Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwangsmittel zur Durchsetzung im Vergleich übernommener Verpflichtung zur Erziehungsberatung
Normenkette
FamFG §§ 86, § 86 ff., § 95 Abs. 1 Nr. 3, § 156 Abs. 2; ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Wiesbaden (Beschluss vom 22.01.2015; Aktenzeichen 535 F 103/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern des im Rubrum genannten Kindes und haben am 28.8.2014 im Verfahren 535 F 103/14 UG vor dem AG Wiesbaden eine familiengerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung getroffen, nach der der Beschwerdeführer und Kindesvater ein dort näher ausgestaltetes Umgangsrecht mit der gemeinsamen Tochter erhält. In der Vereinbarung ist weiterhin folgende Regelung enthalten: "Die Kindeseltern verpflichten sich, eine gemeinsame Erziehungsberatung durchzuführen mit dem Ziel der Kooperation im Interesse des Kindes". In der Folgezeit verweigerte die Kindesmutter und Beteiligte zu 2. die Teilnahme an einer gemeinsamen Elternberatung im A. Der Beteiligte zu 1. beantragte deshalb, gegen die Kindesmutter Zwangsmittel nach § 888 ZPO anzuordnen. Das AG hat mit Beschluss vom 22.1.2015 den Antrag auf Verhängung eines "Ordnungsgeldes" zurückgewiesen, da § 156 Abs. 1 S. 2, 4 und 5 FamFG einer Anwendung von § 888 ZPO auf eine vergleichsweise eingegangene Verpflichtung zu einer Beratung entgegenstünde. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1.
II. Die nach § 87 Abs. 4 FamFG statthafte und im Übrigen nach §§ 567 ff. ZPO auch zulässige sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Zwar hat das AG in der angefochtenen Entscheidung verkannt, dass seitens des Beteiligten zu 1. nicht die Anordnung eines Ordnungsmittels, sondern eines Zwangsmittels nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 FamFG i.V.m. § 888 ZPO beantragt worden ist.
Ein Fall der Verhängung eines Ordnungsmittels nach § 89 Abs. 1 FamFG liegt auch nicht vor, da nicht die Zuwiderhandlung gegen die nach § 156 Abs. 2 FamFG familiengerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarung der Beteiligten im Raum steht, sondern die Nichterfüllung der wechselseitigen Verpflichtung der Beteiligten zur Durchführung einer gemeinsamen Erziehungsberatung, also einer von beiden Beteiligten vorzunehmenden nicht vertretbaren Handlung i.S.d. § 95 Abs. 1 Nr. 3 FamFG.
Jedoch liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung von Zwangsmitteln nach §§ 95 Abs. 1 Nr. 3 FamFG, 888 ZPO nicht vor.
Ob der Ansicht des AG zu folgen ist, dass die Regelung in § 156 Abs. 1 Nr. 5 FamFG, wonach die familiengerichtliche Anordnung einer Elternberatung durch Beratungsstellen der Träger der Kinder- und Jugendhilfe nicht Zwangsmitteln durchsetzbar ist, auch auf vergleichsweise übernommene Verpflichtungen in Kindschaftssachen, die außerhalb von der Anordnungskompetenz des Gerichts zulässig sind (Prütting/Helms/Hammer § 156 FamFG Rz. 28) zu übertragen ist, bedarf letztlich keiner Entscheidung. Denn es fehlen im vorliegenden Fall schon die allgemeinen Voraussetzungen der Vollstreckung der im betreffenden Verpflichtung der Beteiligten zu 2. Gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 1-3 FamFG findet die Vollstreckung nur statt aus gerichtlichen Beschlüssen (Nr. 1), gerichtlich gebilligten Vergleichen nach § 156 Abs. 2 FamFG (Nr. 2) und weiteren Vollstreckungstiteln i.S.d. § 794 ZPO, soweit die Beteiligten über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können (Nr. 3). Hieran fehlt es aber. Die im Raum stehende Verpflichtung zur Teilnahme an einer gemeinsamen Beratung ist nicht unmittelbarer Gegenstand der gerichtlichen Billigung der Umgangsvereinbarung nach § 156 Abs. 2 FamFG, sondern insoweit Teil eines darüber hinausgehenden Vergleichs der Eltern i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Als Vollstreckungstitel i.S.d. § 95 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ist dieser aber nicht geeignet, weil die Beteiligten über den Gegenstand des zugrunde liegenden Verfahrens nicht verfügen konnten. Umgangssachen i.S.d. § 151 Nr. 2 FamFG zählen nämlich zu den Amtsverfahren nach § 24 FamFG, die wegen des nicht bestehenden Antragserfordernisses grundsätzlich nicht der Disposition der Verfahrensbeteiligten unterliegen (OLG Brandenburg FamRZ 2014, 2019; OLG Frankfurt ZKJ 2013, 127; OLG Celle ZKJ 2011, 433 m. Anm. Heilmann). Deshalb sind in diesen amtswegigen Verfahren geschlossene Vereinbarungen außerhalb von § 156 Abs. 2 FamFG nicht einer Vollstreckung nach § 95 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zugänglich. Damit kam es vorliegend auch nicht auf die Frage an, ob die im Raum stehende Verpflichtung nicht auch wegen nicht hinreichender Bestimmtheit der vereinbarten Verpflichtung - es fehlt eine Regelung von Ort und Zeit der Beratung sowie des Trägers der Beratungsstelle (vgl. allgemein dazu Cirullies FPR 2012, 475) - und wegen fehlender Zustellung des Vollstreckungstitels (vgl. § 87 Abs. 2 FamFG und OLG Frankfurt ZKJ 2012, 119) nicht vollstreckt werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 87 Abs. 5, 84 FamFG.
Fundstellen
Haufe-Index 8008419 |
FamRZ 2015, 2001 |
FF 2016, 42 |
FamRB 2015, 343 |
ZKJ 2015, 195 |
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