Leitsatz (amtlich)

  • 1.

    Bei der Arrestanordnung muss noch nicht entschieden werden, ob die Ansprüche des Staates oder wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 73 I 2 StGB die Ansprüche des Verletzten zu sichern sind.

  • 2.

    Ob eine Anordnung des dinglichen Arrestes selbst dann erfolgen kann, wenn zu sichernde Ansprüche des Staates nicht in Betracht kommen und die Anordnung allein dazu dient, im Wege der Rückgewinnungshilfe die Durchsetzung zivilrechtlicher Forderungen der Geschädigten zu erleichtern, kann offen bleiben. Jedenfalls kann ein dinglicher Arrest zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe dann angeordnet werden, wenn ohne diese Sicherungsmaßnahmen die Gefahr besteht, dass die Geschädigten ihre Ersatzansprüche nicht mehr erfolgreich geltend machen können.

  • 3.

    Die Vereitelung oder wesentliche Erschwerung der Vollstreckung ist schon dann zu besorgen, wenn der Angeklagte nach den bisherigen Erkenntnissen sich Vermögensvorteile durch Straftaten verschafft hat. Auch eine unklare Vermögenslage beim Angeklagten kann bereits einen Arrestgrund bilden.

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 07.01.2005; Aktenzeichen 5-30 KLs 750 Js 17999/00)

 

Gründe

I.

Dem Angeklagten wird durch die Anklageschrift vom 08.11.2004 zur Last gelegt, in zehn Fällen unbefugt die Berufsbezeichnung Rechtsanwalt geführt und in acht Fällen tateinheitlich hierzu Zahlungen der Geschädigten in Höhe des in der Beschlußformel genannten Betrages betrügerisch erlangt zu haben. Das Landgericht hat auf der Grundlage dieses Vorwurfs am 03.01.2005 einen internationalen Haftbefehl gegen den Angeklagten erlassen. Den Antrag der Staatsanwaltschaft, zur Sicherung von Ansprüchen der Geschädigten (Rückgewinnungshilfe) den dinglichen Arrest in das Vermögen des Angeklagten anzuordnen, hat das Landgericht mit Beschluß vom 07.01.2005 zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, der Zweck des Strafverfahrens sei nicht auf die Durchsetzung zivilrechtlicher Forderungen gerichtet, so daß die Anordnung eines dinglichen Arrests jedenfalls dann zu unterbleiben habe, wenn letzterer sich von seiner Intention her allein hierauf beschränke. Daß die Geschädigten die Sicherung ihrer möglichen Ansprüche zivilrechtlich nicht oder zumindest nicht rechtzeitig hätten durchsetzen oder sichern können, sei nach Aktenlage nicht ersichtlich. Im übrigen komme angesichts der Tatzeiten eine Verjährung möglicher zivilrechtlicher Ansprüche in Betracht.

Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde hat die Staatsanwaltschaft den Antrag verbunden, der dingliche Arrest solle entweder - wie bereits zuvor beantragt - zum Zwecke der Rückgewinnungshilfe oder aber zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz angeordnet werden. Die Strafkammer hat der Beschwerde durch Beschluß vom 12.01.2005 nicht abgeholfen. Ebenfalls am 12.01.2005 ist der Angeklagte in der Schweiz festgenommen worden. Bei seiner Festnahme sind Wertgegenstände in erheblichem Umfang, darunter auch größere Mengen an Bargeld sichergestellt worden.

Die Staatsanwaltschaft bei dem Oberlandesgericht hat auf einen Hinweis des Senats die Beschwerde teilweise zurückgenommen und erklärt, die Anordnung des dinglichen Arrests werde nur hinsichtlich des sich aus der Anklageschrift ergebenden Betrages von 211.097,08 EUR beantragt.

II.

Die Beschwerde ist - selbst wenn die Kammer inzwischen das Hauptverfahren eröffnet haben sollte - zulässig (§§ 304, 305 Satz 2 StPO) und hat in der Sache Erfolg.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung eines dinglichen Arrests liegen vor, so daß dieser von dem Senat als Beschwerdegericht anzuordnen ist (§ 309 Abs. 2 StPO).

Gemäß § 111 b Abs. 2 StPO kann der dingliche Arrest nach § 111 d StPO zur Sicherung angeordnet werden, wenn Gründe für die Annahme vorhanden sind, daß die Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz oder der Einziehung von Wertersatz vorliegen. Grundsätzlich käme hier der Wertersatzverfall gemäß § 73 a StGB in Betracht. Unter Zugrundelegung des Anklagevorwurfs ist davon auszugehen, daß der Angeklagte durch die ihm zur Last gelegten Betrugstaten Geldbeträge in beträchtlicher Höhe erlangt hat, die indes wegen der Beschaffenheit des Erlangten - da von einer Vermischung mit dem übrigen Vermögen auszugehen ist - nicht gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB für verfallen erklärt werden können, so daß der Verfall eines dem Wert des Erlangten entsprechenden Geldbetrages anzuordnen wäre (§ 73 a StGB).

Wie das Landgericht jedoch zutreffend ausgeführt hat, spricht nach derzeitigem Sachstand einiges dafür, daß einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz die Regelung des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegensteht. Danach ist die Anordnung des Verfalls - und dementsprechend auch die Anordnung des Wertersatzverfalls - ausgeschlossen, wenn dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter den Wert des aus der Tat Erlangten entziehen würde. Hierdurch soll zum einen der Angeklagte vor einer doppelten Inanspruchnahme, andererseits der Geschädigte vor einem Entzug der Ersatzmöglic...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge