Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 09.06.1993; Aktenzeichen 1 CH 16/91) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners zu 1. gegen den Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 09. Juni 1993 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert wird festgesetzt auf 384.818,00 DM.
Gründe
Mit bei Gericht am 29. Oktober 1991 eingegangenem Schriftsatz haben die beiden Antragstellerinnen die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahren beantragt. Dem Antrag hat das Landgericht Darmstadt mit Beschluß vom 26. November 1991 stattgegeben. Mit Beschlüssen vom 26. März 1992, 08. September und 08. Oktober 1992 ist die Fragestellung an den Sachverständigen ergänzt worden. Der Sachverständige hat am 27. Oktober 1992 die Gutachten bei Gericht niedergelegt. Mit Schriftsatz vom 24. Februar 1993 haben die Antragstellerinnen angekündigt, sie wollten den Sachverständigen ergänzende Fragen zum Gutachten stellen.
Mit bei Gericht am 11. Mai 1993 eingegangenem Schriftsatz, auf dessen Inhalt verwiesen wird, hat der Antragsgegner zu 1. gegen das Sachverständigengutachten „Gegenvorstellung” erhoben und um Gutachtenergänzung zu vorformulierten Fragen ersucht. Mit Beschluß vom 09. Juni 1993, auf dessen Inhalt gleichfalls verwiesen wird, hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt den in der Gegenvorstellung des Antragsgegners zu 1. liegenden Antrag auf Ergänzung des Gutachtens als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, daß auch unter Berücksichtigung der besonderen Schwierigkeit der Materie ein Ergänzungs- oder auch Erläuterungsantrag nicht mehr nach einem halben Jahr zugelassen werden könne. Hiergegen hat der Antragsgegner zu 1. mit bei Gericht am 30. Juli 1993 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Er führt aus, daß die Prozeßordnung keine Frist kenne, binnen derer ein Antrag auf Ergänzung eines Sachverständigengutachtens, welches in selbständigen Beweissicherungsverfahrens eingeholt worden sei, gestellt werden müsse. Er verweist auch auf die durch das Rechtspflegervereinfachungsgesetz vom 17.12.1990 neu eingeführte Zielsetzung, daß durch dieses Verfahren ein Hauptverfahren vermieden werden solle.
Mit Beschluß vom 03. August 1993 hat das Landgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Akten dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Aller Einzelheiten im übrigen wegen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Der Senat sieht sich zunächst als befugt an, auch in den Gerichtsferien über die Beschwerde zu entscheiden, obwohl das Beweisverfahren im Sinne der §§ 485 ff. ZPO weder in den Katalog der ferienlosen Sachen des § 202 GVG aufgenommen noch in § 200 Abs. 2 GVG als Feriensache bezeichnet worden ist. Das Beschleunigungsbedürfnis ist jedoch dem vorgenannten Verfahren immanent. Der Senat unterstellt daher das Einverständnis der Verfahrensbeteiligten mit der Behandlung des Verfahrens als Feriensache, zumal gegen die landgerichtliche Nichtabhilfeentscheidung in den Gerichtsferien keine Einwände erhoben worden sind.
Die gem. § 567 ZPO statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde ist sachlich unbegründet; sie war mithin zurückzuweisen.
Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung den Antrag des Antragsgegners zu 1. auf Gutachtenergänzung als verspätet zurückgewiesen. Die hiergegen gerichteten und beachtlichen Erwägungen des Antragsgegners zu 1. vermögen nach Senatsansicht nicht durchzugreifen.
Die Beweisaufnahme im selbständigen Beweisverfahren erfolgt gem. § 492 ZPO nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels geltenden Vorschriften mit der Folge, daß auch § 411 Abs. 4 ZPO Platz greift. Dieser Vorschrift zufolge haben die Parteien dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraumes ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu den schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Auch vorgenannte Vorschrift ist erst durch das Rechtspflegevereinfachungsgesetz vom 17.12.1990 in die ZPO eingefügt worden.
Aus der vorbeschriebenen Gesetzeslage folgt, daß das selbständige Beweisverfahren beendet ist, wenn der Antrag auf Vernehmung des Sachverständigen oder auf Gutachtenergänzung nicht in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Zustellung des Gutachten erfolgt (wie hier: Schreiber im Müko – ZPO Rn 18 zu § 485; Werner-Pastor, Bauprozeß, 7. Aufl. 1993 Rn 99 mit Nachweisen). Unabhängig von den Zielsetzungen des selbständigen Beweisverfahrens darf dessen verjährungsunterbrechende Wirkung bei der hier zur Beurteilung anstehenden Rechtsfrage nicht außer acht gelassen werden (vergleiche §§ 477 Abs. 2, 480 Abs. 1, 481 i. V. m. § 490 Abs. 1 Satz 2, 493, 515, 524 Abs. 2, 639 Abs. 1, 651 BGB, 382 HGB). Im Interesse der Rechtssicherheit muß daher darauf gedrängt werden, den Zeitpunkt der Verfahrensbeendigung nach objektiven Kriterien – die das Gesetz in § 411 Abs. 4 ZPO selbst nennt – festzusetzen, wobei nicht verkannt wird, daß durch die Einräumung eines Beurteilungsspielraumes es zu Unsicherheiten kommen kann.
Die Angemessenheit der Frist des §...