Entscheidungsstichwort (Thema)
Bekanntheitsschutz einer als Marke eingetragenen Karosserieform; Gericht der Hauptsache bei anhängiger negativer Feststellungsklage
Leitsatz (amtlich)
1. Die Wiedergabe einer bekannten, als Marke geschützten Fahrzeugkarosserie auf einem Aufkleber - auch in abgewandelter Form - stellt in der Regel eine unlautere Ausnutzung des Rufs dieser Marke dar.
2. Als Gericht der Hauptsache, das nach § 937 ZPO für einen Eilantrag ausschließlich zuständig ist, ist nicht das Gericht anzusehen, bei dem die spiegelbildliche negative Feststellungsklage anhängig ist (Änderung der Senatsrechtsprechung).
Normenkette
EGV 2868/95 Art. 9 Abs. 1 Buchst. b; ZPO § 937
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 27.06.2012; Aktenzeichen 3-8 O 74/12) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse des Antragsgegners.
Gründe
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Nachdem beide Parteien das Eilverfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten gem. § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Maßgebend ist der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang, also die Frage, wer bei einer Fortsetzung des Verfahrens voraussichtlich obsiegt hätte.
Obsiegende Partei wäre aller Voraussicht nach die Antragstellerin gewesen, da ihr Eilantrag zulässig und begründet war.
Der Eilantrag war zulässig, er wurde insbesondere bei einem örtlich zuständigen Gericht erhoben. Die beim LG Kiel zum Zeitpunkt der Einleitung des Eilverfahrens anhängige negative Feststellungsklage führte nicht dazu, dass dieses als Gericht der Hauptsache gem. § 937 Abs. 1 ZPO allein örtlich zuständig geworden wäre. Hauptsache im Sinne dieser Vorschrift ist nur die auf Unterlassung gerichtete Leistungsklage, nicht aber die negative Feststellungsklage. Es handelt sich um zwei verschiedene Streitgegenstände, weil das Rechtsschutzziel der Leistungsklage über den Streitgegenstand der Feststellungsklage hinausgeht (BGH, Urt. v. 7.7.1994 - I ZR 30/92, Rz. 22 bei Juris - Parallelverfahren II). Der Zweck des § 937 ZPO, sich widerstrebende Entscheidungen zu vermeiden, rechtfertigt es jedenfalls nicht, auch die negative Feststellungsklage als Hauptsache zu behandeln, da es den Verletzten in jedem Fall unbenommen bleibt, Leistungsklage vor einem anderen, nach § 14 Abs. 2 UWG zuständigen Gericht zu erheben; er kann nicht darauf verwiesen werden, diese als Widerklage in dem Feststellungsverfahren zu erheben (BGH, a.a.O., Rz. 26). Die gegenteilige Auffassung würde zu einer nicht hinnehmbaren Verkürzung der Rechte des Verletzten und einer gleichfalls nicht zu rechtfertigenden Besserstellung des Verletzers führen, da Letzterer es in der Hand hätte, den ihm genehmen Gerichtsstand sofort nach der Abmahnung durch die Erhebung einer negativen Feststellungsklage festzulegen (BGH, a.a.O., Rz. 26). Diese Erwägung gilt in gleicher Weise für die Einleitung des Eilverfahrens (so die nunmehr herrschende Meinung, OLG Köln, GRUR-RR 2012, 288; OLG Hamburg GRUR 2001, 361; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren 10. Aufl., Kapitel 54 Rz. 3; Köhler/Bornkamm, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 31. Aufl., § 12 Rz. 3.3). Der Senat hält an seinem früher vertretenen gegenteiligen Standpunkt (Beschl. v. 12.9.1995 - 6 W 78/95 = WRP 1996, 27; Beschl. v. 6.3.1997 - 6 W 1/97 = GRUR 1997, 485) nicht mehr fest.
Der Verfügungsgrund der Dringlichkeit gem. §§ 935, 940 ZPO ist gegeben. Aus der Nichtanwendbarkeit des § 12 UWG im Markenrecht folgt nicht, dass an die Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes wesentlich höhere Anforderungen zu stellen wären. Vielmehr ist aufgrund der von jeder Markenverletzung ausgehenden Gefährdung für die geschützte Marke ein berechtigtes Interesse des Markeninhabers, weitere Verletzungshandlungen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes alsbald zu unterbinden, regelmäßig zu bejahen; insoweit kann jedenfalls der in § 12 UWG zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgedanke auch auf das Markenrecht angewendet werden (Beschluss des OLG Frankfurt vom 9.8.2002 - 6 W 103/02). Der Antragstellerin kann nicht vorgeworfen werden, sie habe durch ihr eigenes Verhalten zu erkennen gegeben, dass ihr die Angelegenheit nicht dringlich sei. Sie hat den Antragsgegner unstreitig zeitnah nach Kenntniserlangung von der Verletzungshandlung am 27.2.2012 abgemahnt. Am 15.3.2012 ist ihr die negative Feststellungsklage zugestellt worden und am 30.3.2012 hat sie ihren Eilantrag bei Gericht eingereicht. Sie hat damit ihr Interesse an der alsbaldigen Unterbindung der Markenverletzung bekundet. Unerheblich ist es mit Rücksicht auf das eingeleitete Eilverfahren, dass die Antragstellerin in dem Feststellungsverfahren vor dem LG Kiel eine Verlängerung der Klageerwiderungsfrist beantragt hat.
Der Verfügungsanspruch ergibt sich aus Art. 98 Abs. 1, 9 Abs. 1 lit. c GMV. Die...