Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerrufsbelehrung: Folgenlose Abweichung von Musterbelehrung bei fehlender Verwendungspflicht

 

Normenkette

BGB-InfoV § 14; BGB § 355

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 02.12.2016; Aktenzeichen 2-5 O 198/16)

 

Tenor

Es wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 02.12.2016 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte nach einem am 24.07.2014 erklärten Widerruf ihrer Vertragserklärung zu einem am 15.08.2008 geschlossenen grundpfandrechtlich besicherten Darlehensvertrag auf Feststellung sowie auf Zustimmung zur Löschung einer Grundschuld in Anspruch. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, das Vorliegen eines Feststellungsinteresses könne offen bleiben kann, da die Klage unbegründet sei. Denn die Klägerin habe die Willenserklärung, die zum Abschluss des Darlehensvertrags geführt habe, nicht fristgemäß und damit nicht wirksam widerrufen. Zwar habe nur eine rechtmäßige Widerrufsbelehrung die Frist in Gang setzen können; die vorliegende Widerrufsbelehrung habe aber den gesetzlichen Anforderungen der damals geltenden Vorschriften des BGB entsprochen.

Die Belehrung sei deutlich gestaltet und optisch hervorgehoben, da sie unterhalb des Darlehensvertragstexts in einem gesonderten Kästchen abgedruckt sei und sich die Worte "Widerrufsrecht für jeden einzelnen Darlehensnehmer" oben innerhalb des Kästchens dick gedruckt an exponierter Stelle befänden. Zudem seien weitere Überschriften innerhalb der Belehrung dick gedruckt; auch sei die Belehrung gesondert zu unterschreiben gewesen.

Die Belehrung sei in Textform erteilt worden, nenne die möglichen Kommunikationsmittel zum Einlegen des Widerrufs und weise auch den Namen und die Anschrift der Beklagten unter "Adressat des Widerrufs" aus. Der Belehrung sei weiterhin zu entnehmen, dass der Widerruf in Textform und binnen 2 Wochen erfolgen müsse, dass zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung genüge und dass der Widerruf keiner Begründung bedürfe.

Die von der Klägerin herangezogene Entscheidung des BGH - XI ZR 33/08 - habe eine andere Fallgestaltung betroffen. Im konkreten Fall habe die Klägerin ein eigenes Vertragsangebot an die Beklagte abgegeben; demzufolge werde in der vorliegenden Widerrufsbelehrung auch nicht auf das Angebot, sondern nur auf die Vertragsurkunde bzw. eine Abschrift dieser Vertragsurkunde abgestellt.

Zwar sei das Wort "Widerrufserklärung" in der Darstellung des Fristbeginns unzutreffend. Allerdings sei durch die Formulierung ("dieser") für den durchschnittlichen Verbraucher ohne weiteres erkennbar, dass in Wahrheit "Widerrufsbelehrung" gemeint gewesen sei. Soweit es zum Fristbeginn heiße, dass dem Darlehensnehmer auch "die Vertragsurkunde oder eine Abschrift der Vertragsurkunde" zur Verfügung gestellt worden sein müsse, weiche die Belehrung zwar vom Gesetzestext ab. Dies habe aber nur zur Folge, dass sich die Beklagte an den von ihr aufgestellten engeren Voraussetzungen des Fristbeginns festhalten lassen müsse, und sei für den Verbraucher lediglich positiv.

Dahinstehen könne, ob die Klägerin ihr Widerrufsrecht verwirkt habe bzw. ob die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich gewesen sein könne.

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin, die ihre Klageanträge zu 2. bis 4. weiterverfolgt. Zur Begründung der Berufung wird ausgeführt, der aufrecht erhaltene Feststellungsantrag zu 2. sei zulässig, da aufgrund der durch die Klägerin bereits in der Klageschrift vorgenommenen Aufrechnung der gegenseitigen Leistungsansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis ein Leistungsanspruch der Klägerin nicht bestehe, so dass sie nicht - wie vom BGH gefordert - auf Leistung, sondern nur auf Feststellung klagen könne, dass sie nur einen bestimmten bezifferten Betrag an die Beklagte entrichten müsse.

Es werde die Aufrechnung der Ansprüche der Klägerin aus dem Rückabwicklungsverhältnis in Höhe von 20.325,19 EUR gegen die Ansprüche der Beklagten aus dem Rückabwicklungsverhältnis in Höhe von 78.333,11 EUR erklärt, außerdem die Aufrechnung mit den Ansprüchen der Klägerin aufgrund der noch nach dem Widerruf vom 31.07.2014 bis zum 28.02.2017 geleisteten Zahlungen in Höhe von monatlich 274,50 EUR, mithin 7.960,50 EUR, nebst Nutzungsersatz hieraus in Höhe von 200,04 EUR. Unter Berücksichtigung der Aufrechnung der gegenseitigen Ansprüche ergebe sich ein von der Klägerin an die Beklagte noch zu zahlender Betrag in Höhe von 49.847,38 EUR zum 28.02.2017.

Das Landgericht verkenne, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen habe und deshalb ung...

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