Leitsatz (amtlich)
Im amtsgerichtlichen Urteil sind Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen entbehrlich, solange die im Bußgeldkatalog vorgesehene Regelgeldbuße verhängt wird und sich keine Anhaltspunkte ergeben, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen außergewöhnlich gut oder schlecht sind.
Normenkette
OWiG § 17 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
AG Limburg a.d. Lahn (Entscheidung vom 19.07.2016; Aktenzeichen 1 OWi 6 Js 4118/16) |
Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten der Betroffenen als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen vorsätzlichen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 43 km/h am 25. Juli 2015 auf der Bundesautobahn A ... in der Gemarkung Stadt1 mit dem PKW, amtliches Kennzeichen X, zu einer Geldbuße in Höhe von € 320 verurteilt. Zudem hat es gegen sie ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat verhängt.
Die Betroffene, die ihre Fahrereigenschaft eingeräumt hatte, war vom persönlichen Erscheinen entbunden und ebenso wie der Verteidiger der Hauptverhandlung fern geblieben. Zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat sie keine Angaben gemacht.
Die Betroffene wendet sich mit der form- und fristgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde gegen dieses Urteil. Sie hat die Sachrüge erhoben und begehrt die Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils. Insbesondere wendet sie sich gegen die Höhe der verhängten Geldbuße, da keine ausreichenden Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen getroffen worden seien, sowie gegen das verhängte Fahrverbot. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde als offensichtlich unbegründet zu verwerfen, wozu die Betroffene mit Schriftsatz vom 17. November 2016 Stellung genommen hat.
Der Einzelrichter hat die Sache mit Beschluss vom 16. Januar 2017 dem Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen, da es geboten ist, das amtsgerichtliche Urteil im Hinblick auf die Darlegungserfordernisse zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nachzuprüfen (§ 80a Abs. 3 OWiG).
II.
1. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
a) Die Rechtsbeschwerde ist in Bezug auf den Schuldspruch als offensichtlich unbegründet gemäß §§ 349 Abs. 2, 79 Abs. 3 S. 1 OWiG zu verwerfen. Das amtsgerichtliche Urteil lässt im Schuldspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen erkennen.
b) Auch in Bezug auf den Rechtsfolgenausspruch bleibt der Rechtsbeschwerde der Erfolg versagt.
aa) Das Amtsgericht hat die Höhe der Geldbuße zutreffend aus §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 4a BKatV in Verbindung mit Nr. 11.3.7 BKat hergeleitet. Es ist bei der Bemessung der Höhe der Geldbuße nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht keine Feststellungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen getroffen hat.
Die Bemessung der Höhe des Bußgeldes liegt grundsätzlich im Ermessen des Tatrichters. Das Rechtsbeschwerdegericht ist bei seiner Überprüfung der amtsgerichtlichen Entscheidung darauf beschränkt, ob der Tatrichter im Einzelfall von rechtlich zutreffenden Erwägungen ausgegangen ist und von seinem Ermessen rechtsfehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Vorliegend ist das Amtsgericht rechtsfehlerfrei zunächst von der Regelgeldbuße in Höhe von € 160 für den Fall fahrlässiger Begehung und dem Vorliegen gewöhnlicher Tatumstände ausgegangen. Es hat die Geldbuße sodann wegen der vorsätzlichen Begehungsweise in nicht zu beanstandender Weise gemäß § 3 Abs. 4a BKatV verdoppelt.
Das Amtsgericht brauchte im vorliegenden Fall im Rahmen der Bemessung der Geldbuße auch keine Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen der Betroffenen treffen. Der Senat hat bisher in ständiger Rechtsprechung ab einer Geringfügigkeitsgrenze der Geldbuße von 250.- € grundsätzlich nähere Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen verlangt, allerdings im Einzelfall auf eine Erörterung der Einkommensverhältnisse verzichtet, wenn der Betroffene auf seinen Antrag hin vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden war und auch der in der Hauptverhandlung anwesende Verteidiger für den Betroffenen insoweit keine Angaben gemacht hat.
In der neueren Rechtsprechung wird vermehrt die Auffassung vertreten, dass in Verkehrsordnungswidrigkeiten auch bei Geldbußen über € 250 nähere Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen entbehrlich sein können, solange die im Bußgeldkatalog vorgesehene Regelgeldbuße verhängt wird und sich - wie vorliegend - keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen außergewöhnlich gut oder schlecht sind (vgl. OLG Celle, NZV 2016, 144; OLG Hamm, NZV 2015, 459 = NStZ-RR 2015, 227; BeckRS 2012, 15354; NZV 1996, 246; OLG Oldenburg, Beschluss vom 29. Oktober 2014 - 2 Ss-OWi 278/14, zit. nach [...]; OLG Braunschweig, BeckRS 2015, 18287 und OLG Jena, BeckRS 2011, 28896, dieses allerdings einschränkend auf Bußgelder bis € 500). Dies...