Leitsatz (amtlich)

Bestellt das nach § 65 Abs. 5 FGG zuständige Gericht einen vorläufigen Betreuer, so hat es vor Übersendung des Vorgangs an das nach § 65 Abs. 1 FGG zuständige VormG in der Regel den vorläufigen Betreuer mündlich zu verpflichten und ihm den Betreuerausweis auszuhändigen.

 

Verfahrensgang

AG Marburg (Beschluss vom 30.07.2004; Aktenzeichen 32-XVII 452/04-O)

AG Gießen (Aktenzeichen 235-XVII 652/04-O)

 

Tenor

Das Verfahren ist zunächst vom AG Marburg fortzuführen.

 

Gründe

Der in A wohnhafte Betroffene wurde im Juni 2004 zur Behandlung einer zunehmenden Verwirrtheitssymptomatik in das ...-Krankenhaus in B aufgenommen. Auf Anregung des Krankenhauses bestellte das AG Marburg mit Beschluss vom 11.6.2004 den in B wohnenden Sohn des Betroffenen zum vorläufigen Betreuer und übersandte die Akte sodann dem AG Gießen zur Fortführung des Verfahrens. Das AG Gießen sandte die Akte wegen Unstimmigkeiten bezüglich des Namens des Betroffenen und der Dauer der Betreuerbestellung mit der Bitte um Klarstellung und Verpflichtung des Betreuers unter Erklärung der anschließenden Übernahmebereitschaft zurück. Das AG Marburg berichtigte seinen Beschluss über die Bestellung des vorläufigen Betreuers bezüglich des Namens des Betroffenen und der Dauer der Betreuerbestellung und übersandte die Akte erneut dem AG Gießen.

Das AG Gießen schickte die Akte mit dem Bemerken zurück, die Verpflichtung des Betreuers, die mit der Fertigung des Betreuerausweises einher gehe, falle in die Zuständigkeit des AG Marburg; erst wenn dies erfolgt sei, bestehe Übernahmebereitschaft.

Das AG Marburg hat die Akten dem OLG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

Der Senat ist zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen, da zwischen den AG Marburg und Gießen Streit darüber besteht, welches von ihnen zur weiteren Behandlung der Sache, insb. der noch nicht erfolgten Fertigung und Aushändigung des Betreuerausweises und der Verpflichtung des vorläufigen Betreuers, örtlich zuständig ist (§ 5 Abs. 1 S. 1 FGG).

Das Verfahren ist zunächst vom AG Marburg zur Durchführung dieser Verrichtungen fortzuführen.

Allerdings ist gem. § 65 Abs. 1 FGG dasjenige Gericht für Verrichtungen, die die Betreuung betreffen, zuständig, in dessen Bezirk der Betroffene zu der Zeit, zu der das Gericht mit der Angelegenheit befasst wird, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Besteht eiliger Handlungsbedarf, so sieht § 65 Abs. 5 S. 1 FGG ergänzend neben dem Gericht des gewöhnlichen Aufenthaltes zusätzlich eine Zuständigkeit des Gerichtes vor, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge hervor tritt (vgl. Keidel/Kayser, FGG, 15. Aufl., § 65 Rz. 8). Zu einem derartigen eiligen Handlungsbedarf zählt auch die Notwendigkeit, für den Betroffenen durch einstweilige Anordnung einen vorläufigen Betreuer zu bestellen (§§ 65 Abs. 1 S. 1, 69 ff. GG). Das im Rahmen einer Eilmaßnahme gem. § 65 Abs. 5 FGG tätig gewordene Gericht hat den Vorgang nach Erledigung der durch die Dringlichkeit des Falles gebotenen Aufgabe an das nach § 65 Abs. 1 FGG zuständige VormG zu übersenden, welches das Verfahren fortzuführen hat. Die subsidiäre Zuständigkeit des Eilgerichts nach § 65 Abs. 5 FGG endet, wenn die erforderliche vorläufige Maßnahme getroffen worden ist.

Im vorliegenden Falle hat das AG Marburg zutreffend die Bestellung eines vorläufigen Betreuers als Dringlichkeitsmaßnahme für erforderlich erachtet und deshalb durch Beschluss im Wege der einstweiligen Anordnung einen vorläufigen Betreuer bestellt. Damit ist allerdings die Zuständigkeit des Eilgerichts noch nicht beendet. Zwar wird die Entscheidung über die Bestellung eines vorläufigen Betreuers im Wege der einstweiligen Anordnung gem. § 69 f Abs. 4 S. 1 bereits mit der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle zum Zwecke der Bekanntmachung wirksam. Die Maßnahme der Bestellung eines vorläufigen Betreuers ist jedoch in der Regel erst dann abgeschlossen, wenn dieser gem. § 69b Abs. 1 FGG auch mündlich verpflichtet wurde und ihm der nach § 69b Abs. 2 FGG vorgeschriebene Betreuerausweis ausgehändigt wurde. Dies ist im vorliegenden Falle noch nicht erfolgt und vor Abgabe des Verfahrens zum Zwecke der Fortführung durch das gem. § 65 Abs. 1 FGG zuständige AG Gießen noch von dem AG Marburg zu veranlassen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1235021

FamRZ 2005, 237

FGPrax 2004, 287

BtPrax 2005, 76

OLGR Frankfurt 2004, 400

JWO-FamR 2004, 315

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