Leitsatz (amtlich)
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschränkt sich die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners auf den Diffenrenzbetrag zwischen pfändungsfreiem Betrag und dem Selbstbehalt.
Verfahrensgang
AG Seligenstadt (Beschluss vom 27.06.2002; Aktenzeichen 2 F 218/00 S) |
Tenor
Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ihre Berufung gegen das am 27.6.2002 verkündete Verbundurteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Seligenstadt wird zurückgewiesen.
Dem Antragsgegner wird zur Verteidigung gegen die Berufung Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm Rechtsanwältin X. in Y. beigeordnet.
Tatbestand
Mit dem angefochtenen Verbundurteil ist die Ehe der Parteien geschieden, die Folgesachen Sorgerecht und Versorgungsausgleich geregelt und der Antragsteller zur Zahlung von monatlich 115,91 EUR Krankenvorsorgeunterhalt ab Rechtskraft der Scheidung verurteilt worden. Die weitergehende, auf insgesamt 1.200,– DM Elementarunterhalt und 315,89 DM Krankenvorsorgeunterhalt gerichtete Klage hat das Amtsgericht mangels Leistungsfähigkeit des Antragstellers abgewiesen.
Gegen Letzteres richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin, mit der sie die Feststellung des Amtsgerichts zur Höhe des verfügbaren Einkommens des Antragstellers angreift.
Entscheidungsgründe
Die von ihr hierfür beantragte Prozesskostenhilfe kann ihr mangels hinreichender Erfolgsaussicht ihrer Rechtsverfolgung (§ 114 ZPO) nicht bewilligt werden.
Die Antragsgegnerin möchte dem festgestellten Einkommen des Antragstellers aus seiner Vergütung als Berufssoldat bei der Bundeswehr weitere 200,– DM hinzurechnen, und zwar aus dem Gesichtspunkt einer fiktiven Verzinsung eines früher erzielten Verkaufserlöses aus der Veräußerung einer Eigentumswohnung. Bei verzinslicher Anlage und unter Berücksichtigung einer fiktiven Versteuerung von rund einem Drittel ergäbe dies den angegebenen Betrag. Eine entsprechende Hinzurechnung sei bereits in verschiedenen Vorverfahren betreffend Kindes- und Trennungsunterhalt der Parteien erfolgt.
Damit kann sie keinen Erfolg haben. Inzwischen ist, wie belegt und auch unstreitig, über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden, betrieben von der Volksbank Rheinböllen wegen einer überschuldeten Immobilie der Parteien. Soweit die Antragsgegnerin gegen die Berücksichtigungsfähigkeit dieses Umstandes einwendet, der Antragsteller habe den wirtschaftlichen Niedergang bewusst herbeigeführt, um ihre Unterhaltsansprüche zu verkürzen, kann sie damit aller Voraussicht nach nicht durchdringen. Es handelt sich um eine Vermutung ohne verifizierbare Anhaltspunkte.
Aus der zur Unterakte UE des erstinstanzlichen Verfahrens, dort Blatt 54, gereichten Bestätigung der Besoldungsstelle des Antragsstellers, der Wehrbereichsverwaltung Süd, vom 18.4.2002 ist ersichtlich, dass durch Beschluss des Amtsgerichts F. vom 9.3.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt XYZ. in F. zum Treuhänder bestimmt worden ist. Diesem gegenüber hat die Wehrbereichsverwaltung mit dem genannten Schreiben die pfändbaren Bestandteile der Vergütung des Antragstellers unter Berücksichtigung von drei unterhaltsberechtigten Personen (Ehefrau und 2 Kinder) mit 117,– EUR festgestellt und führt sie seither an den Treuhänder ab. Unter diesen Umständen hätten etwa noch vorhandene Bestandteile aus dem früher erzielten Hauserlös keine Auswirkungen auf die Höhe des für Unterhaltszwecke verfügbaren Einkommens des Antragstellers, da sie in die Insolvenzmasse fielen. Der Antragsteller könnte ein derartiges etwa noch vorhandenes Vermögen nur dann für sich und damit auch für die Unterhaltsgläubiger verwenden, wenn es ihm gelänge, dieses gegen gesetzliche Vorschriften vor dem Treuhänder zu verbergen. Ein derartiges Verhalten kann ihm nicht angesonnen werden, sodass es darauf, ob noch etwaige Teile dieses Vermögens vorhanden sind oder bei sparsamer Verwendung noch als fiktiv vorhanden angesehen werden müssten, nicht ankommt.
Aus denselben Erwägungen heraus können fiktive Einkommenserhöhungen aus der Durchführung des steuerlichen Realsplittings und Eintragung eines Freibetrages in der Lohnsteuerkarte entgegen der Beurteilung des Amtsgerichts nicht einkommenserhöhend angesetzt werden. Denn eine entsprechende Erhöhung hätte, wie von dem deswegen um Stellungnahme gebetenen Treuhänder ausdrücklich bestätigt, lediglich eine Erhöhung des an ihn abzuführenden Betrages zur Folge und keine Auswirkungen auf die Höhe des pfändungsfreien und damit für Unterhaltszwecke verfügbaren Betrages. Dieser beträgt nach § 850 c ZPO bei drei unterhaltsberechtigten Personen monatlich (930,– Grundfreibetrag plus 350,– + 195,– + 195,– =) 1.670,– EUR. Dass der als pfändbar abgeführte Betrag von 117,– EUR monatlich nicht deckungsgleich ist mit dem Differenzbetrag zwischen dem vom Amtsgericht unbeanstandet festgestellten Einkommen von monatlich (3.852,– DM =) 1.969,– EUR und dem Pfändungsfreibetrag von 1.670,– EUR, der 299,– EUR monatlich beträgt, erklärt sich daraus, d...