen im Zusammenhang mit einer Wasseraufbereitungsanlage in Stadt1 (Rumänien) abgeschlossen, mit dem sich die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: die Antragstellerin) als Subunternehmerin ("Subcontractor") verpflichtete, bestimmte Leistungen zu erbringen.

Art. 7 des Subunternehmervertrages sah unter der Überschrift "The Delay Penalties" folgende Regelung vor: "If the SUBCONTRACTOR fails to fulfil its contractual obligations, he will be penalized for failing to fulfil its assumed obligations or for fulfilling them inadequately, or in delay, with a 0,1 % ratio from the preliminary estimated contract price per delaying calendar day. If the CONTRACTOR fails to fulfil its contractual obligations as per Art. 4 agreed, he can be charged with 0,1 % of the open amount per delaying day" (Unterstreichung im Original).

Der Subunternehmervertrag (mit Nachträgen) hatte ein Auftragsvolumen von ca. EUR 9.100.000,00 zuzüglich Umsatzsteuer.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Subunternehmervertrages wird auf die als Anlage AS1 zu den Akten gereichte Kopie Bezug genommen.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: die Antragsgegnerin) rügte bei der Abnahme fehlerhaft durchgeführte Arbeiten und beglich insgesamt ca. EUR 8.500.000,00 zuzüglich Umsatzsteuer.

Über die gerügten Arbeiten kam es zwischen den Parteien zum Streit, der vor den zuständigen rumänischen Zivilgerichten ausgetragen wurde. In der ersten Instanz obsiegte überwiegend die Antragsgegnerin. Das Berufungsgericht Stadt2 hingegen änderte die erstinstanzliche Entscheidung mit Urteil vom 27. Juni 2018 ab und verurteilte die Antragsgegnerin zur Zahlung von EUR 571.060,15 zuzüglich Mehrwertsteuer nebst 0,1% Verzugszinsen pro Tag seit dem 28. September 2012 sowie zur Zahlung von Gerichtskosten (Aktenzeichen ...2012).

Die Antragstellerin hat beantragt,

"das Urteil 125/a des rumänischen Berufungsgerichts Stadt2, Zivilabteilung I v. 27. Juni 2018, Az.: ...2012, nebst Ergänzungsbeschluss vom 29. August 2018 wg. Bezeichnung Schuldner, durch welches die Antragsgegnerin zur Zahlung verurteilt worden ist, mit der Vollstreckungsklausel zu versehen".

Das Landgericht hat daraufhin mit dem angegriffenen Beschluss vom 13. März 2020 (Bl. 85 ff. d. A.) angeordnet, dass das "Urteil 125/A des Berufungsgerichts Stadt2, Zivilabteilung I., Rumänien, vom 27. Juni 2018, Az.: ...2012, nebst Ergänzungsbeschluss vom 29. August 2018, durch die [sic!] die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, an die Antragstellerin EUR 571.060,15 und Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % nebst Verzugszinsen in Höhe von 0,1% pro Tag ab dem 28.09.2012 und Gerichtskosten in Höhe von 40.000.00 Lei (RON) zu zahlen", mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. Die von der Antragsgegnerin bis zur Rechtskraft der Vollstreckbarerklärung zu erbringende Sicherheitsleistung hat das Landgericht auf EUR 1.800.000,00 festgesetzt.

Gegen diesen ihr am 31. März 2020 zugestellten Beschluss vom 13. März 2020 hat die Antragsgegnerin mit einem am 24. April 2020 beim Landgericht eingegangenen Schriftsatz vom 23. April 2020 "sofortige Beschwerde" eingelegt.

Zur Begründung hat die Antragsgegnerin u. a. ausgeführt, die Anerkennung des Urteils würde zu einem Ergebnis führen, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sei. Der Tageszinssatz von 0,1% entspreche einem Jahreszins von 36,5 %, der in dieser Höhe mit der öffentlichen Ordnung in der Bundesrepublik Deutschland, wo die Vollstreckung erfolgen soll, nicht vereinbar sei. Die Vorstellung davon, was im Widerspruch zu den Grundgedanken der deutschen Rechtsordnung stehe, unterliege einer Entwicklung, die sich auch am allgemeinen Marktgeschehen zu orientieren habe. Vertragsstrafzinsen, die in den späten 1990er Jahren vielleicht noch tragbar gewesen seien, seien es in der aktuellen, knapp 10 Jahre dauernden Niedrigstzinsphase nicht mehr. Insbesondere in Verbindung mit einer Regelung, die keine Deckelung der angelaufenen Zinsen vorsehe, führe der Vertragsstrafzins von 36,5 % zu Ergebnissen, die den Rahmen dessen überstiegen, was noch hingenommen werden könne.

Die Antragsgegnerin habe ...

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