Entscheidungsstichwort (Thema)
Verantwortlichkeit des Amazon-Händlers für die automatische Zuordnung von Warenabbildungen anderer Händler zu ihrem Angebot
Leitsatz (amtlich)
1. Durch die Möglichkeit der Veränderung von Angeboten auf der Verkaufsplattform Amazon durch andere Händler besteht die Gefahr, dass ursprünglich richtige und zulässige Angebote durch Handlungen Dritter so geändert werden, dass das Angebot nunmehr rechtswidrig ist (Festhaltung an: OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 5.12.2019 - 6 U 182/18).
2. Wegen der hieraus entspringenden Prüfpflicht muss eine Händlerin, der durch einstweilige Verfügung untersagt ist, Angebote für unverpackte Original-Druckerkartuschen an ein bestehendes Angebot mit bildlicher Darstellung der Originalverpackung des Herstellers anzuhängen, dafür einstehen, dass sie eine regelmäßige Prüfung unterlässt, ob der Programmalgorithmus von Amazon ihrem Angebot die Abbildung von originalverpackter Ware zuordnet, obwohl sie mit ihrem Angebot selbst ein Bild unverpackter Ware hochgeladen hat.
Normenkette
ZPO § 890 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hanau (Beschluss vom 04.12.2017; Aktenzeichen 5 O 17/16) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Landgerichts vom 4.12.2017 in der Fassung des Nicht-Abhilfebeschlusses vom 30.1.20218 abgeändert.
Gegen die Antragsgegnerin wird wegen Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot in der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 14.3.2016 ein Ordnungsgeld von 500,- EUR festgesetzt, ersatzweise ein Tag Ordnungshaft für je 250,- EUR.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Vollstreckungsverfahrens einschließlich des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Beschwerdewert: 1.000,- EUR
Gründe
I. Die Parteien sind Mitbewerber und bieten auf amazon.de u.a. Druckertoner und -tinte an. Der Antragsteller nahm im Februar 2016 Anstoß an einem Angebot der Antragsgegnerin, bei dem sich diese an ein Angebot des Antragstellers für ein original Marke1 ... Toner Kit mit entsprechender bildlicher Darstellung "angehängt" hatte. Dabei hatte die Antragsgegnerin angegeben, der Toner sei "original", obwohl es sich nicht um einen Toner in Originalverpackung handelte.
Der Antragsteller hält dies für irreführend, da der Amazon-Kunde bei dieser Art des Angebots keinen Hinweis erhalte, dass es sich bei dem von der Antragsgegnerin angebotenen Toner nicht um einen solchen in Originalverpackung handele, sondern ggf. einen gebrauchten oder Refill-Toner.
Mit Beschlussverfügung vom 14.3.2016 hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Hanau der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten, sich bei Angeboten über amazon.de an Angebote von Original-Toner mit entsprechender bildlicher Darstellung der Originalverpackung des Herstellers anzuhängen, wenn nicht zugleich Toner in Originalverpackung angeboten bzw. versandt wird.
Ihren zunächst eingelegten Widerspruch hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht zurückgenommen. Mit Schreiben vom 16.6.2016 hat sie eine Abschlusserklärung abgegeben.
Unter dem 6.10.2017 hat der Antragssteller beantragt, gegen die Antragstellerin wegen "des andauernden Verstoßes gegen den Beschluss vom 14.3.2016 ein empfindliches Ordnungsgeld" zu verhängen. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Antragsgegnerin habe gegen die Verpflichtung verstoßen, indem sie sich unter ihrem Verkäufernahmen "A" weiterhin auf amazon.de an Angebote anhänge, in denen Originaltoner unter Abbildung der Originalverpackung angeboten würden, wie dokumentiert auf einem Ausdruck einer Amazonseite vom 8.6.2021 (Anlage G 4 = Bl. 113 f. d.A.). Im Rahmen eines Testkaufs sei dann festgestellt worden, dass die Antragsgegnerin - wie auf den vorgelegten Fotos dokumentiert (Anlage G 7 = Bl. 121 d.A.) lediglich eine neutrale Verpackung verwende und darin der Toner provisorisch verpackt sei.
Im Rahmen ihrer Anhörung hat sich die Antragsgegnerin dahin eingelassen, sie stelle ihre Angebote ordnungsgemäß bei Amazon ein. Sie übermittele ein Bild eines Toners ohne Originalkarton und gebe die richtige ASIN (Amazon Standard Identification Number) für ihr Produkt "Originalware neutral unverpackt" an. Gleichwohl wechsele das Bild, so dass einmal das von ihr eingefügte Bild zu sehen sei, zu einem späteren Zeitpunkt dann aber wieder dein Bild eines Toners mit Originalkarton. Es sei so, dass Händler bei Amazon Bilder hinterlegen und das System willkürlich Bilder aussuche, die angezeigt würden. Dies habe die Antragsgegnerin jetzt in einem Chat mit Amazon erfahren (Anlage S 1 = Bl. 128 ff. d.A.).
Das Landgericht hat den Ordnungsmittelantrag mit dem angefochtenen Beschluss vom 4.12.2017 (Bl. 141 ff. d.A.) zurückgewiesen. Der vom Antragsgegner hiergegen eingelegten Beschwerde hat es nicht abgeholfen, sondern die Sache mit Beschluss vom 30.1.2018 (Bl. 180 ff. d.A.) dem erkennenden Senat zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der Begründung des Landgerichts wird auf die beiden vorgenannten Beschlüsse ...