Entscheidungsstichwort (Thema)
Irreführende Werbung mit Testergebnissen
Leitsatz (amtlich)
1. Die Werbung mit einem Testsieg aus über 500 Matratzen stellt eine Irreführung dar, wenn tatsächlich nicht alle Matratzen in einem Test getestet wurden, sondern über Jahre hinweg in mehreren Tests.
2. Zur fehlenden Irreführung, wenn Matratzen mit einem Testsieg beworben werden und sich erst aus den weiteren Angaben ergibt, dass der Testsieg nur eine bestimmte Matratzengröße betraf
Normenkette
UWG § 5
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 14.10.2021; Aktenzeichen 3-6 O 37/21) |
Tenor
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Frankfurt am Main vom 14.10.2021 teilweise abgeändert.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung - bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, diese zu vollziehen an ihren Geschäftsführern - untersagt,
im geschäftlichen Verkehr für die Matratze "Emma One"
mit dem Slogan
"Aus über 500 getesteten Matratzen wurde unsere Emma Matratze als Testsieger mit der Bestnote 1,7 ausgezeichnet"
zu werben, wenn ein gemeinsamer Test aller Matratzen nicht stattgefunden hat und wenn dies geschieht wie in Anlagen AS 1 und AS 2 dargestellt.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Eilverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Beschwerdewert wird auf 150.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Beide Parteien sind Wettbewerber im Bereich des online-Vertriebs von Matratzen.
Die Antragstellerin stellt die "Bodyguard"-Matratzen her und vertreibt diese unter www.(y).de. Die Antragsgegnerin ist Herstellerin der Matratze "Emma One" und vertreibt diese unter www.(x).de sowie über die Webseite von Amazon. Die von der Antragsgegnerin vertriebenen Matratzen sind in verschiedenen Größen und Härtegraden verfügbar.
In der Ausgabe 10/2019 veröffentlichte die Stiftung Warentest ein Test von Matratzen. Dabei wurde die Matratze "Emma One" in der Größe 90 × 200 cm und im Härtegrad "hart" getestet. Die Matratze erhielt die Testnote "gut" (1,7) und wurde mit einer anderen Matratze - "Dunlopillo Elements" zum Testsieger ausgelobt (Anlage AS 3). Die Testkriterien der Stiftung Warentest wurden von dieser sowohl vor als auch nach dem Test 10/2019 geändert. Die jeweils angewendeten Testkriterien werden von der Stiftung Warentest veröffentlicht (Anlage AS 5).
Die Antragsgegnerin warb in ihrem Onlineshop am 6.9.2021 für Ihre "Emma One"-Matratze mit dem Härtegrad medium und der Größe 90 × 190 cm sowie für eine Matratze mit dem Härtegrad medium in anderen Größen sowie für Matratzen des Härtegrades hart in verschiedenen Größen (Anlage AS 1) jeweils mit folgender Information:
"TESTSIEGER STIFTUNG WARENTEST: Nicht nur unsere Kunden sind überzeugt. Aus über 500 getesteten Matratzen wurde unsere Emma Matratze als Testsieger mit der Bestnote 1,7 ausgezeichnet (Getestet durch Stiftung Warentest, Ausgabe 10/2019 in der Größe 90*200 im Härtegrad hart)"
Der Antragstellerin sieht diese Werbung als irreführend an, da zum einen nach den Grundsätzen der Blickfangwerbung der Verkehr darüber in die Irre geführt werde, da tatsächlich nur eine bestimmte Matratze Testsiegerin geworden sei; zum anderen habe die Stiftung Warentest nicht 500 Matratzen gleichzeitig getestet, sondern in verschiedenen Tests insgesamt 500.
Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung durch Beschluss vom 14.10.2021 zurückgewiesen. Die angegriffene Werbung sei nicht irreführend, da der Verkehr nicht nur den durch Großschrift herausgehobenen Teil der Information lese, sondern auch die letzten beiden Zeilen der Angabe im Fließtext. Es liege auch keine unzulässige Blickfangwerbung vor. Der Verkehr werde bei Interesse an den jeweiligen Schlagworten den folgenden Text als hiermit verbundene Einheit sehen und lesen. Im Hinblick auf die Werbeaussage der "500 getesteten Matratzen" sei ein Verkehrsverständnis dahingehend, dass die Stiftung Warentest in einem Test 500 Matratzen getestet habe, fernliegend. Der Verkehr sei mit den von der Stiftung Warentest durchgeführten Produkttests ausreichend vertraut, um zu wissen, dass es keine Tests gebe, in denen in einer Kategorie 500 Produkte getestet und einer Bewertung zugeführt würden.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.
II. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat in der Sache teilweise Erfolg.
1. Dem Verfügungsantrag stehen keine Zulässigkeitsbedenken entgegen. Insbesondere wahrt der Antrag die nach § 253 ZPO notwendige Bestimmtheit.
Die Antragstellerin begehrt mit Antrag 1. die Unterlassung der Werbung mit einem Testsieg, wenn Härtegrad oder Größe nicht getestet worden sind, wenn die geschieht wie in Anlage 1. Damit ist zum einen klargestel...