Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anerkennung einer im Ausland erfogten Adoptionsentscheidung, wenn das Kind im Adoptionsantrag wahrheitswidrig als Waise bezeichnet wird
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Kind entgegen seiner tatsächlichen Lebenssituation im Adoptionsantrag wahrheitswidrig als Waisenkind deklariert, so führt dies in eklatanter Weise zu einer Verkürzung und Umgehung der gebotenen und an den tatsächlichen Verhältnissen auszurichtenden Prüfung des Kindeswohls, die den Mindeststandards eines am Kindeswohl orientierten Adoptionsverfahrens nach deutschem Rechtsverständnis nicht entsprechen kann und deshalb in so gravierendem Widerspruch zu den Grundsätzen des deutschen Rechts steht, dass einer auf dieser Grundlage getroffenen ausländische Adoptionsentscheidung nach § 16a Nr. 4 FGG die Anerkennung durch den deutschen Staat versagt werden muss.
Normenkette
AdWirkG §§ 2, 5; FGG-RG Art. 111; FGG § 16a Nr. 4, §§ 27, 29; ZPO § 546
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde zu tragen.
Beschwerdewert: 3.000,- EUR.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Anerkennung einer in Nepal ergangenen Adoptionsentscheidung nach dem AdWirkG.
Die heute 46-jährige, ledige und in guten finanziellen Verhältnissen lebende Antragstellerin erhielt nach Durchführung einer positiv beschiedenen Adoptionseignungsprüfung von der staatlich anerkannten Adoptionsvermittlungsstelle "Eltern-Kind-Brücke" (im Folgenden: EKB) am 20.9.2006 einen Kindervorschlag des Kinderheims der Partnerorganisation "Children's Future Organisation" (im Folgenden: CFO) in ... Nepal. In dem Schreiben des Kinderheims wurde mitgeteilt, dass der Vater des Mädchens ... bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei und der neue Ehemann der Kindesmutter das Kind nicht akzeptiert habe, so dass diese das Kind am 15.5.2006 in ein Kinderheim gebracht und eine Adoption befürwortet habe.
Die Antragstellerin beantragte bei dem nepalesischen Ministry of Women, Children & Social Welfare (im Folgenden: Sozialministerium) die Adoption des Kindes. Dabei wurde in dem von ihr am 29.10.2006 unterschriebenen Formblatt jeweils angegeben, Name und Anschrift der Mutter und des Vaters des Kindes seien unbekannt, ebenso ob diese noch lebten oder verstorben seien.
Das Sozialministerium in Nepal hat mit Beschluss vom 31.12.2007 die Adoption des Kindes ... durch die Antragstellerin ausgesprochen.
Das Kind reiste mit der Antragstellerin im Januar 2008 nach Deutschland und lebt seitdem bei der Antragstellerin.
Mit Schriftsatz vom 17.10.2008, konkretisiert durch Schriftsatz vom 19.12.2008 beantragte die Antragstellerin die Anerkennung der in Nepal ergangenen Adoptionsentscheidung gem. § 2 AdWirkG. Mit den Unterlagen über die Auslandsadoption wurde auch eine von Frau ... nach der Adoption am 5.8.2008 schriftlich gegenüber der CFO abgegebene und mit einem Daumenabdruck unterzeichnete Erklärung vorgelegt, mit der diese erklärte, wegen des Unfalltodes des Vaters ihrer Tochter und ihrer zweiten Verheiratung ihre uneingeschränkte Zustimmung für eine höhere Schulbildung und vielversprechende Zukunft des Kindes zu geben und keinen Widerspruch gegen die unlängst geschehene Adoption durch eine deutsche Staatsangehörige zu haben.
Das AG wies mit Beschluss vom 29.4.2010 den am 17.10.2008 gestellten und durch Schriftsatz vom 19.12.2008 näher konkretisierten Antrag der Antragstellern auf Anerkennung der ausländischen nepalesischen Adoptionsentscheidung gem. § 2 AdWirkG zurück.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin wurde durch das LG mit Beschluss vom 24.1.2011 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die nepalesische Adoptionsentscheidung könne nach § 16a Nr. 4 FGG nicht anerkannt werden, da sie eine an der Bedeutung des Grundrechts eingriffsorientierte Prüfung des Adoptionsgeschehens - beruhend auf einer systemimmanenten, bewussten Täuschung der Entscheidungsträger - unterlassen habe und damit in nicht hinnehmbarer Weise gegen den ordre public verstoße. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschlüsse des AG und des LG (Bl. 99 ff. und 142 ff. d.A.) Bezug genommen.
Gegen den am 1.2.2011 zugestellten landgerichtlichen Beschluss hat die Antragstellern am 11.2.2011 sofortige weitere Beschwerde eingelegt, mit der sie im Wesentlichen weiterhin geltend macht, die unzutreffende Angabe in dem Adoptionsantrag, dass es sich um ein Waisenkind handele, sei auf den Rat der nepalesischen Partnerorganisation CFO in Absprache mit dem Sozialministerium entsprechend einer dortigen Rechtspraxis erfolgt, um die von den nepalesischen Behörden gewünschten "Formalien" zu erfüllen, da die nepalesischen Behörden regelmäßig nicht über die Erfahrung und personelle Ausstattung verfügten, um die ordnungsgemäße Suche und Stellungnahme der leiblichen Eltern zu gewährleisten. Nach der Rechtsrealität in Nepal, die auch von einem Ministerialrat des Bundesfamilienministeriums bestätigt werde, komm...