Entscheidungsstichwort (Thema)
Trennungsunterhalt: Kein erhöhtes Einkommen des Unterhaltsschuldners bei finanzieller Unterstützung durch Familienagehörige
Leitsatz (redaktionell)
Lebt der zum Trennungsunterhalt verpflichtete Ehemann mietfrei im Haus seiner Eltern und wird er zudem im elterlichen Haushalt verköstigt, erhöht sich hierdurch nicht sein Einkommen.
Soweit die Eltern dem Unterhaltsschuldner durch die Bereitstellung von Wohnraum und die Teilhabe an Mahlzeiten eine finanzielle Unterstützung zukommen lassen, handelt es sich um eine freiwillige Leistung und eine Zuwendung aus dem Familienkreis. Bei solchen Leistungen spricht die tatsächliche Vermutung dafür, dass sie allein dem begünstigten Familienangehörigen zugutekommen sollen. Seine Leistungsfähigkeit im Hinblick auf den Ehegattenunterhalt wird dadurch nicht gesteigert. Höheres Einkommen ist hierfür nicht zu veranschlagen.
Normenkette
BGB § 1361 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Biedenkopf (Beschluss vom 24.04.2007; Aktenzeichen 31 F 838/06 UE) |
Tenor
Der Beschluss des AG Biedenkopf vom 24.4.2007 wird auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 25.5.2007 abgeändert.
Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit sie rückständigen Trennungsunterhalt für die Monate Oktober und November 2006 i.H.v. 250,66 EUR und laufenden Unterhalt ab Februar 2007 i.H.v. 125,33 EUR geltend macht.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdegebühr wird auf die Hälfte ermäßigt (KV Nr. 1812 zu § 3 Abs. 2 GKG); außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO).
Gründe
Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind seit dem 22.7.1993 verheiratet, Sie leben seit September 1999 dauerhaft voneinander getrennt. Der Antragsgegner hat eine Zeit lang auf einen anwaltlichen Rat hin 270,26 EUR monatlichen Unterhalt gezahlt. Die Antragstellerin bezieht bereits Rente i.H.v. monatlich 264,22 EUR. Zusätzlich verdient sie im Rahmen einer Nebentätigkeit 345 EUR. Der Antragsgegner erzielt monatliche Einkünfte i.H.v. 1.257,33 EUR aus Erwerbstätigkeit. Er bewältigt eine Fahrtstrecke zur Arbeit von 24 km. Auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt der Antragsgegner monatlich 98,73 EUR. Der Antragsgegner lebt im Haus seiner Eltern. Ob er die Miete zahlt, ist streitig.
Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für den Antrag, den Antragsgegner zur Zahlung von Trennungsunterhalt i.H.v. monatlich 427,76 EUR zu verurteilen. Trennungsunterhalt für die Monate Oktober und November 2006 macht sie i.H.v. insgesamt 540,52 EUR geltend. Dabei legt sie die ursprünglich gezahlten monatlichen Unterhaltsbeträge i.H.v. 270,26 EUR zugrunde und vertritt dazu die Meinung, dieser Unterhaltsbetrag sei vertraglich vereinbart.
Mit Beschluss vom 24.4.2007 hat das AG Biedenkopf der Antragstellerin Prozesskostenhilfe gewährt, soweit sie monatlich 26,60 EUR Unterhalt begehrt. Diesen Betrag hat das AG Biedenkopf auch für die Rückstände zugrunde gelegt und daher Prozesskostenhilfe für Rückstände i.H.v. 53,20 EUR bewilligt. Gegen diesen Beschluss führt die Antragstellerin zulässig sofortige Beschwerde, der das AG nicht abgeholfen hat.
Auf die sofortige Beschwerde hin war der Prozesskostenhilfebeschluss teilweise abzuändern, da die beabsichtigte Klage in höherem Umfang erfolgreich sein kann, als dies im angefochtenen Beschluss zugrunde gelegt worden ist. Die hinreichende Erfolgsaussicht der von der Antragstellerin beabsichtigten Unterhaltsklage muss nach dem Maßstab des § 114 ZPO danach beurteilt werden, ob nach einer vorläufigen Prüfung eine Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Antragstellerin der begehrte Unterhalt zusteht. Für bestrittene Tatsachen reicht zunächst aus, dass diese dem Beweis zugänglich sind; es ist nicht erforderlich, dass Beweis bereits angetreten worden ist. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist auch keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Erfolgsaussicht zu fordern, vielmehr ist es ausreichend, wenn nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Berechtigung der Unterhaltsansprüche spricht (Baumbach/Lauterbach/Hartmann, 64. Aufl., Rz. 80 zu § 114 ZPO).
Danach war der Antragstellerin Prozesskostenhilfe für die im Eingang genannten Unterhaltsbeträge zu bewilligen, weil diese mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit nach vorläufiger Prüfung geschuldet sein könnten.
Bei Einkünften i.H.v. 1.257,33 EUR ist der Antragsgegner ggf. zu einer Leistung von höheren Unterhaltszahlungen als rund 30 EUR monatlich in der Lage. Soweit die Antragstellerin allerdings die Auffassung vertritt, für den Antragsgegner sei ein höheres Einkommen zu veranschlagen, weil er mietfrei im Haus seiner Eltern lebt, kann dem nicht gefolgt werden. Auch die Auffassung der Antragstellerin, der Selbstbehalt des Antragsgegners sei niedriger anzusetzen, weil er mietfrei lebe und im Haushalt der Eltern verköstigt wird, ist nicht tragfähig. Soweit die Eltern des Antragsgegners diesem über die Bereitstellung von Wohnraum o...