Entscheidungsstichwort (Thema)
Terminsverlegung trotz Verhinderung des Wahlverteidigers auf Grund einer Terminskollision
Leitsatz (amtlich)
Wird der mit der Sache bisher nicht vertraute Verteidiger erst nach der Terminsladung und relativ kurzfristig vor dem Termin neu mandatiert, ist es dem Angeklagten zuzumuten, sicherzustellen, dass dieser Verteidiger den Termin auch wahrnehmen kann; ebenso wie der Verteidiger bei der Übernahme des Mandats eine offen liegende Terminskollision bedenken muss.
Normenkette
StPO §§ 213, 228 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 14.02.2014; Aktenzeichen 5-11 Ns 15/14) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Angeklagten (§ 473 I StPO) verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht - Strafrichter - Frankfurt am Main verurteilte den - zum damaligen Zeitpunkt nicht verteidigten - Angeklagten am 12.12.2013 wegen unerlaubten Besitzes von Cannabis zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen a 10 € und traf eine Einziehungsentscheidung bezüglich des sichergestellten Betäubungsmittels. Gegen dieses Urteil legte der Angeklagte privatschriftlich form- und fristgerecht Berufung ein. Die Sache wurde dem Berufungsgericht am 28.01.14 vorgelegt. Mit Verfügung vom 30.01.2014 bestimmte der Vorsitzende der Kammer Termin zur Berufungshauptverhandlung auf Donnerstag, den 27.02.2014 11.00 Uhr. Die Terminsladung wurde dem Angeklagten am 05.02.2014 zugestellt. Ausweislich der eingereichten Vollmacht beauftragte er am 11.02.2014 seinen Verteidiger. Dieser beantragte mit Fax vom 12.01.2014, eingegangen am selben Tag, Terminsverlegung, weil er am 27.02.2014 als notwendiger Verteidiger in einem anderen Strafverfahren auftreten müsse. Mit der angegriffenen Verfügung lehnte der Vorsitzende die Terminsverlegung ab. Der dagegen eingelegten Beschwerde des Angeklagten half er nicht ab.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Terminsverlegung ist ausnahmsweise zulässig, weil dadurch auch das Recht des Angeklagten berührt ist, sich in der Berufungshauptverhandlung von dem Verteidiger seines Vertrauens vertreten zu lassen (Senat, StV 1995, 9 mwN). In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Die Terminierung ist Sache des Vorsitzenden (§ 213 StPO). Sie unterliegt seinem pflichtgemäßen Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminsplanung, der Gesamtbelastung des Spruchkörpers, des Gebots der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen aller Prozessbeteiligten, namentlich dasjenige des Angeklagten an einer effektiven Verteidigung durch einen Rechtsanwalt seines Vertrauens (st. Rspr. vgl. zuletzt Senat, Beschl. v 08.11.2013 - 1121/13 mzwN). Zu berücksichtigen ist ferner, ob dem Verurteilten auf Grund rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten oder auf Grund der Bedeutung der Sache die Wahrnehmung des Termins ohne seinen Verteidiger unzumutbar ist und das Verlegungsgesuch rechtzeitig gestellt und auf gewichtige Gründe gestützt ist (vgl. Senat, Beschl. v. 30.06.20108 - 3 Ws 528/08). Gleiches gilt für die Zurückweisung eines die Terminierung betreffenden Antrags, der mit der Verhinderung des Verteidigers begründet wird (Senat, Beschl. v. 13.09.2013 - 3 Ws 917/13 - st. Rspr.; BGHR StPO § 213 Ermessen 1; BGH, NStZ 2006, 513; 1998, 311).
Vorliegen ist ein Ermessensfehler nicht erkennbar. Ein Fall notwendiger Verteidigung liegt nicht vor, insbesondere ist die Sache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht schwierig. Die Bedeutung der Sache ist mit Blick auf den verhältnismäßig geringfügigen Vorwurf und die Höhe der verhängten Strafe relativ gering. Dem Angeklagten, der sich in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht selbst verteidigte und namentlich selbst Zeugen befragte, ist es auch grundsätzlich zumutbar, sich selbst zu verteidigen. Allerdings ist die Verhinderung des gewählten Verteidigers auf Grund anderweiter Pflichtverteidigung ein gewichtiger Grund, der in die Abwägung mit einzustellen ist. Mit Blick darauf, dass der mit der Sache bisher nicht vertraute Verteidiger erst nach der Terminsladung und relativ kurzfristig vor dem Termin neu mandatiert wurde, war dem Angeklagten indes zuzumuten, sicherzustellen, dass dieser Verteidiger den Termin auch wahrnehmen kann; ebenso wie der Verteidiger bei der Übernahme des Mandats die offen liegende Terminskollision hätte bedenken müssen (vgl. Senat, Beschl. vom25.01.2011 - 3 Ws 74-75/11; OLG Stuttgart, Justiz 2066, 8 0 juris Rn 17). Wenn der Vorsitzende - wie in der Nichtabhilfeentscheidung geschehen - in dieser Situation der ordnungsgemäßen und vor allem zügigen Erledigung des Verfahrens wie auch der Gesamtbelastung der Kammer den Vorrang vor dem Recht des Angeklagten, sich von einem Verteidiger seiner Wahl vertreten zu lassen, gibt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Der Senat hat in diesem Zusammenhang keinen Anlass, die unmissverständliche Feststellung des Kammervorsitzenden in der Nichtabhilfeentscheidung, auf Grund der Belastung der Kammer seien Termine erst wieder im Mai frei, auf Grund des Beschwerdevorbringens in Zweifel ...