Normenkette
ZPO §§ 114-115, 139; BGB § 1570
Verfahrensgang
AG Fürth (Odenwald) (Beschluss vom 11.02.2013; Aktenzeichen 4 F 87/12 UE) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss des AG vom 11.2.2013 wird abgeändert.
Der Antragsgegnerin wird über die Bewilligung für den geschlossenen Vergleich hinaus rückwirkend ab Verfahrensbeginn auch zur Verteidigung gegen den Abänderungsantrag des Antragstellers Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin ... bewilligt.
Die angeordnete Ratenzahlung entfällt.
Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird nicht erhoben, außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat auch in der Sache Erfolg. Die Antragsgegnerin hat sich gegen einen Antrag des Antragstellers auf Abänderung eines Vergleichs vom 14.1.2009 gewendet, aus dem ihr ein monatlicher Ehegattenunterhalt von 512 EUR zustand. Der Antragsteller hat dazu selbst vorgetragen, dass er sich damals zu diesen Zahlungen "in Anbetracht des noch jungen Kindesalters der beiden Kinder und vorrangig zu deren Wohle" verpflichtet hatte; die zwei Kinder der beiden Beteiligten sind am 25.2.2000 und 14.12.2005 geboren. Der Abänderungsantrag wird im Wesentlichen auf die nach dem seinerzeitigen Vergleichsabschluss seit 18.3.2009 geänderte Rechtsprechung des BGH (FamRZ 2009, 770 und fortlaufend) zum sog. Betreuungsunterhalt gestützt. Dagegen hat sich die Antragsgegnerin im vorgeschalteten VKH-Prüfungsverfahren und später unter Bezugnahme darauf in der Antragserwiderung mit dem Vortrag gewendet, sie arbeite dreimal wöchentlich von 5.00 Uhr bis 13.00 Uhr an einer Tankstelle, wobei sie jeweils um 4.00 Uhr morgens das Haus verlassen müsse und um 14.00 Uhr zurückkehre. M.' Kindergartenzeiten endeten mittwochs und freitags bereits um 12.45 Uhr. D. sei zwar bis Sommer 2012 noch bis 15.00 Uhr im Schulmodell gewesen. Danach ende jedoch seine Schulzeit bereits um 13.00 Uhr; ob noch eine Hausaufgabenbetreuung bis 15.00 Uhr eingerichtet werde, war damals noch offen. Montags müsse sie ihn außerdem noch zum Fußball-Auswahltraining nach A. bringen. Gleichwohl habe sie sich um eine Bürotätigkeit von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr bemüht; einen Bewerbungsordner könne sie vorlegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Antrags - erwiderung und den Schriftsatz vom 2.4.2012 mit der Stellungnahme zum VKH-Antrag des Antragstellers Bezug genommen. Schließlich haben die Beteiligten am 16.1.2013 einen Vergleich dahingehend geschlossen, dass der Antragsteller sein ursprünglich auf den Wegfall des Ehegattenunterhalts rückwirkend ab 1.6.2011 gerichtetes Abänderungs - begehren nun auf die Zeit ab 1.9.2012 beschränkte und sich ab diesem Zeitpunkt zu Kindesunterhalt über 128 % des Mindestunterhalts verpflichtete. Soweit das AG der Antragsgegnerin jegliche Erfolgsaussicht für ihr Verteidigungsvorbringen abgesprochen hat, obwohl sogar der letztlich geschlossene Vergleich ihr einen nicht unwesentlichen Erfolg gebracht hat, kann ihm nicht beigetreten werden. Selbst vor dem Hintergrund der sehr restriktiven Rechtsprechung des BGH seit der o.g. Entscheidung vom 18.3.2009 (vgl. die nach wie vor erheblichen - teils sogar weiterhin verfassungs - rechtlichen - Bedenken dagegen in der Literatur: Löhnig/Preisner FamRZ 2011, 1537; Erbarth FamRZ 2012, 340; Hütter FamRZ 2011, 1772 und FPR 2012, 134; Norpoth FamRZ 2011, 874; Maurer NJW 2011, 1586; Götz FPR 2011, 149; Schwamb FamRB 2010, 358, 359 f. und FamRB 2011, 165; Niepmann/Schwamb NJW 2011, 2404 ff., 2407; Schlünder FF 2013, 92 ff., der anhand der Materialien überzeugend begründet, dass der Gesetzgeber nur eine Modifikation des Altersphasenmodells intendierte; ausführlich mit vermittelnden Vorschlägen im Sinne eines Anscheinsbeweises für die Verlängerung des Anspruchs in standar - disierten Fallgrun: Heiderhoff FamRZ 2012, 1604 ff., 1610) ist jedenfalls dann noch Raum für Betreuungs - unterhalt gem. § 1570 Abs. 1 und 2 BGB, wenn die erziehungsberechtigte Person - wie hier - vorträgt, dass sie neben einer Teilzeittätigkeit noch erhebliche Betreuungsleistungen für mehrere Kinder zu erbringen hat, weil die Fremd - betreuung der Kinder nicht ganztägig gewährleistet ist, und ihr auch eine ungleiche Lastenverteilung droht. Wenn der BGH auf die Kritik an seiner Entscheidung vom 15.6.2011 (BGH FamRZ 2011, 1375) inzwischen mit Urteil vom 18.4.2012 (BGH FamRZ 2012, 1040 m. Anm. Borth) dahingehend reagiert hat, dass er nunmehr ausführt, die Anforderungen an den Vortrag zu den kindbezogenen Gründen dürften auch nicht überspannt werden, und bei den elternbezogenen Gründen die Vermeidung der ungleichen Lasten - verteilung anmahnt, kann jedenfalls für die Beurteilung der Erfolgsaussicht des Vertei - digungs - vorbringens zur Erlangung von Verfahrens - kostenhilfe in einem Abän - derungs - verfahren kein noch strengerer Maßstab angelegt werden, zumal das Gericht - wäre es nicht sogleich zum Vergleichsabschluss gekommen - auf der Grund - lage des bisherigen...