Verfahrensgang
LG Limburg a.d. Lahn (Aktenzeichen 4 O 2/92) |
Tenor
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war nur noch über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dies führt dazu, daß die Parteien billigerweise zu gleichen Teilen mit den Kosten des Rechtsstreits zu belasten sind, da der Ausgang des Verfahrens ohne das erledigende Ereignis ungewiß und von dem Ergebnis einer weiteren Sachaufklärung bzw. Beweiserhebung abhängig gewesen wäre.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts stand dem Kläger allerdings grundsätzlich ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB bezüglich der von den Beklagten in ihrer Mietwohnung gehaltenen beiden Bull-Terriern zu. Die Haltung dieser Tierart verstieß gegen den rechtskräftigen Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 28.06.1991, wonach Kampfhunde in der Wohnungseigentumsanlage nicht gehalten werden durften und stellte damit schon eine Störung des Wohnungseigentums des Klägers im Sinne des § 1004 Abs. 1 BGB dar. In einem solchen Fall können die durch den nach der Gemeinschaftsordnung unzulässigen Gebrauch gestörten anderen Wohnungseigentümer nicht nur von dem Eigentümer bzw. Vermieter der Wohnung, von der die Störung ausgeht, Unterlassung verlangen, sondern anerkanntermaßen auch unmittelbar von dem Mieter (vgl. Weitnauer, 7. Aufl., Anhang zu § 13 WEG, Rz. 4; Bärmann-Pick-Merle, 6. Aufl., § 13 WEG, Rz. 187, 190; Henkes-Niedenführ-Schulze, 1991, § 13 WEG, Rz. 13; Bub, Wohnungseigentum 1989, 122, 124, 125). Der Mieter kann sich dagegen grundsätzlich nicht auf ein Recht zur Störung gemäß § 1004 Abs. 2 BGB i.V.m. § 986 Abs. 1 Satz 2 BGB berufen, da er ein solches Recht nur von seinem Vermieter ableiten kann, wenn auch dieser zu einer solchen Störung berechtigt wäre, was aber angesichts des Beschlusses vom 28.06.1991 nicht der Fall war (vgl. auch Weitnauer und Bub, a.a.O.).
Durchgreifende Bedenken an der Wirksamkeit des Beschlusses vom 28.06.1991 bestehen nicht, da hierdurch nicht wie in anderen von der Rechtsprechung behandelten Fällen eine Haustierhaltung oder Hundehaltung in den Eigentumswohnungen generell verboten wurde (vgl. hierzu ausführlich zuletzt KG, NJW 1992, 2577 m.w. Hinweisen), sondern sich das Verbot nur auf den beschränkten Kreis von sogenannten Kampfhunden bezieht, auf die die Rechtsprechung zur Haltung herkömmlicher Haustiere ohnehin nicht entsprechend anwendbar gewesen wäre (vgl. hierzu auch OLG Frankfurt, NJW-RR 1990, 1430).
Daß es sich bei den von den Beklagten gehaltenen Bull-Terriern um Kampfhunde im Sinne des Eigentümerbeschlusses vom 28.06.1991 handelte, ergibt sich nicht nur daraus, daß die Rasse der Bull-Terrier heute allgemein und üblicherweise zu den sogenannten Kampfhunden gezählt wird (vgl. Hamann, DÖV 1989, 209; LG Nürnberg, DWW 1990, 338; AG Rüsselsheim, WM 1992, 117 m.w. Hinweisen auch zu Gesetzgebungsverfahren), sondern auch daraus, daß gerade die beiden Bull-Terrier der Beklagten Anlaß für den Eigentümerbeschluß waren und von ihm nach dem Willen der Eigentümergemeinschaft speziell erfaßt werden sollten.
Bestand somit zwar im Hinblick auf den Eigentümerbeschluß keine generelle Duldungspflicht für Bull-Terrier in der Wohnungseigentumsanlage, so war es dennoch im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses möglich, daß die Eigentümer aufgrund besonderer Umstände und unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie des allgemeinen Verbots rechtsmißbräuchlichen Handelns und des Schikaneverbots (§ 226 BGB) zur Duldung der Bull-Terrier verpflichtet gewesen wären. Dies hätte angenommen werden können, wenn sich im Rahmen der hierzu erforderlichen weiteren Sachaufklärung bzw. Beweiserhebung die Behauptungen der Beklagten als richtig herausgestellt hätten, die Bull-Terrier seien zunächst von der gesamten Hausgemeinschaft für mehrere Jahre unbeanstandet geduldet worden und die Tiere hätten noch nie jemand belästigt oder gar angegriffen. Vielmehr seien es völlig harmlose Tiere, die aufs Wort gehorchen und gerade gegenüber Kindern sehr verspielt und gutmütig sind, was auch dem Kläger bekannt sei.
Da nach der Erledigung eine weitere Sachaufklärung diesbezüglich nicht mehr möglich (vgl. Baumbach/Hartmann, 50. Aufl., § 91 a ZPO, Anm. 8 C) und damit der Ausgang des Rechtsstreits ungewiß war, entsprach es der Billigkeit, die Kosten gemäß §§ 91 a, 92 Abs. 1 ZPO gegeneinander aufzuheben.
Die Entscheidung konnte gemäß § 524 Abs. 3 Ziffer 4 und Abs. 4 ZPO durch den Einzelrichter erfolgen.
Fundstellen