Entscheidungsstichwort (Thema)
Squeeze-out: Ermittlung des Unternehmenswerts einer Immobiliengesellschaft im Spruchverfahren
Leitsatz (amtlich)
In Spruchverfahren ist es erforderlich, aber auch genügend, dass der Wert des Unternehmens anhand einer allgemein anerkannten Bewertungsmethode ermittelt wird. Um eine solche handelt es sich bei der Ertragswertmethode. Nach der Ertragswertmethode sind die den Aktionären zukünftig zufließenden Erträge der Gesellschaft zu schätzen und jeweils mit dem Kapitalisierungszins auf den maßgeblichen Bewertungsstichtag abzuzinsen. Sofern vorhanden sind sodann der Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens sowie andere Sonderwerte hinzuzurechnen. Die Anwendung der Ertragswertmethode entspricht auch der nahezu einhelligen gerichtlichen Praxis in Spruchverfahren. Für Immobiliengesellschaften gilt insoweit keine Ausnahme.(Rz. 32)
Normenkette
AktG §§ 150, 304-305; FGG § 22 Abs. 1 S. 1; FGG-RR Art. 111
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 02.09.2010; Aktenzeichen 3-5 O 279/08) |
Tenor
Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 6, 32, 34, 35, 37, 46, 47, 50 und 51 werden zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Vergütung des gemeinsamen Vertreters hat die Antragsgegnerin zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über die Höhe des Ausgleichs nach § 304 AktG und die Höhe der Barabfindung nach § 305 AktG aus einem zwischen der A AG und der Antragsgegnerin bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Die Antragsteller waren Aktionäre der A AG, deren Tätigkeitsschwerpunkt der Erwerb und das Halten von Wohnimmobilien mit Schwerpunkt im B-Gebiet war. Ihr Grundkapital von 28 Mio. Euro war im Jahr 2008 in 28 Mio. auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt.
Die Antragsgegnerin erwarb Anfang 2008 von der früheren Hauptaktionärin der A AG und im Wege eines freiwilligen Übernahmeangebots die Mehrheit der Aktien an der Gesellschaft. Diese gab am 18.3.2008 im Wege einer Ad-Hoc-Mitteilung bekannt, dass im Fall ihrer erfolgreichen Übernahme durch die Antragsgegnerin der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit der Antragsgegnerin vorgesehen sei. Die A AG und die Antragsgegnerin beauftragten die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D (D) mit der Erstellung eines Gutachtens zur Höhe des angemessenen Ausgleichs nach § 304 AktG und der angemessenen Abfindung gem. § 305 AktG.
Am 19.3.2008 bestellte das LG Frankfurt/M. die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft C AG zum sachverständigen Prüfer für die Abfindung und die Ausgleichszahlung. Am 3.4.2008 gab die A AG den Erfolg des freiwilligen Übernahmeangebots bekannt. Am 23.5.2008 hielt die Antragsgegnerin unmittelbar und über eine Tochtergesellschaft 24.740.480 Aktien der A AG. Die restlichen 3.259.520 Aktien wurden von Minderheitsaktionären gehalten.
In dem gemeinsamen Vertragsbericht vom 27.5.2008 wurde auf Grundlage des Gutachtens von D zunächst ein Betrag von 1,72 EUR je Stückaktie, der sich aus dem dreimonatigen durchschnittlichen gewichteten Börsenkurs vor dem Zeitpunkt der Maßnahme ergebe und den nach dem Ertragswertverfahren ermittelten Wert von 1,59 EUR übersteige, als angemessene Abfindung bezeichnet. Im Vertrag wurde sodann jedoch eine Barabfindung von 1,79 EUR je Stückaktie, was dem vorangegangenen freiwilligen Übernahmeangebot entsprach, und als angemessene Ausgleichszahlung ein Betrag von 0,13 EUR brutto (0,10 EUR netto) je Stückaktie bestimmt.
Der sachverständige Prüfer bestätigte in seinem Prüfbericht vom 27.5.2008 (dort S. 57 ff.) die Angemessenheit dieser Abfindung und Ausgleichszahlung. Ebenfalls am 27.5.2008 schlossen die A AG als abhängige Gesellschaft und die Antragsgegnerin als herrschende Gesellschaft den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab. Dieser sah für die außenstehenden Aktionäre der A AG ein Barabfindungsangebot von 1,79 EUR und eine jährliche Ausgleichszahlung von 0,13 EUR brutto (0,10 EUR netto) je Stückaktie vor. Am 8.7.2008 stimmte die Hauptversammlung der A AG dem Vertrag vom 27.5.2008 zu.
Gegen diesen Zustimmungsbeschluss erhoben einige Aktionäre der A AG Klage beim LG Frankfurt/M. (Az. 3-05 O 149/08). Dieser Rechtsstreit endete mit einem am 30.9.2008 geschlossenen Vergleich, dem die Antragsgegnerin beitrat und in dem sie sich verpflichtete, je Stückaktie weitere 0,21 EUR Abfindung zu zahlen (Bl. 829 ff.). Die Eintragung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages in das Handelsregister erfolgte ebenfalls am 30.9.2008. Am 6.10.2008 wurde die Eintragung bekannt gemacht. Nach Einleitung des vorliegenden Spruchverfahrens beschloss die Hauptversammlung der A AG am 18.5.2009 den Ausschluss der Minderheitsaktionäre gegen eine Barabfindung von 2,04 EUR, die sich an dem durchschnittlichen gewichteten dreimonatigen Börsenkurs vor dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Maßnahme orientierte. Der Ausschluss (Squeeze-o...