Leitsatz (amtlich)
Die Einschränkung der indiziellen Wirkung der Verwirklichung des Regelbeispiels bei einer im Sinne der Regeltatbestände der BKatV qualifizierten Überschreitung der durch Vorschriftszeichen 274 beschränkten Geschwindigkeit gilt nur, wenn der Kraftfahrzeugführer die ohne das Vorschriftszeichen maßgebliche Höchstgeschwindigkeit einhält.
Verfahrensgang
AG Bad Wildungen (Aktenzeichen 9233 Js-Owi 11766/02) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Betroffenen als unbegründet verworfen.
Das gegen den Betroffenen verhängte Fahrverbot wird erst wirksam, wenn der Führerschein in amtliche Verwahrung gelangt, spätestens jedoch mit Ablauf von vier Monaten seit Rechtskraft dieses Beschlusses (19. Februar 2003).
Gründe
Das Amtsgericht Bad Wildungen hat den Betroffenen mit Urteil vom 22. August 2002 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 100 EUR verurteilt. Außerdem hat es ihm für die Dauer von 1 Monat untersagt, Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen. Der Betroffene wendet sich gegen die Anordnung des Fahrverbots und rügt die Verletzung materiellen Rechts. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
I.
Nach den Feststellungen befuhr der Betroffene am 2. November 2001 mit seinem PKW BMW, amtliches Kennzeichen KB ......, in der Gemarkung Bad Wildungen die Bundesstraße 253. Oberhalb der Einmündung zur K 43 in Richtung Bad Wildungen durchfuhr er ausserhalb geschlossener Ortschaften eine mobile Radargeschwindigkeitskontrollstelle mit einer gemessenen Geschwindigkeit von 120 km/h. Angeordnet durch Vorschriftszeichen 274, das in Fahrtrichtung Bad Wildungen etwa 104 m vor der Messstelle aufgestellt war, betrug die zulässige Höchstgeschwindigkeit 70 km/h. Das Amtsgericht hat die Einlassung des Betroffenen, er habe die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur aus Unachtsamkeit überschritten, nicht für widerlegt angesehen. Unter Berücksichtigung eines Toleranzabzugs von 4 km/h ist es von einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung von 46 km/h ausgegangen und hat die Regelbußen nach dem Bußgeldkatalog verhängt.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und ebenso begründet worden. Auf Grund der wirksamen Beschränkung der Rechtsbeschwerde auf den Rechtsfolgenausspruch ist der Schuldspruch rechtskräftig. Wegen der Wechselwirkung zwischen Geldbuße und Fahrverbot wird der Rechtsfolgenausspruch von der Rechtsbeschwerde allerdings in vollem Umfang erfasst.
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Der Rechtsfolgenausspruch hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Entgegen der Ansicht des Betroffenen und der Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main reichen die Feststellungen des Amtsgerichts für die Anordnung eines sog. Regelfahrverbots aus.
1.
Alleinige Grundlage für die Anordnung eines Fahrverbots wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit ist § 25 Abs.1 S.1 StVG. Nach dieser Vorschrift kann gegen den Betroffenen für die Dauer von einem Monat bis zu drei Monaten ein Fahrverbot angeordnet werden, wenn gegen ihn wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24 StVG, die er unter grober oder beharrlicher Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, eine Geldbuße festgesetzt wird. Gemäß § 2 Abs.1 Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) - seit 1. Januar 2002: § 4 Abs.1 BKatV - kommt die Anordnung eines Fahrverbots wegen grober Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers in der Regel in Betracht, wenn einer der dort aufgeführten Tatbestände gegeben ist. Die Verwirklichung dieser Tatbestände indiziert sowohl in objektiver wie in subjektiver Hinsicht das Vorliegen einer groben Pflichtverletzung. Dem Kraftfahrzeugführer muss sich bei den im einzelnen aufgeführten Fällen in der Regel die Gefährlichkeit seines Verhaltens aufdrängen (vgl. BGH, NZV 1997,525 f.).
2.
Allerdings kommt die indizielle Wirkung der Verwirklichung des Regelbeispiels bei einer im Sinne der Regeltatbestände der BKatV qualifizierten Überschreitung der durch Vorschriftszeichen 274 gem. § 41 Abs.2 Nr. 7 beschränkten Geschwindigkeit - wie hier - nur mit Einschränkungen zum Tragen. Dem Kraftfahrzeugführer kann das für ein Fahrverbot erforderliche grob pflichtwidrige Verhalten nicht vorgeworfen werden, wenn der Grund für die von ihm begangene erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung darin liegt, dass er das die Höchstgeschwindigkeit begrenzende Zeichen nicht wahrgenommen hat, es sei denn, gerade diese Fehlleistung beruhe ihrerseits auf grober Nachlässigkeit oder Gleichgültigkeit (vgl. BGH, a.a.O.). Vergleichbar der Erschütterung des Anscheinsbeweises im Zivilrecht kann daher die indizielle Wirkung der Verwirklichung des Regelbeispiels entfallen, wenn die Einlassung des Betroffenen, er habe das Vorschriftszeichen 274 auf Grund einfacher Fahrlässigkeit übersehen, auf Grund konkreter Tatsachen glaubhaft oder nicht widerlegbar ist. In diesen Fällen bedarf es grundsätzlich weiterer Feststellungen zum Vorliegen einer groben Pflichtverletzung.
3.
Zur "Erschütteru...