Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachehelicher Unterhalt: Verwirkung wegen neuer Beziehung
Normenkette
BGB § 1579 Nr. 2
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des AG - Familiengericht - Kassel vom 22.10.2009 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist gem. § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Das Rechtsmittel bietet keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Zu Recht hat das AG auf die Klage des Klägers den von den Parteien beim AG - Familiengericht - Eschwege am 26.4.2007 geschlossenen Vergleich dahingehend abgeändert, dass der Kläger der Beklagten bereits ab März 2009 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet, und nicht, wie von der Beklagten anerkannt, erst ab Januar 2010.
Die Voraussetzungen für die entsprechende Abänderung des Vergleichs vom 26.4.2007 liegen vor. Insoweit nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang auf die Ausführungen in seinem Hinweisbeschluss vom 10.5.2010 Bezug.
Auch die Einlassung der Beklagten in ihren Schriftsätzen vom 31.5.2010 und 6.8.2010 geben dem Senat keine Veranlassung, von der im vorbezeichneten Beschluss dargelegten Beurteilung der Sach- und Rechtslage abzuweichen.
Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Versagung des Unterhaltsanspruchs nach § 1579 Nr. 2 BGB vor.
Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, es müsse in einer bestimmten Reihenfolge geprüft werden, ob die Voraussetzungen für eine Versagung des Unterhalts nach § 1579 Nr. 2 BGB vorliegen, und hier zunächst insbesondere, ob eine Lebensgemeinschaft von mindestens 2 bis 3 dreijähriger Dauer bestehe, was der Senat nicht beachtet habe, kann dem nicht gefolgt werden.
Da sich dem Wortlaut des § 1579 Nr. 2 BGB nicht entnehmen lässt, ab wann von einer verfestigten Lebensgemeinschaft auszugehen ist, hat die Beurteilung, ob sich eine Lebensgemeinschaft verfestigt hat, nach den Umständen des Einzelfalles zu erfolgen, was schon im Hinblick auf die Vielfalt der denkbaren Lebenssachverhalte geboten ist (Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl. 2010, § 1579 BGB Rz. 12 m.w.N.). Anhaltspunkte, die den Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft i.S.v. § 1579 Nr. 2 BGB nahelegen, sind vor allem ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen oder die Dauer der Verbindung (Palandt/Brudermüller, a.a.O., vgl. auch die Gesetzesbegründung der Neufassung des § 1579 Nr. BGB: BT-Drucks. 16/1830 vom 15.6.2006, S. 21). Es ist zwar zutreffend, dass in der Rechtsprechung als Eckpunkt gilt, dass eine Verfestigung i.S.v. § 1579 Nr. 2 BGB nach spätestens 2 - 3 Jahren anzunehmen ist. Die Beurteilung darf allerdings nicht schematisch erfolgen, eine bestimmte Mindestdauer ist nicht Voraussetzung für eine Verfestigung. Deshalb ist das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft entgegen der offenbar von der Beklagten vertretenen Auffassung nicht ohne weitere Prüfung von vornherein zu verneinen, wenn diese nicht mindestens 2 bis 3 Jahre bestanden hat, weil nach der Rechtsprechung des BGH von einer an die Stelle der Ehe getretenen verfestigten Gemeinschaft stets erst nach diesem Zeitraum ausgegangen werden könne.
Vielmehr kann, je fester die Verbindung nach außer in Erscheinung tritt, eine kürzere Zeitspanne ausreichen, um eine verfestigte Lebensgemeinschaft zu bejahen, wobei dem Umstand, dass die neuen Partner gemeinsamen Wohnzwecken dienendes Immobilieneigentum erwerben oder eine Wohnung anmieten, erhebliche Bedeutung zukommt (vgl. hierzu allgemein: OLG Saarbrücken NJW-RR 2009, 1449 unter II a) der Gründe m.w.N. der Rechtsprechung; OLG Karlsruhe FamRZ 2009, 351 unter II 2) der Gründe; Palandt/Brudermüller, a.a.O., m.w.N. in der Rechtsprechung; bereits im Hinweisbeschluss vom 10.5.2010 zitiert: MK-Maurer, BGB, FamR I, 5. Auf. 2010, § 1579 BGB Rz. 16 m.w.N. in der Rechtsprechung).
Deshalb ist vorliegend das Bestehen einer verfestigten Lebensgemeinschaft i.S.v. § 1579 Nr. 2 BGB der Beklagten mit ihrem neuen Partner spätestens ab März 2009 nicht deshalb zu verneinen, weil die Lebensgemeinschaft bis dahin lediglich 1 ¼ Jahre Bestand hatte. Vielmehr liegen darüber hinaus hinreichende Umstände für das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Beklagten mit ihrem neuen Partner, Herrn X vor, die der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 10.5.2010 aufgezeigt hat.
Hinreichende Umstände für das Vorliegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft der Beklagten mit Herrn X ergeben sich insbesondere daraus, dass dieser zunächst in die Wohnung der Beklagten eingezogen ist und beide sodann in der.. Straße. in Stadt1 gemeinsam eine Wohnung angemietet haben. Hierdurch ist - offenbar...