Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung deutschen Erbrechts für in Jugoslawien geboreren Erblasser
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Anwendung deutschen Erbrechts bei gesetzlicher Erbfolge nach einem im ehemaligen Jugoslawien geborenen Erblassers, der zum Todeszeitpunkt die kroatische und auch die deutsche Staatsbürgerschaft hatte sowie zur Anwendbarkeit der §§ 1932 Abs. 3, 1371 Abs. 1 BGB und einer (nicht erfolgten) "Angleichung" oder "Anpassung" aus Billigkeitsgründen.
Normenkette
EGBGB Art. 14-15; BGB § 1931 Abs. 3, § 1371 Abs. 1; EGBGB Art. 220 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, S. 2, Art. 4 Abs. 3, Art. 25 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bad Schwalbach (Beschluss vom 16.02.2015) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beteiligte zu 1) hat die Gerichtskosten des Verfahrens der Beschwerde zu tragen und die den Beteiligten zu 2) und 3) im Verfahren der Beschwerde entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten.
Der Geschäftswert für das Verfahren der Beschwerde wird auf bis 155.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Bei der Beteiligten zu 1) handelt es sich um die zweite und letzte Ehefrau des Erblassers. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind die Söhne des Erblassers aus dessen erster Ehe.
Streitig zwischen den Beteiligten ist die gesetzliche Erbfolge nach dem Erblasser.
Der Erblasser und die Beteiligte zu 1) (nachfolgend auch: die Eheleute) haben die Ehe am ... 1960 in Stadt2 (Kroatien) als beiderseits jugoslawische Staatsangehörige geschlossen (Kopie einer beglaubigten Übersetzung des Auszuges aus dem Heiratsregister Nr .../1960, Bl. 11 d.A.). Nachdem sie seit 1963 in Slowenien gelebt haben, sind sie dann 1965/1966 nach Deutschland gekommen und haben seither dort gelebt.
Mit am 23.05.2007 ausgehändigten Einbürgerungsurkunden vom 09.03.2007 haben die Eheleute jeweils die deutsche Staatsbürgerschaft erworben (beglaubigte Abschrift bzw. Kopie der jeweiligen Einbürgerungsurkunden, Bl. 12 und 36 d.A.). Das Bestehen dieser deutschen Staatsbürgerschaften war zwischen den Beteiligten von Anfang des vorliegenden Erbscheinsverfahrens nicht streitig.
Die zwischenzeitlich bestehenden slowenischen Staatsbürgerschaften der Eheleute sind unstreitig durch Entlassungen aus diesen mit Beschlüssen vom16.01.2007 und 18.01.2007 entfallen (Kopien der beiden Beschlüsse nebst Kopien von beglaubigten Übersetzungen, Bl. 39 ff. und 43 ff. d.A.).
Nachdem dies anfänglich alleine von der Beteiligten zu 1) bestritten worden ist, ist mittlerweile im Verfahren der Beschwerde vor dem Senat auch unstreitig geworden, dass die Eheleute auch kroatische Staatsangehörige sind bzw. waren (auf die von den Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) und 3) vorgelegten entsprechenden Kopien von Staatsangehörigkeitsnachweisen vom 22.10.2015 samt Übersetzungen in die deutsche Sprache wird Bezug genommen, Bl. 170 ff. d.A.).
Am 08.02.2012 hat die Beteiligte zu 1) einen Erbschein für Grundbuchberichtigungszwecke aufgrund gesetzlicher Erbfolge beantragt, der sie als alleinige Erbin des Erblassers ausweisen soll. Sie hat erklärt, für die Ehe habe der kroatische Güterstand gegolten. Sie hat versichert, die Ehe sei in Kroatien geschlossen worden, wo man mehrere Jahre gewohnt habe. 1965 sei man nach Deutschland gezogen. Es seien weder gesetzliche Erben erster noch gesetzliche Erben zweiter Ordnung vorhanden. Auf den Erbscheinsantrag wird Bezug genommen (Bl. 5 d.A.). In dem von ihr unterschriebenen und von ihrer Verfahrensbevollmächtigten bei dem Nachlassgericht eingereichten Nachlassverzeichnis vom 10.02.2012 hat die Beteiligte zu 1) den Nachlass mit einem hälftigen Anteil des Erblassers an einer Eigentumswohnung in Stadt3 mit einem hälftigen Verkehrswert in Höhe von 30.000,00 EUR sowie im Wesentlichen mit Bankguthaben in Höhe von etwa 102.000,00 EUR unter Abzug von Beerdigungskosten in Höhe von ca. 7.200,00 EUR angegeben (Bl. 6 ff. d.A.).
Mit Beschluss vom 21.02.2012 hat die Rechtspflegerin des Nachlassgerichts die zur Erteilung des beantragten Erbscheins erforderlichen Tatsachen gem. § 352 FamFG für festgestellt erachtet, den Erbschein am selben Tag antragsgemäß erteilt (Bl. 13f d.A.) und die erste Ausfertigung dem Grundbuchamt am 06.03.2012 übersandt.
Mit Schriftsatz vom 12.11.2013 haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 2) und 3) - zunächst nur für den Beteiligten zu 2) - unter Beifügung einer Geburtsurkunde des Beteiligten zu 2) und einer Heiratsurkunde des Erblassers mit Frau B mitgeteilt, dass die Beteiligten zu 2) und 3) Söhne des Erblassers aus dessen erster Ehe seien. Beide hätten von der Beteiligten zu 1) nach dem Tod des Erblassers die Auskunft erhalten, dass dieser keinen Nachlass hinterlassen habe und sie deshalb nichts zu Erben hätten (Bl. 16 ff. d.A.). Mit Schriftsatz vom 20.12.2013 (Bl. 29 ff.) - und unter Übersendung einer Geburtsurkunde auch des Beteiligten zu 3) - haben sie dann namens des Beteiligten zu 2) die Einziehung des erteilten Erbscheins sowie die Neuerteilung eines Erbscheins beantragt, mit dem Inhalt, dass der Erblasser von der Beteiligten ...