Entscheidungsstichwort (Thema)

Abofalle. Abonnement. Betrug. Gesamtgestaltung. Internet. Täuschung. Webseite. Website

 

Leitsatz (amtlich)

Zum Vorliegen einer konkludenten Täuschung im Sinne von § 263 StGB im Falle eines Webseitenbetreibers, der durch die Gesamtgestaltung seiner Seite beabsichtigt, den Nutzer über die Entgeltlichkeit seines Angebot zu täuschen.

 

Normenkette

StGB § 263; PAngV § 1 Abs. 6 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 05.03.2009; Aktenzeichen 5/27 KLs 3330 Js 212484/07 KLs 12/08)

 

Tenor

Der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 05.03.2009 wird aufgehoben und das Hauptverfahren im Umfang der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Frankfurt am Main vom 10.04.2008 vor dem Landgericht Frankfurt am Main - 27. Strafkammer - eröffnet und die Anklage zur Hauptverhandlung zugelassen.

Die Bestimmung der berufsrichterlichen Besetzung in der Hauptverhandlung (§ 76 Abs. 2 GVG) bleibt der Strafkammer vorbehalten.

 

Gründe

In der Anklageschrift vom 10.04.2008 wird den Angeschuldigten zur Last gelegt im Zeitraum August 2006 bis zum Zeitpunkt der Anklageerhebung - der Angeschuldigte A durch 22 rechtlich selbständige Handlungen, die Angeschuldigte C durch 12 rechtlich selbständige Handlungen -, teilweise gemeinschaftlich handelnd, in der Absicht, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt zu haben, dass sie durch Vorspiegelung, Entstellung oder Unterdrückung von Tatsachen einen Irrtum erregten oder unterhielten, wobei sie jeweils gewerbsmäßig und in der Absicht gehandelt hätten, durch die fortgesetzte Begehung von Betrug eine große Zahl von Menschen in die Gefahr des Verlustes von Vermögenswerten zu bringen (§§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 2, 53 StGB). Den Angeschuldigten wird vorgeworfen - zunächst der Angeschuldigte A alleine, ab dem 01.09.2007 die Angeschuldigten gemeinsam handelnd - kostenpflichtige Websites betrieben zu haben, deren Layout durch seine Gestaltung die Kostenpflichtigkeit und den Umstand, dass eine Nutzung den Abschluss eines drei- bis sechsmonatigen Abonnements zu Preisen bis zu € 59,95 Euro nach sich zieht, in den Hintergrund treten lasse. Dabei hätten die Angeschuldigten die Websites bewusst so gestaltet, dass die Kostenpflichtigkeit der Seite und der Vertragsschluss weder offensichtlich noch deutlich erkennbar seien, so dass die Nutzer der Websites zu nicht bewussten Vertragsabschlüssen verleitet worden seien.

Der Angeschuldigte A war einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer des britischen Unternehmens B Ltd., dessen Zweigniederlassung in Deutschland sich vom 01.08.2006 bis zum 31.08.2007 in O1 befand. In dieser Zeit betrieb das Unternehmen, handelnd durch den Angeschuldigten A, im Internet diverse kostenpflichtige Websites. Spätestens zum 01.09.2007 gingen diese Websites auf das Nachfolgeunternehmen, die D Ltd., über. Dabei handelt es sich ebenfalls um ein britisches Unternehmen mit einer Zweigniederlassung in Deutschland (zunächst O2, später O3), dessen Geschäftsführerin die Angeschuldigte C war. Der Angeschuldigte A war Prokurist der D Ltd. Das Unternehmen, handelnd durch die Angeschuldigten, betrieb die von der B Ltd. übernommenen Websites sowie weitere Websites.

Gegenstand der Webseites waren Routenplaner, Gedichte-Archive, Vorlagen-Archive, Grafik-Archive, Grußkarten-Archive, Spieledatenbanken, Rezepte-Archive, Tattoo-Archive, Rätsel-Angebote, Hausaufgaben-Angebote, ein Gehaltsrechner und Informationsangebote. Sämtliche Websites wiesen ein nahezu identisches Layout auf. Bei Aufruf der Website erschien zunächst eine Seite mit einer Anmeldemaske, über der sich ein Button befand, in dem Hinweise auf die angebotene Leistung sowie die Gewinnmöglichkeit im Rahmen eines Gewinnspieles enthalten waren. Unter diesem Button befand sich ein Schriftzug, der den Hinweis enthielt, dass nach erfolgter Anmeldung die angebotene Leistung der Website in Anspruch genommen werden könne und die Möglichkeit zur Teilnahme an einem Gewinnspiel bestehe. Darunter befand sich die sog. Anmeldemaske, die mit den Worten

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überschrieben war. In die Anmeldemaske waren die persönlichen Daten - e-mail-Adresse, Vor- und Nachname, vollständige Anschrift, Land und Geburtsdatum - einzugeben.

Unterhalb der Anmeldemaske befanden sich zwei Felder mit Kästchen für Akzeptanzhäkchen. Mit dem ersten Akzeptanzhäkchen bestätigte der Nutzer, die AGB-Verbraucherinformationen gelesen und akzeptiert zu haben und ab sofort Zugriff auf die angebotene Leistung der Website zu erhalten, mit dem zweiten Akzeptanzhäkchen erklärte der Nutzer, sich am Gewinnspiel beteiligen zu wollen. Unter den beiden Feldern befand sich ein Button, durch dessen Anklicken die angebotene Leistung der Website in Anspruch genommen werden konnte. Davor mussten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgerufen und akzeptiert werden.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben bei einem Papierausdruck im Microsoft-Word-Schri...

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