Entscheidungsstichwort (Thema)
Verjährung eines Schadensersatzanspruchs aus unerlaubter Handlung im Insolvenzverfahren
Normenkette
InsO § 302 Nr. 1; BGB § 823 Abs. 2; StGB § 266a
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 01.03.2005; Aktenzeichen 2/4 O 358/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der ihm Prozesskostenhilfe versagende Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Frankfurt am Main vom 1.3.2005 aufgehoben.
Dem Beklagten wird Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt ... zur Wahrnehmung seiner Rechte beigeordnet.
Gründe
Die Klägerin nahm den Beklagten als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der R. Bau GmbH mit bestandskräftigen Haftungsbescheid vom 8.1.1997 wegen nicht gezahlter Sozialversicherungsbeiträge für die Monate Juni bis August 1996 auf Zahlung von 66.992,94 DM in Anspruch. Mit Beschluss vom 4.6.2004 wurde über das Vermögen des Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet. Am 16.6.2004 meldete die Klägerin u.a. Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagebeträge vom 17.6.1996 bis 31.8.1996 i.H.v. 32.708,02 EUR zur Insolvenztabelle an und trug vor, in diesem Betrag seien Arbeitnehmeranteile i.H.v. 15.430,51 EUR enthalten, die der Beklagte im Wege der unerlaubten Handlung vorsätzlich nicht abgeführt habe. Der Beklagte hat der Feststellung des Rechtsgrundes der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung widersprochen.
Die Klägerin begehrt mit der am 25.10.2004 eingegangenen Klage die Feststellung, dass der Widerspruch des Beklagten gegen die Anmeldung der Forderung über 15.430,51 EUR unter dem Rechtsgrund der vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Beklagten unbegründet ist.
Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und beantragt, ihm zur Verteidigung gegen die Klage Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Diesen Antrag hat das LG mit dem Beklagten am 3.3.2005 zugestellten Beschluss zurückgewiesen. Hiergegen hat der Beklagte am 7.3.2005 sofortige Beschwerde eingelegt.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 127 Abs. 2, 569 ZPO). Sie ist auch begründet, da die beabsichtigte Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO). Der Widerspruch des Beklagten gegen die Eintragung der Forderung aus vorsätzlich begangener unerlaubten Handlung in die Tabelle ist begründet, weil die festzustellende Forderung verjährt ist.
Nach § 302 Nr. 1 InsO werden von der Restschuldbefreiung Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung nicht berührt, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 beim Insolvenzverwalter angemeldet hat. Die Eintragung in die Tabelle wirkt für die festgestellten Forderungen wie ein rechtskräftiges Urteil (§§ 178 Abs. 3, 201 Abs. 2 InsO). Der Gläubiger kann die Zwangsvollstreckung aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil betreiben. Diese Wirkung entfällt erst bei einem Widerspruch des Schuldners gegen die Insolvenzforderung, wenn der Widerspruch nicht durch ein entsprechendes Feststellungsurteil beseitigt ist.
Der Widerspruch des Schuldners ist begründet, wenn ihm eine materielle Einwendung gegen den Grund, die Höhe oder die Durchsetzbarkeit des Anspruchs, dessen Feststellung beantragt ist, zusteht (Braun, InsO, 2. Aufl., § 302 Rz. 4; Ahrens in Frankfurter Komm/InsO, 3. Aufl., § 302 Rz. 6; Stephan in MünchKomm/InsO, § 302 Rz. 17).
Dies ist der Fall. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung ist verjährt. Gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB) verjährt der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung (hier: §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB) entstandenen Schadens innerhalb von drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt. Dies war hier bereits im Januar 1997 der Fall. Spätestens zu der Zeit, als sie den Haftungsbescheid erließ, hatte die Klägerin Kenntnis davon, dass der Beklagte als Geschäftsführer der GmbH Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung nicht abgeführt hatte.
Verjährung des geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung war damit im Januar 2000 eingetreten.
Der Lauf der Verjährungsfrist ist durch den Erlass des Haftungsbescheides nicht unterbrochen worden. Ebenso wie eine Klage nur die Verjährung für Ansprüche in der Gestalt und dem Umfang, wie sie in ihr geltend gemacht wurden, unterbricht (BGHZ 104, 6 ff.), konnte auch der Haftungsbescheid eine unterbrechende Wirkung nur für die Verpflichtung zur Beitragszahlung entfalten, nicht aber für den jetzt geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung. Gegenstand des Haftungsbescheides waren allein Ansprüche auf Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge. Der jetzt geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung beruht demgegen...