Entscheidungsstichwort (Thema)
Funktionelle Zuständigkeit der Baukammer gem. § 72 a I Nr. 2 GVG
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Gerichtsstandsbestimmung ist in entsprechender Anwendung von § 36 I Nr. 6 ZPO auch dann zu treffen, wenn sich mehrere Spruchkörper eines Gerichts um ihre Zuständigkeit streiten und die Entscheidung des Kompetenzkonflikts nicht von der Auslegung des Geschäftsverteilungsplans abhängt sondern von einer gesetzlichen Zuständigkeitsregelung (hier: § 72 a Satz 1 Nr. 2 GVG ).
2. Die funktionelle Zuständigkeit einer Baukammer für Streitigkeiten aus Bauverträgen gem. § 72 a Satz 1 Nr. 2 GVG ist gegeben, wenn die vertragstypische Leistung in der Herstellung, Wiederherstellung, Beseitigung oder dem Umbau eines Bauwerks liegt. Dabei können die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Bauwerksbegriff herangezogen werden (hier bejaht für die Konfiguration, Lieferung und Installation eines Batteriespeichers in einem ehemaligen Militärflughafen).
Normenkette
GVG § 72a; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 31.10.2018; Aktenzeichen 2-25 O 260/18) |
Tenor
Die Kammern des Sonderturnus Bau des Landgerichts Frankfurt am Main werden als funktionell zuständige Spruchkörper bestimmt ( § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO analog).
Gründe
I. Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Vertrag zur Konfiguration, Lieferung und Installation einer Batteriespeicheranlage in den "Kleinen Hangar" des ehemaligen Militärflughafens in Stadt1 in Bundesland1.
Die Klägerin ist Anlagenbetreiberin auf dem Markt der erneuerbaren Energien. Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Photovoltaikanlagen, Dachsanierungen und Montagearbeiten anbietet und ausführt.
Nach der Klageschrift liegt dem Rechtsstreit folgender Sachverhalt zu Grunde: Am 04.09.2014 hätten die Parteien den "Generalunternehmervertrag Speicher Gemeinde1" (im Folgenden "GU") vereinbart. Danach sei die Beklagte verpflichtet, der Klägerin eine schlüsselfertige Batteriespeicheranlage zu liefern, in Betrieb zu nehmen und technisch zur Teilnahme am Regelenergiemarkt zu präqualifizieren (§ 3 Abs. 1 des GU). "Batteriespeicher" sei als die zu installierende technische Anlage mit ihren Akkumulatoren, der Verkabelung, den Wechselrichtern und dem Transformator definiert, die auf den im GU-Vertrag genannten Grundstücken und Gebäuden betrieben werde (Begriffsbestimmungen des GU-Vertrages). Die Parteien hätten vereinbart, dass die Beklagte der Klägerin den Projekterfolg schulde (§ 1 Abs. 2 GU). Die Parteien hätten weiter vereinbart, sich nach einem in Anhang 5 beizufügenden Bauzeitenplan zu richten (§ 1 Abs. 4 GU). Sie hätten auch vereinbart, dass der Batteriespeicher sowie alle weiteren zum Einsatz kommenden Komponenten neu seien, die zur rechtmäßigen Installation notwendigen Zertifizierungen erhalten hätten und die Installation gemäß der vorgeschriebenen Industriestandards und Richtlinien erfolge (§ 3 Abs. 2 GU). Die Beklagte habe alle notwendigen Komponenten, Werkzeuge und Betriebsmittel zu stellen und in die von der Klägerin gestellten Räumlichkeiten unterzubringen (§§ 3 Abs. 4, 4 Abs. 2 GU). Die Beklagte habe auch sämtliche Transporte zur Baustelle sowie auf der Baustelle zu übernehmen und dazu sämtliche notwendigen Hebe- und Transportfahrzeuge wie LKW und Gabelstapler zu stellen (§ 3 Abs. 5 GU). Ihre Leistung beinhalte auch die Übertragung und Aushändigung von technischen Dokumenten, Betriebsanleitungen und schematischen Bauplänen (§§ 3 Abs. 10, 7 Abs. 1 GU). Die Abnahme einschließlich eines Testlaufes seien spätestens zum 31.03.2015 vorgesehen (§ 7 Abs. 2 GU).
Am 08./24.04.2015 habe die Klägerin mit dem Verteilnetzbetreiber A AG einen Netzanschlussvertrag für den Anschluss der streitgegenständlichen Batteriespeicheranlage an das Stromnetz geschlossen. In diesem habe sich die Klägerin verpflichtet, die technischen Anschlussbedingungen für den Anschluss an das Mittelspannungsnetz der A AG einzuhalten. Dazu gehöre die Vorlage eines von der BDEW-Richtlinie in Kapitel 6.1 vorgesehenes Einheitenzertifikat für die verbauten Wechsel- bzw. Stromrichter als Verbindungselement zwischen Anlage und Netz.
Die Klägerin habe die Anforderung des Einheitenzertifikats an die Beklagte weitergegeben und die von der Beklagten erhaltenen Unterlagen an die A AG weitergereicht. Die A AG habe diese Unterlagen jedoch nicht für ausreichend gehalten. Ungeachtet dessen habe die A AG den Batteriespeicher im Rahmen der sog. Prototypenregelung vorläufig an das Netz mit der Auflage angeschlossen, dass die Klägerin innerhalb von zwei Jahren das Einheitenzertifikat nachzureichen hat.
Die Beklagte sei der Auffassung gewesen, dass ein Einheitenzertifikat für das streitgegenständliche Batteriespeicherprojekt rechtlich nicht erforderlich sei. Nichtsdestotrotz hätten sich die Parteien am 27.07.2017 geeinigt, dass die Beklagte alles Erforderliche tue, um ein Einheitenzertifikat bis zum 30.06.2018 beizubringen (Anlage 12 zur Klageschrift).
Zur Klärung der rechtlichen Erforderlichkeit eines Einheiten...