Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahme eines Angebots auf Abschluss eines Kaufvertrags durch Übersendung der Gratisbeigabe
Leitsatz (amtlich)
Die Übersendung einer Gratisbeigabe stellt auch in Bezug auf das noch nicht versandte Hauptprodukt eine Annahme des Antrags auf Abschluss eines Kaufvertrags dar, wenn zwischen dem Erwerb des Hauptproduktes und der Übersendung der Gratisbeigabe ein untrennbarer Zusammenhang dergestalt besteht, dass die kostenlose Übersendung der Gratisbeigabe das wirksame Zustandekommen eines Kaufvertrags über das Hauptprodukt voraussetzt.
Normenkette
BGB § 312i Abs. 1 Nr. 3, § 433 Abs. 1 S. 1, § 119 Abs. 1, § 121 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.02.2023; Aktenzeichen 2-20 O 126/22) |
Tenor
Auf den Hinweis wurde die Berufung zurückgenommen.
In dem Rechtsstreit
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wird darauf hingewiesen, dass beabsichtigt ist, die Berufung der Beklagten durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Nach Vornahme der gemäß § 522 Abs. 1 und 2 ZPO gebotenen Prüfungen ist der Senat einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist. Die Sache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil. Vielmehr hat das Landgericht der Klage im Ergebnis zu Recht stattgegeben. Die Berufungsangriffe der Beklagten können dieses Ergebnis nicht in Frage stellen.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten, welche den deutschen Onlineshop der Marke Marke1 betreibt, die Übergabe und Übereignung von neun Smartphones des Typs Marke1 Modell1.
Ziffer 4.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten lautet:
"[...] Erst Ihre Bestellung über den Button "jetzt kaufen" stellt ein bindendes Angebot an uns zum Abschluss eines Kaufvertrages dar. Wenn Sie eine Bestellung bei uns aufgeben, senden wir Ihnen an die von Ihnen angegebene E-Mail-Adresse eine E-Mail, mit der wir den Eingang Ihrer Bestellung bestätigen und deren Einzelheiten und Bestellreferenznummer aufführen ("Auftragsbestätigung"). Diese Auftragsbestätigung stellt keine Annahme ihres Angebotes dar, sondern soll Sie nur darüber informieren, dass Ihre Bestellung bei uns eingegangen ist. Ein Kaufvertrag mit uns kommt erst dann zustande, wenn wir das bestellte Produkt an Sie [...] versenden und den Versand an Sie mit einer zweiten E-Mail ("Versandbestätigung") bestätigen ("Vertrag"). [...]"
Ziffer 4.2 der AGB der Beklagten lautet:
"Der zwischen Marke1 und Ihnen geschlossene Vertrag bezieht sich nur auf die in der Versandbestätigung bestätigten oder an Sie gelieferten Produkte. Soweit Ihre Bestellung weitere Produkte enthielt, sind diese nicht von dem Vertrag erfasst und es besteht keine Pflicht, diese Produkte an Sie zu liefern, bis der Versand der entsprechenden Produkte in einer separaten Versandbestätigung bestätigt wurde."
Ziffer 9.3 der AGB der Beklagten lautet:
"Unsere Website enthält eine große Anzahl von Produkten und es kann jederzeit vorkommen, dass trotz all unserer Bemühungen einige der auf unserer Website genannten Produkte möglicherweise mit einem falschen Preis ausgezeichnet sind. [...] Ist der korrekte Preis eines Produktes höher als der auf der Website angegebene Preis, so nehmen wir nach unserem Ermessen meist mit Ihnen Kontakt auf, um das weitere Vorgehen einvernehmlich zu vereinbaren. Wir behalten uns aber vor, Ihre Bestellung ohne weitere Kontaktaufnahme mit Ihnen abzulehnen. [...]"
Durch einen - von der Beklagten so genannten - Preisfehler bot die Beklagte am 7.3.2022 in ihrem Onlineshop das Smartphone Marke1 Modell1 für 92 EUR an. Der UVP für das Smartphone betrug zum damaligen Zeitpunkt 1.099 EUR. Zeitgleich bot die Beklagte bei Bestellungen Kopfhörer des Typs Modell2 als Gratisbeigabe an.
Der Kläger tätigte insgesamt drei Bestellungen, die die Beklagte am 7.3.2022 zwischen 9:33 Uhr und 9:54 Uhr per E-Mail wie folgt bestätigte:
- Bestellnummer ... über 3x Modell1+ für 276 EUR, 1x Modell1 für 92 EUR sowie 2x Modell2 kostenlos (vgl. Anlage K1, Bl. 10 f. d.A.);
- Bestellnummer ... über 2x Modell1+ für 184 EUR sowie 1x Modell2 kostenlos (vgl. Anlage K2, Bl. 16 d.A.) und
- Bestellnummer ... über 3x Modell1+ für 276 EUR sowie 1x Modell2 kostenlos (vgl. Anlage K3, Bl. 19 d.A.).
Die in den Bestellbestätigungen ausgewiesenen Kaufpreise zahlte der Kläger über den Zahlungsanbieter X an die Beklagte.
Noch im Laufe des 7.3.2022 änderte die Beklagte den Angebotspreis für das Marke1 Modell1 auf 928 EUR.
Am 9.3.2022 versandte die Beklagte die insgesamt vier Paar Modell2 an den Kläger und teilte ihm dies mit drei E-Mails jeweils unter Nennung der Bestellnummern ..., ... und ... mit (vgl. Anlagen K4, bis K6, Bl. 22 ff. d.A.).
Mit E-Mails vom 22.3.2022 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass es bei seinen Bestellungen zu einem gravierenden Preisfehler gekommen sei und sie die Bestellung storniere. Sie forderte den Kläger auf, die erhaltenen Modell2 ...