Leitsatz (amtlich)
1. Die Auslegung der Teilungserklärung hat das Rechtsbeschwerdegericht selbständig - ohne Bindung an die Auffassung der Vorinstanzen- vorzunehmen, entsprechend dem Wortlaut und Sinn des im Grundbuch Eingetragenen, wie es sich für einen unbefangenen Beobachter als nächstliegende Bedeutung der Gemeinschaftsordnung ergibt.
2. Ist eine Regelung in der Teilungserklärung, die die Kostenverteilung abweichend von § 16 Abs. 2 WEG regeln soll, nicht eindeutig, verbleibt es bei der gesetzlichen Kostenverteilung nach Miteigentumsanteilen.
Auch die Miteigentümer, die über keinen Teileigentumsanteil, verbunden mit einem Garagenabstellplatz, in einem zu einer Mehrhausanlage gehörenden Parkhaus verfügen, sind nach § 16 Abs. 2 WEG zur Tragung von Sanierungskosten für das Parkhaus verpflichtet. Daran ändert eine Bestimmung in der Teilungserklärung nichts, wonach Kosten, die sich ohne Zweifel einzelnen Miteigentümern oder Eigentümergruppen zurechnen lassen und die durch unsachgemäße Behandlung oder durch einen das gewöhnliche Maß übersteigenden Verbrauch, Gebrauch oder aus sonstigen Gründen entstehen, nur diesen belastet werden sollen.
3. Für die Bestimmtheit eines Sonderumlagenbeschlusses ist ausreichend, wenn die Einzelbeträge sich aus dem Gesamtbetrag und dem Verteilungsmaßstab ergeben.
4. Die hilfsweise Anfechtung eines Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung ist wegen Bedingungsfeindlichkeit der Anfechtung unzulässig.
Normenkette
WEG § 10 Abs. 1, § 16 Abs. 2, § 23 Abs. 4, § 28 Abs. 5
Verfahrensgang
LG Darmstadt (Beschluss vom 30.06.2003; Aktenzeichen 19 T 179/02) |
AG Offenbach (Beschluss vom 05.04.2002; Aktenzeichen 41-II 230/01) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des AG Offenbach am Main vom 5.4.2002 - 41-II 230/01 - werden aufgehoben.
Auf die weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Antrag der Antragstellerinnen auf Ungültigerklärung des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung vom 27.9.2001 zu TOP 8a (Sonderumlage) zurückgewiesen.
Die Antragstellerinnen tragen die Gerichtskosten des amtsgerichtlichen Verfahrens und beider Beschwerdeverfahren. Außergerichtliche Kosten werden in allen Instanzen nicht erstattet.
Der Geschäftswert des amtsgerichtlichen Verfahrens wird auf 127.822,97 EUR bis zum 15.1.2002 und danach auf 59.182,04 EUR festgesetzt. Der Geschäftswert für beide Beschwerdeverfahren wird auf 59.182,04 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten streiten sich um Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung zur Sanierung eines Parkhauses für ca. 1.000.000 DM und um die zu deren Finanzierung beschlossene Sonderumlage.
Die Beteiligten sind die Wohnungs- und Teileigentümer der Wohnungseigentumsanlage X in O1. Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus mehreren Gebäuden. Eines dieser Gebäude ist ein Parkhaus mit 71 Stellplätzen, für die in der Teilungserklärung jeweils Teileigentum von 10/10.000 gebildet wurde; außerdem besteht in dem Parkhaus gewerbliches Teileigentum an Räumen. Die Antragstellerinnen haben kein Teileigentum an einem der Parkplätze im Parkhaus.
Neben den Stellplätzen im Parkhaus gibt es noch weitere Stellplätze, für die jedoch lediglich Sondernutzungsrechte gebildet wurden.
Die Teilungserklärung enthält insb. folgende Regelungen:
In Teil B (Gemeinschaftsordnung): (Bl. 72 d.A.) § 7 (1):
"Die Instandhaltung und Instandsetzung der zu dem Sondereigentum gehörenden Räume und Gebäudeteile sowie der dem Sondereigentum etwa zugeordneten Sondernutzungsbereiche sind Angelegenheit des Wohnungseigentümers. (...)"
(Bl.73 d.A.) § 7 (5):
"Soweit sich aus den vorgenannten Absätzen nicht etwas anderes ergibt, obliegt die Instandsetzung und Instandhaltung des Gebäudes und des Grundstücks den Wohnungseigentümern und Teileigentümern gemeinschaftlich. Sie ist vom Verwalter durchzuführen."
(Bl. 76 d.A.) § 11 (1):
"Alle Ausgaben, die das gemeinschaftliche Eigentum und nicht lediglich einzelne Anteilseigner im Zusammenhang mit ihrem Sondereigentum betreffen und von diesen selbst zu tragen sind, werden von den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich grundsätzlich nach dem Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile getragen, soweit nicht nachstehend in dieser Urkunde (...) ein anderer Verteilungsschlüssel vereinbart ist. Gleiches gilt auch für Sonderumlagen und auch für die Ausgaben ordnungsgemäß beschlossener Veränderungen und Neuerungen bezüglich der Wohnanlage. (...)."
(Bl. 77 d.A.) § 11 (3):
"Lasten und Kosten gem. vorgenannter Absätze, die allein den Sondernutzungsberechtigten zugeordnet werden können und sich gesondert erfassen lassen, werden nur von diesen getragen.
Die Kosten für die Einrichtung von Anlagen zur gesonderten Erfassung trägt der jeweilige Eigentümer des Sondernutzungsrechts (z.B. Wasseruhr und Elektrozähler)."
(Bl. 77 d.A.) § 11 (6):
"Kosten, die sich ohne Zweifel einzelnen Miteigentümern oder Eigentümergruppen zuordnen lassen und die durch unsachgemäße Behandlung oder durch einen das gewöhnliche Maß übersteigenden Verbrauch, Gebrauch oder aus sonstigen Gründen entstehen, werden nur diesen bel...