Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit von § 156 KostO n.F.

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist der Antrag auf gerichtliche Entsch. erst nach dem 31.8.2009 eingegangen, gelangt § 156 KostO nicht in der bis zu diesem Stichtag geltenden alten, sondern in der durch Art. 47 Abs. 2 Nr. 38 FGG-RG geänderten, gem. Art. 112 Abs. 1 FGG-RG am 1.9.2009 in Kraft getretenen neuen Fassung zur Anwendung. Auf die Beendigung der notariellen Tätigkeit kommt es nicht an.

2. Zum Entstehen einer Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO für die Abwicklung eines Treunhandauftrags im Rahmen eines Grundstückskaufvertrages

 

Normenkette

FGG-RG Art. 47 Abs. 2, Art. 111, 112 Abs. 1; KostO § 147 Abs. 2, § 156

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Beschluss vom 18.01.2011)

BGH (Aktenzeichen X ARZ 368/11)

 

Tenor

Auf die Anweisungsbeschwerde wird der angefochtene Beschl. und die betroffene Kostenberechnung des Kostengläubigers v. 26.10.2007 abgeändert.

Der Kostengläubiger hat nur 107,93 EUR zu erheben.

Die Entsch. ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Nach den unbeanstandeten tatsächlichen Feststellungen des LG beurkundete der Notar und Kostengläubiger (im Folgenden: Kostengläubiger) am ... 2007 einen Wohnungseigentumskaufvertrag nebst Auflassung, in dem sich die Kostenschuldner als Käufer zur Tragung der Notarkosten verpflichtet haben. Der Grundbesitz, der mit einer Buchgrundschuld zugunsten der A-Bank O1 belastet war, sollte lastenfrei übertragen werden. Der Kostengläubiger wurde mit der Einholung der Löschungsbewilligung der A-Bank O1 beauftragt, die diese treuhänderisch unter der Bedingung der Auszahlung des Kaufpreises an die A-Bank O1 an den Kostengläubiger aushändigte. Die Kaufpreiszahlung wurde unter Einschaltung des Kostengläubigers entsprechend abgewickelt.

Der Kostengläubiger stellte den Kostenschuldnern mit der betroffenen Kostenberechnung (Bl. 3 d.A.) für die Einholung der Löschungsbewilligung eine 5/10-Vollzugsgebühr gem. §§ 32, 146 KostO - ausgehend von einem Geschäftswert in Höhe des Kaufpreises von 79.000,-- EUR - i.H.v. 88,50 EUR netto sowie für die Einhaltung der Treuhandauflage eine 5/10-Betreuungsgebühr gem. den §§ 32, 147 KostO - ausgehend von einem Geschäftswert i.H.v. 30 % des Kaufpreises - i.H.v. 42,-- EUR netto nebst Auslagen und MwSt. in Rechnung. Der Kostengläubiger hat die Auffassung vertreten, ihm stünde für die Einhaltung der Treuhandauflagen eine Betreuungsgebühr in der angeführten Höhe zu.

Die Erhebung dieser Gebühr beanstandete die dem Kostengläubiger vorgesetzte Dienstbehörde im Rahmen der Prüfung der Amtsgeschäfte und wies den Kostengläubiger an, gem. § 156 Abs. 7 KostO eine Entsch. des LG herbeizuführen. Die Dienstaufsichtsbehörde hat die Auffassung vertreten, die Einhaltung der Treuhandauflage werde durch die Vollzugsgebühr mit abgegolten. Der Kostengläubiger hat den Ansatz der verfahrensgegenständlichen Gebühr verteidigt. Die Kostenschuldner haben sich am Verfahren nicht beteiligt.

Durch den angefochtenen Beschl. (Bl. 33 ff. d.A.), auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, hat das LG die Kostenberechnung des Kostengläubigers bestätigt. Zur Begr. hat das LG im Wesentlichen ausgeführt, dass es der in Rspr. und Literatur vertretenen Rechtsauffassung folge, dass dem Kostengläubiger für die Übernahme der Treuhandgebühr (gemeint wohl: des Treuhandauftrags) stets eine Betreuungsgebühr nach § 147 Abs. 2 KostO zustehe. Es handele sich bei dieser Tätigkeit nicht um eine solche zum Vollzug des Grunderwerbsvertrags zwischen den Vertragsschließenden iSd. § 146 Abs. 1 KostO. Der Notar werde vielmehr für den Dritten im Rahmen eines neu begründeten, selbständigen Treuhandverhältnisses tätig, die er nach § 147 Abs. 2 KostO abrechnen könne.

Gegen diesen am 24.1.2011 zugestellten Beschl. hat der Notar als Kostengläubiger mit Schriftsatz v. 8.2.2011, eingegangen am 9.2.2011, auf Anweisung seiner vorgesetzten Dienstbehörde Beschwerde eingelegt. Die Kostenschuldner haben sich am Beschwerdeverfahren nicht beteiligt.

II.1. Die (Erst-)Beschwerde ist gem. § 156 Abs. 3, Abs. 7 Satz 1 KostO n.F. statthaft. Das Rechtsmittel unterliegt, wie schon der erste Rechtszug dieses gerichtlichen Verfahrens dem neuen Verfahrensrecht. Da der Antrag auf gerichtliche Entsch. erst nach dem 31.8.2009 eingegangen ist, gelangt § 156 KostO nicht in der bis zu diesem Stichtag geltenden alten, sondern in der durch Art. 47 Abs. 2 Nr. 38 FGG-RG geänderten, gem. Art. 112 Abs. 1 FGG-RG am 1.9.2009 in Kraft getretenen neuen Fassung zur Anwendung. Das folgt aus Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG (so auch OLG Köln FGPrax 2010, 312; OLG Dresden, Beschl. v. 28.1.2011, 17 W 3/11; KG, Beschl. v. 1.4.2011, 9 W 198/10, je zitiert nach juris). Der Senat folgt insoweit nicht der Rspr. des OLG München (MittBayNot 2010, 500; dem folgend auch OLG Zweibrücken, Beschl. v. 25.3.2011, 3 W 18/11, zitiert nach juris), wonach sich aus der Vorschrift des § 161 KostO ergäbe, dass für den Fall, in dem - wie hier - eine notariel...

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