Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf Bestellung eines Nachlaßpflegers. Nachlasspflegschaft
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage der örtlichen Zustängigkeit bei der Bestellung eines Nachlassplegers.
Normenkette
FGG § 73
Verfahrensgang
AG Weilburg (Entscheidung vom 26.07.1993; Aktenzeichen 6 AR 16/93) |
AG Köln (Aktenzeichen 31 VI 299/93) |
Tenor
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht Köln.
Gründe
Die antragstellende Bundesrepublik Deutschland baut eine Ölfernleitung. Diese soll auch durch ein Grundstück führen, das im Grundbuch des Amtsgerichts Weilburg von Probbach eingetragen ist. Die Antragstellerin möchte, daß die Grundstückseigentümer zu Lasten des Grundstücks die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (Leitungsrecht) bewilligen. Von den vier im Grundbuch als Miteigentümern eingetragenen Personen sind nach den von der Antragstellerin vorgelegten Fotokopien aus dem Sterbebuch des Standesamts in Köln zwei verstorben, und zwar beide an ihrem letzten Wohnsitz in Köln, die eine im März 1983, die andere im August 1985.
Unter dem 6.4.1993 hat die Antragstellerin bei dem Amtsgericht Weilburg beantragt, Nachlaßpflegschaft nach den beiden Verstorbenen anzuordnen. Dazu hat sie vorgetragen, ihre Ermittlungen bei Nachlaßgerichten und Einwohnermeldeämtern hätten nicht zur Feststellung der Erben der beiden Verstorbenen geführt. Das angerufene Amtsgericht hat durch Verfügung vom 28.4.1993 die Sache zuständigkeitshalber an das Amtsgericht – Nachlaßgericht – in Köln unter Hinweis auf § 73 FGG abgegeben. Das Amtsgericht Köln hat die Übernahme des Verfahrens mit der Begründung abgelehnt, es sei sinnvoller und sachdienlicher, daß die Nachlaßpflegschaft von dem nach § 74 FGG zuständigen Amtsgericht Weilburg angeordnet werde. Das Amtsgericht Weilburg hat mit Verfügung vom 26.7.1993 die Akten gemäß § 5 FGG dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist für die Entscheidung zuständig (§ 5 Abs. 1 Satz 1 FGG). Zuerst mit der Sache befaßt war ein hessisches Amtsgericht, so daß an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Oberlandesgericht Frankfurt am Main tritt (vgl. Bassenge/Herbst FGG/RPflG 6. Aufl. FGG § 5 Anm. 2 a).
Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 5 FGG sind gegeben. Jedes der beiden Amtsgerichte, von denen eines das für die Entscheidung über den Antrag vom 6.4.1993 auf Bestellung eines Nachlaßpflegers (§ 1961 BGB) zuständige Gericht ist (§§ 73 Abs. 1, 74 Satz 1 FGG), erachtet nicht sich, sondern jeweils das andere für örtlich zuständig, ohne daß eines von ihnen durch seinen Vorgriff die Zuständigkeit des anderen für die Bescheidung des Antrags der Antragstellerin gemäß § 4 FGG ausgeschlossen hat (vgl. BayObLG FamRZ 1993, 368; Bassenge/Herbst aaO FGG § 5 Anm. 1 a aa).
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht – Nachlaßgericht – Köln.
Nach § 73 Abs. 1 FGG bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit eines Amtsgerichts als Nachlaßgericht in erster Linie nach dem Wohnsitz, den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte. Das ist hier Köln. Für den Nachlaß sichernde Maßnahmen ist nach § 74 Satz 1 FGG außer dem nach § 73 FGG zuständigen Nachlaßgericht jedes Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk das Bedürfnis der Fürsorge hervortritt, jedoch unter Beschränkung auf die in seinem Bezirk wahrzunehmenden Angelegenheiten. Die Frage, ob zu den Sicherungsmaßnahmen, die das nach § 74 FGG zuständige Amtsgericht treffen kann, auch die hier in Rede stehende Anordnung einer Nachlaßpflegschaft auf Antrag eines Nachlaßgläubigers nach § 1961 BGB gehört, ist umstritten. Von einem Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums wird sie mit der Begründung verneint, diese Pflegschaft diene nicht, wie § 74 FGG es erfordert, der Sicherung des Nachlasses, und ob ein Fürsorgebedürfnis für sie besteht, sei unerheblich (OLG Rostock OLGE 2, 474; Jansen FGG 2. Aufl. § 74 Rn. 5; Keidel/Winkler FGG Teil A 13. Aufl. § 74 Rn. 2; Bassenge/Herbst aaO FGG § 74 Anm. 1; Pikart/Henn Lehrbuch der Freiwilligen Gerichtsbarkeit 1963 S. 312). Von einem anderen Teil der Rechtsprechung und des Schrifttums wird sie mit der Begründung bejaht, daß auch die Bestellung des Nachlaßpfleger gemäß § 1961 BGB grundsätzlich stets zugleich der Sicherung des Nachlasses diene und damit auch ein Interesse der Erben an der Einleitung der Pflegschaft begründe (OLG Düsseldorf JMBl NRW 1954, 83; Soergel/Stein BGB 12. Aufl. § 1961 Rn. 1, 2; Leipold in MüchKomm BGB 2. Aufl. § 1961 Rn. 2; Schlegelberger FGG 6. Aufl. § 74 Rn. 6).
Welcher der beiden dargelegten Meinungen der Vorzug zu geben ist, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Denn der Streitfall ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, daß hier zunächst nur die Mitwirkung von unbekannten Erben bei der Belastung eines Grundstücks mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit in Frage steht, von dem Miteigentumsanteile zu den Nachlässen gehören. Die Antragstellerin hat anders als in den von der Rechtsprechung und dem...