Leitsatz (amtlich)

Hat unstreitig ein Geschlechtsverkehr mit der Mutter in der gesetzlichen Empfängniszeit stattgefunden und verweigert die im Ausland gemeinsam mit dem Kind lebende Mutter die Teilnahme an einer Abstammungsuntersuchung, kann im Einzelfall die Vaterschaft auch ohne Einholung eines Abstammungsgutachtens festzustellen sein, wenn ein Rechtshilfeersuchen aufgrund der Rechtslage im Heimatland der Mutter keine Aussicht auf Erfolg verspricht und auch sonst trotz des (unsubstantiierten) Einwands von Mehrverkehr keine schwerwiegenden Zweifel an der Vaterschaft des Antragstellers bestehen.

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.000,00 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Darmstadt, durch den der Antragsteller und Beteiligte zu 3. als Vater der Beteiligten zu 1. festgestellt wurde.

Die Beteiligten zu 2. und 3. sind und waren nicht miteinander verheiratet. Die Beteiligte zu 2. ist die Mutter der Beteiligten zu 1. und ledig.

Die Beteiligte zu 1. wurde am ...2020 in Rumänien geboren.

Mit Schriftsatz vom 08.07.2021 hat der Antragsteller das vorliegende Abstammungsverfahren mit dem Ziel der Feststellung eingeleitet, dass er der Vater des am 25.09.2020 geborenen Kindes ist. Zu Beginn des Verfahrens lebte die Beschwerdeführerin mit der Beteiligten zu 1. in Deutschland.

Der Antragsteller hat erstinstanzlich vorgetragen, in der gesetzlichen Empfängniszeit mit der Kindesmutter Geschlechtsverkehr gehabt zu haben.

Das Amtsgericht hat einen Termin anberaumt und die Beteiligten zu 2. und 3. gemäß § 177 FamFG vernommen. Der Antragsteller hat im Wesentlichen ausgesagt, mit der Kindesmutter in dem Zeitraum von etwa Mitte Dezember 2019 bis Mitte Januar 2020 Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Die Kindesmutter hat ausgesagt, mit dem Antragsteller Geschlechtsverkehr gehabt zu haben während der Empfängniszeit, insbesondere in der Zeit als sie als Paar zusammen gewesen seien von Mitte Dezember 2019 bis Mitte Januar 2020. Sie räumte ein, Mehrverkehr gehabt zu haben. Sie sei sich sicher, dass der Antragsteller nicht der Vater des Kindes sei, weil sie mit ihm erst Geschlechtsverkehr gehabt habe als sie schon schwanger gewesen sei.

Wegen des weiteren Ergebnisses der Vernehmung wird auf das Protokoll der Sitzung vom 11.11.2021 Bezug genommen.

Mit Beweisbeschluss vom 11.11.2021 hat das Amtsgericht eine Beweisaufnahme zur Frage der Abstammung des Kindes durch Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet. Die Beteiligte zu 2. hat ihre Mitwirkung an dem Gutachten ohne Begründung verweigert.

Mit Beschluss vom 18.11.2021 hat das Amtsgericht festgestellt, dass die Weigerung der Mitwirkung der Beteiligten zu 2. bei der Abstammungsbegutachtung entsprechend dem gerichtlichen Beschluss vom 11.11.2021 rechtswidrig sei. Weiter wurde der Kindesmutter aufgegeben, binnen 2 Wochen ab Rechtskraft des Beschlusses zu erklären, ob sie an der Gutachtenerstellung mitwirke. Auf den Beschluss vom 18.11.2021 wird Bezug genommen.

Die Kindesmutter hat ihre Mitwirkungsbereitschaft nicht angezeigt. Mit Schreiben vom 04.01.2022 teilte das Amtsgericht den Beteiligten mit, dass Zwangsmittel gegen die Kindesmutter gemäß § 178 FamFG ausscheiden. Die notwendige Untersuchung könne auch nicht im Wege der Rechtshilfe durch ein rumänisches Gericht zwangsweise durchgesetzt werden. Nach den rumänischen Gesetzen gäbe es schon dem Grunde nach für den nichtehelichen Vater kein gesetzliches Recht auf Feststellung der Vaterschaft.

Der Antragsteller hat erstinstanzlich beantragt, festzustellen, dass er der Vater des Kindes..., geb. am ...2020, ist.

Die Kindesmutter hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Die Kindesmutter war der Ansicht, der Antragsteller suche mit dem vorliegenden Verfahren nur eine Möglichkeit zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung.

Mit dem angefochtenen Beschluss, der der Beteiligten zu 2. am 03.03.2020 zugestellt worden ist, hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Antragsteller der Vater des Kindes ..., geboren am ...2020, ist, die Gerichtskosten den Beteiligten zu 2. und 3. jeweils zur Hälfte auferlegt und von einer Erstattung der außergerichtlichen Kosten abgesehen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Vaterschaft des Beteiligten zu 3. werde gemäß § 1600 d Abs. 2 S. 1 BGB vermutet, weil er und die Kindesmutter nach deren übereinstimmender glaubhafter Darstellung innerhalb der gesetzlichen Empfängniszeit vom 30.11.2019 bis 28.03.2020 miteinander Geschlechtsverkehr gehabt haben. Durch die Weigerung der Kindesmutter seien die dem Gericht zur Verfügung stehenden Beweismittel erschöpft. Die Kindesmutter sei nach § 178 Abs. 1 FamFG verpflichtet, unter den Voraussetzungen des § 178 Abs. 1 FamFG die erforderlichen Untersuchungen zur Feststellung der Abstammung zu dulden. Beachtliche Gründe für ihre Weigerung habe sie nicht angegeb...

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