Entscheidungsstichwort (Thema)

Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Kinder auf einen Elternteil bei Übersiedlung in das Heimatland

 

Normenkette

BGB § 1626 Abs. 3 S. 1, § 1671 Abs. 1-2, § 1687

 

Verfahrensgang

AG Melsungen (Beschluss vom 20.07.2012; Aktenzeichen 54 F 228/12)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 15.10.2013; Aktenzeichen StB 16/13)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Melsungen vom 20.7.2012 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben.

Der Antragsgegner hat der Antragstellerin ihre für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Beschwerdeverfahren notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind geschiedene Eheleute und die Eltern der minderjährigen Kinder A und B1. Seit der Trennung der Eltern im Februar 2007 leben die Kinder im Haushalt der Antragstellerin, wobei das Kind B im Jahre 2010 vorübergehend beim Antragsgegner gelebt hat. Der Antragsgegner hat regelmäßig Kontakt bzw. Umgang mit den Kindern.

Die Antragstellerin beabsichtigt nunmehr, ihren Lebensmittelpunkt in die Türkei zu verlegen und in die Stadt O1 zu ziehen, wo ihre Eltern, ihr Bruder und weitere Verwandte der Verfahrensbeteiligten leben.

Die Antragstellerin hat deshalb beantragt, ihr das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder zu übertragen.

Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen und demgegenüber ihm das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder zu übertragen, sowie hilfsweise, für den Fall, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht der Mutter übertragen werde, sowohl die getroffene Umgangsvereinbarung vom 18.11.2010 als auch den Unterhaltstitel vom 19.4.2010 abzuändern.

Im Übrigen wird hinsichtlich des diesem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts auf die Gründe des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 20.7.2012 Bezug genommen.

Nach Anhörung der Verfahrensbeteiligten und der Kinder hat das AG mit diesem Beschluss das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder A und B1 der Antragstellerin übertragen. Gleichzeitig hat das AG den Antrag des Antragsgegners auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zurückgewiesen und dessen Umgang mit den Kindern für den Fall der Übersiedlung in die Türkei geregelt sowie seinen Antrag auf Abänderung des Kindesunterhaltstitels vom Sorge- und Umgangsrechtsverfahren abgetrennt.

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsgegner gegen die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die gemeinsamen Kinder auf die Antragstellerin und begehrt unter Abänderung des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 20.7.2012 die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen an, zu Unrecht habe die Kindeswohlprüfung des AG dazu geführt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder der Antragstellerin zu übertragen. Vom AG sei nicht hinreichend berücksichtigt worden, dass die Kinder eine enge Beziehung auch zu ihm hätten und in Deutschland so verwurzelt seien, dass eine Übersiedlung mit der Antragstellerin in die Türkei dem Kindeswohl nicht entspreche. Der geäußerte Wille der Tochter A, mit der Antragstellerin in die Türkei übersiedeln zu wollen, könne nicht so bewertet werden, wie es das AG getan habe. Die Tochter A sei nicht in der Lage, zu überblicken, welche Folgen ein Umzug in die Türkei für sie habe. Außerdem seien Jungen und Mädchen gleichermaßen wie erwachsene Frauen und Männer in der Türkei noch immer nicht gleichgestellt. Neben den sich daraus für die Kinder ergebenden Nachteilen sei nicht zuletzt deshalb zu befürchten, dass sich die Antragstellerin nach einem Umzug in die Türkei ihrem Vater unterordnen müsse und auch hierdurch das Kindeswohl beeinträchtigt werde. Schließlich sei aufgrund der schulischen Situation, die die Kinder in der Türkei vorfänden, insgesamt nicht gewährleistet, dass ein Umzug in die Türkei für sie keine nachteiligen Folgen mit sich bringe.

II. Die Beschwerde des Antragsgegners ist nach § 58 Abs. 1 FamFG statthaft, weil sie sich gegen eine Entscheidung des AG gem. § 38 FamFG in einer Kindschaftssache gem. § 151 Ziff. 1 FamFG richtet. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 58 ff., 63 Abs. 1, 64 FamFG).

Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das AG das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsamen Kinder A und B1 auf die Antragstellerin übertragen.

Nach § 1671 Abs. 1, 2 BGB ist dem Antrag eines Elternteils auf Übertragung der elterlichen Sorge bzw. Teilen davon stattzugeben, wenn zu erwarten ist, dass dies - auch unter Berücksichtigung der Gestaltungsmöglichkeiten, die § 1687 BGB für die Ausübung der gemeinsamen Sorge eröffnet - dem Wohl des betroffenen Kindes am besten entspricht.

Allein das Kindeswohl bleibt Maßstab der Entscheidung auch dann, wenn der die Übertragung des Sorgerechts, insbesondere des ...

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