Entscheidungsstichwort (Thema)
Irreführende Werbung durch Erwecken des Eindrucks, Industrieprodukte (hier: Solarmodule) würden in Deutschland hergestellt
Leitsatz (amtlich)
1. Die werbliche Aussage eines Solarmodul-Herstellers "Deutsches Unternehmen - wir bürgen für die Qualität der von uns hergestellten Module" erzeugt bei den Verbrauchern den Eindruck, die Module würden in Deutschland hergestellt. Die Verbindung der Angaben "Deutsches Unternehmen" und "von uns hergestellt" wird im Kontext der Werbung als Hinweis auf den Produktionsstandort aufgefasst.
2. Der Verkehr erwartet zwar nicht, dass alle Produktionsvorgänge eines Industrieprodukts am selben Ort stattfinden. Er weiß allerdings, dass industriell gefertigte Erzeugnisse ihre Qualität und charakteristischen Eigenschaften jedenfalls ganz überwiegend der Güte und Art ihrer Verarbeitung verdanken. Bei einem Industrieprodukt bezieht der Verkehr eine Herkunftsangabe deshalb grundsätzlich auf denjenigen Ort der Herstellung der Ware, an dem das Industrieprodukt seine für die Verkehrsvorstellung maßgebende Qualität und charakteristische Eigenschaften erhält (Anschluss an BGH, Beschluss vom 27.11.2014 - I ZR 16/14 = GRUR-RR 2015, 209 - KONDOME - Made in Germany).
Normenkette
UWG § 5 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 26.05.2020; Aktenzeichen 2-6 O 153/20) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 26.5.2020 abgeändert.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung bei Meidung eines vom Gericht für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrer Geschäftsführung, untersagt, geschäftlich handelnd,
Gründe
a) Solarmodule auf ihrer Internetseite, in Prospekten, auf Datenblättern oder sonst werblich mit der Aussage:
"Solarmodul- Hersteller - Seit 2004" in unmittelbarer räumlicher Nähe zu einem Zeichen, dem keine weitergehende Funktion (z.B. Sprachwahl auf einer Internetseite) zukommt, bestehend aus den blockmäßig angeordneten, nacheinander folgenden Farben "schwarz-rot-gelb" oder "schwarz-rot-gold", zu bewerben/bewerben zu lassen und/oder anzubieten/anbieten zu lassen, wie geschehen auf der Internetseite www.(a-b).com in Kopie als Anlagen Ast 3a und/oder Ast 3b und/oder auf dem Deckblatt der Produktbroschüre "Eco Line Bifacial" in Kopie als Anlage Ast 4a beigefügt;
und/oder
b) Solarmodule auf ihrer Internetseite, in Prospekten, auf Datenblättern oder sonst werblich mit der Aussage:
"GERMAN - A - QUALITY STANDARD" in unmittelbarer räumlicher Nähe zu einem abgebildeten Solarmodul zu bewerben/bewerben zu lassen und/oder anzubieten/anbieten zu lassen, wie geschehen auf dem Deckblatt der Produktbroschüre "Eco Line Bifacial", in Kopie als Anlage Ast 4a beigefügt;
und/oder
c) Solarmodule auf ihrer Internetseite, in Prospekten, auf Datenblättern oder sonst werblich mit der Aussage:
"Deutsches Unternehmen - wir bürgen für die Qualität der von uns hergestellten Module" zu bewerben/bewerben zu lassen und/oder anzubieten/anbieten zu lassen, wie geschehen auf Seite 5 der Unternehmens- Image-Broschüre "Energie in einem anderen Licht", in Kopie als Anlage Ast 6a beigefügt;
und/oder
d) Solarmodule auf ihrer Internetseite, in Prospekten, auf Datenblättern oder sonst werblich mit der Aussage:
"A B - Seit 2004 stellt A Solarmodule in deutscher Ingenieursqualität her. Vom Hauptsitz in Stadt1 liefert und installiert A Solarelemente weltweit ..." zu bewerben/bewerben zu lassen und/oder anzubieten/anbieten zu lassen, wie geschehen auf der Internetseite www.(a-b).com in Kopie als Anlage Ast 7 beigefügt;
wenn eine (zumindest überwiegende) Produktion der Solarmodule in Deutschland tatsächlich nicht erfolgt.
Im Übrigen wird die Beschwerde hinsichtlich der Eilanträge zu 1. a) - d) zurückgewiesen.
Die Kosten des Eilverfahrens beider Instanzen hat die Antragsgegnerin zu tragen.
Der Gebührenstreitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 40.000,- EUR festgesetzt.
Die Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
1. Es besteht ein Verfügungsgrund. Die Dringlichkeit wird nach § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Gründe, die der Dringlichkeit ausnahmsweise entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.
2. Die Unterlassungsanträge sind - soweit ihnen mit vorliegendem Beschluss entsprochen wurde - hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Sie enthalten jeweils eine abstrakte Umschreibung der verbotenen Kernaussage und nehmen auf die konkrete Verletzungsform Bezug.
3. Der Antragstellerin steht gegen die Antragsgegnerin hinsichtlich der mit den Anträgen zu 1. a), b), c) und d) angegriffenen Werbeangaben ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 UWG zu.
a) Die angegriffenen Werbematerialien richten sich sowohl an Fachkreise als auch an Endverbraucher. Auf den Internetauftritt der Antragsgegnerin werden nicht nur...