Leitsatz (amtlich)

1. Ein Ausschluss des Umgangs durch Beschluss des Familiengerichts ist dann nicht erforderlich im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, wenn der betroffene Elternteil - für das Gericht nachvollziehbar und überzeugend - einen Umgang während der Dauer einer Therapie des Kindes ohnehin nicht ausüben will und einen künftigen Umgang unter anderem von den Fortschritten während der Therapie abhängig macht.

2. Das Familiengericht kann auch von der Erhebung einzelner Positionen innerhalb der Gerichtskosten (hier: Sachverständigenkosten i.H.v. rund 13.000,- Euro) absehen. Im Rahmen der Ermessensprüfung des § 81 FamFG ist - entsprechend § 20 FamGKG - in diesem Zusammenhang auch das Kriterium der unrichtigen Sachbehandlung (hier: Verfahrensverzögerungen und eine im Wesentlichen fehlende Verwertung des Gutachtens durch das Gericht) beachtlich.

 

Tenor

I. Der angefochtene Beschluss wird abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass es einer familiengerichtlichen Regelung des Umgangs nicht bedarf.

2. Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden nicht erhoben, soweit es sich um die Kosten für das Sachverständigengutachten vom 28.3.2013 und dessen Erläuterung im Termin am 19.5.2014 handelt. Die weiter gehenden Gerichtskosten sind von den weiteren Beteiligten zu 1. und 2. je zur Hälfte zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

II. Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Das Verfahren betrifft den Umgang des Vaters mit seinen inzwischen 12 und 10 Jahre alten Söhnen, die ehelich geboren worden sind. Die Eltern leben seit dem 14.11.2011 getrennt. Am 21.10.2011 schlossen die Beteiligten im Rahmen des Verfahrens 403 F 3348/11 EAUG eine Vereinbarung, in welchem sich die Eltern unter anderem darauf einigten, dass die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt vorläufig bei der Mutter habe, der Vater sich bestimmten Orten, an denen sich die Kinder regelmäßig aufhalten, nicht aufsucht und zunächst ein begleiteter Umgang stattfindet. Eine gerichtliche Billigung dieser Vereinbarung erfolgte nicht. Ein Umgang des Vaters mit seinen Söhnen fand in der Folge nicht statt. Unter dem 09.2.2012 stellte der Vater den "Antrag", seinen Umgang mit beiden Söhnen in der Weise familiengerichtlich zu regeln, dass dieser unter anderem alle zwei Wochen in der Zeit von freitags 18.00 Uhr bis sonntags 19.00 Uhr stattfindet. Das AG führte am 13.3.2012 einen Termin durch und hörte die Eltern persönlich an. Mit Beschluss vom selben Tage erließ es einen Beweisbeschluss und ordnete die Einholung eines Sachverständigengutachtens an. Ein gegen den Sachverständigen gerichtetes Befangenheitsgesuch der Mutter wies das AG mit Beschluss vom 08.8.2012 zurück. Die sofortige Beschwerde der Mutter blieb ohne Erfolg (Senatsbeschluss vom 06.9.2012, 1 WF 248/12). Nachdem sich die Erstattung des Gutachtens in der Folge erheblich verzögerte und der Vater immer wieder um Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens nachgesucht hatte, wurde das Gutachten schließlich unter dem 28.3.2013 erstattet. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, dass ein "normaler" Umgang derzeit in keinem Fall umsetzbar sei. "Mittel der Wahl" sei ein begleiteter Umgang. Hauptschwierigkeit bei dessen Umsetzung sei die Mutter, die nicht in der Lage sei, einen geregelten Umgang des Vaters zuzulassen. Zwei Wege seien aus Sicht des Gutachters möglich: Zum einen (unter anderem) eine Auflage betreffend eine Therapie der Kinder und Auflage an die Mutter sowie ein Entzug des Sorgerechts betreffend die Regelung des Umgangs, wobei dieses Szenario eine geringe Erfolgsaussicht habe. Zum anderen eine externe Unterbringung der Kinder, was auch mit Blick auf die hierdurch entstehenden Nachteile für das Kindeswohl empfohlen werde, da ansonsten eine weitere Schädigung der Kinder durch die eingeschränkte Erziehungsfähigkeit der Mutter zu befürchten sei. Das AG beraumte einen Termin auf den 03.5.2013 an, der zunächst auf den 23.5.2013 verlegt und dann mit Verfügung vom 17.5.2013 aufgehoben wurde. Ein erneutes Befangenheitsgesuch der Mutter gegen den Sachverständigen wies das AG mit Beschluss vom 05.7.2013 zurück. Die sofortige Beschwerde der Mutter erachtete der Senat mit Beschluss vom 11.09.2013 (Az. 1 WF 159/13) als unbegründet. Am 18.10.2013 beraumte das AG Termin zur Anhörung auf den 10.1.2014 an. Auf Antrag der Mutter wurde der Sachverständige zum Termin geladen. Der Termin wurde sodann mehrfach verlegt. Schließlich fand der Termin am 19.5.2014 statt. In dem Termin schlossen die Beteiligten eine Zwischenvereinbarung mit dem Inhalt, dass begleiteter Umgang stattfinden soll. Im selben Termin beraumte es einen Termin zur persönlichen Anhörung der Kinder auf den 12.6.2014 und "Termin zur Verkündung einer Entscheidung" auf den 16.7.2014 an. Beide Kinder wurden vom AG am 12.6.2014 (einzeln) persönlich und in Anwesenheit der Verfahrensbeis...

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