Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermittlung der Auseinandersetzung des Nachlasses. Nachlassauseinandersetzung
Leitsatz (redaktionell)
Ist in Antrag auf Vermittlung der Auseinandersetzung vom Berechtigten formgemäß gestellt, so darf er nur abgelehnt werden, wenn aus Rechtsgründen die Erreichung des mit dem Verfahren bezweckten Erfolges ausgeschlossen ist.
Normenkette
FGG § 86
Verfahrensgang
LG Fulda (Beschluss vom 04.06.1993; Aktenzeichen 3 T 96/93) |
AG Bad Hersfeld (Beschluss vom 28.04.1993; Aktenzeichen VI L 88/76) |
Tenor
Der angefochtene Beschluß und der Beschluß des Rechtspflegers bei dem Amtsgericht Bad Hersfeld vom 28. April 1993 werden aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des landgerichtlichen Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde, an das Amtsgericht Bad Hersfeld zurück verwiesen.
Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde und der des landgerichtlichen Beschwerdeverfahrens beträgt 5.000 DM.
Gründe
Die Beteiligten zu 1) und 2) sind eheliche Kinder des Erblassers und seiner im Jahre 1968 vorverstorbenen Ehefrau … Die Eheleute … hatten durch notariell beurkundetes gemeinschaftliches Testament vom 20.10.1962 sich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt und weiter bestimmt, daß der Längstelebende von den Beteiligten zu 1) und 2) zu je 1/2 Anteil des Nachlasses beerbt wird. Zu dem Nachlaß gehören zwei Grundstücke in … von denen eines mit einem Wohnhaus bebaut ist. Die Beteiligten zu 1) und 2) sind nach dem Tode des Erblassers im Jahre 1973 auf Grund des Testaments vom 20.10.1962 und des Eröffnungsprotokolls des Amtsgerichts Bad Hersfeld vom 7.11.1968 im Grundbuch als Eigentümer des Grundbesitzes in ungeteilter Erbengemeinschaft eingetragen worden.
Am 23.10.1992 hat das Amtsgericht – Vormundschaftsgericht – in Bad Hersfeld für die im Jahre 1914 geborene Beteiligte zu 1) eine Betreuerin für die Aufgabenkreise „Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung und Vermögenssorge” bestellt. Die Beteiligte zu 1) hatte bis etwa Anfang 1992 in dem vom Vater der Beteiligten ererbten Haus – zuletzt zusammen mit ihrer Betreuerin – gelebt. Seitdem wohnt sie bei ihrer Betreuerin im Haus deren Sohnes, nachdem es zwischen ihr und den anderen Hausbewohnern – einer Nichte der Beteiligten und ihrem Freund – zu erheblichen Streitigkeiten gekommen war.
Im Januar 1993 fragte die Beteiligte zu 1) bei ihrer Schwester – der Beteiligten zu 2) – an, ob diese damit einverstanden sei, daß sie – die Beteiligte zu 1) – die beiden Grundstück gegen Herauszahlung der Hälfte des Wertes an die Beteiligte zu 2) als Alleineigentümerin übernehme. Die Beteiligte zu 2), lehnte dies ab und schlug einen freihändigen Verkauf der beiden Grundstücke zum Zweck der Erbauseinandersetzung vor. Auf ihren kurz darauf gestellten Antrag ordnete das Amtsgericht Bad Hersfeld die Zwangsversteigerung des Grundbesitzes zum Zweck der Aufhebung der Gemeinschaft an.
Unter dem 16.2.1993 hat die Beteiligte zu 1) beantragt, nach §§ 86 ff. FGG die gerichtliche Auseinandersetzung des Nachlasses zu vermitteln. Sie hat vorgetragen, sie möchte zusammen mit ihrer Betreuerin wieder in das der Erbengemeinschaft gehörende Haus zurückkehren. Sie sei bereit, den Grundbesitz allein zu übernehmen gegen Zahlung der Hälfte des Wertes an die Beteiligte zu 2). Auf eine entsprechende Vereinbarung zwischen den beiden Beteiligten möge das Gericht hinwirken. Die Beteiligte zu 2) ist dem Antrag entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, beide Beteiligten hätten bereits im Herbst 1991 privat schriftlich vereinbart, den ererbten Grundbesitz zum Zweck der Aufhebung der Gemeinschaft freihändig zu verkaufen und, den Erlös zu teilen. Sie habe daraufhin schon ein Wertermittlungsgutachten eingeholt. Wirtschaftlich sinnvoll sei nach wie vor ein freihändiger Verkauf. Eine Übernahme des Grundbesitzes durch die Beteiligte zu 1) komme deshalb nicht in Betracht, weil diese wegen ihrer körperlichen und geistigen Behinderung den Grundbesitz weder selbständig verwalten noch nutzen könne. Offenbar sei allein die Betreuerin der Beteiligten zu 1) daran interessiert, an den Grundbesitz zu gelangen.
Der Rechtspfleger des Nachlaßgerichts hat durch seinen ohne mündliche Verhandlung gefaßten Beschluß vom 28.4.1993 ausgesprochen, die Entscheidung über den Antrag vom 16.2.1993 werde bis zum rechtskräftigen Abschluß des Zwangsversteigerungsverfahrens zwecks Aufhebung der Gemeinschaft zurückgestellt. Der gegen diesen Beschluß gerichteten Erinnerung haben der Rechtspfleger und der Nachlaßrichter nicht abgeholfen. Das Landgericht hat nach Vorlage der Sache die Beschwerd als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sieh die mit Anwaltsschriftsatz vom 16.6.1993 eingelegte weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1).
Die an keine Frist gebundene weitere Beschwerde ist statthaft (§ 27 Abs. 1 FGG) sowie formgerecht (§ 29 Abs. 1 Satz 2 FGG) eingelegt. Das auch sonst zulässige Rechtsmittel ist begründet. Es führt zur Aufhebung der Vorentsch...