Leitsatz (amtlich)
Während einer wirksamen Inobhutnahme wird ein Kind dem Personensorgeberechtigten nicht widerrechtlich vorenthalten, weshalb dieser gegen das Jugendamt auch keinen Anspruch auf Herausgabe des Kindes nach 1632 Abs. 1 BGB hat.
Die Inobhutnahme ist wirksam, wenn sie dem Personensorgeberechtigten bekannt gegeben worden ist und wenn - im Falle eines Widerspruchs des Personensorgeberechtigten - ihre sofortige Vollziehung angeordnet und schriftlich begründet worden ist (§ 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4, Abs. 3 S. 1 VwGO).
Gegen den Verwaltungsakt der Inobhutnahme ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Das Familiengericht entscheidet im Rahmen des von ihm nach erfolgter Mitteilung über die Inobhutnahme gemäß § 42 Abs. 3 S. 2 SGB VIII einzuleitenden Verfahrens nicht über die Rechtmäßigkeit der Inobhutnahme, sondern lediglich über die Aufrechterhaltung der Fremdunterbringung und diesbezüglich zu ergreifende sorgerechtliche Maßnahmen. Erst wenn das Familiengericht die Ergreifung sorgerechtlicher Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Fremdunterbringung ablehnt und das Jugendamt die Inobhutnahme dennoch aufrecht erhält, entsteht ein Herausgabeanspruch der Personensorgeberechtigten, weil die Wirksamkeit der Inobhutnahme nach der Systematik des § 42 SGB VIII mit der Entscheidung des Familiengerichts über die zu ergreifenden sorgerechtlichen Maßnahmen endet. Entsprechendes gilt im Falle einer vorhergehenden Aufhebung der Inobhutnahme oder Aussetzung ihrer sofortigen Vollziehung durch das hierfür zuständige Verwaltungsgericht.
Einem während der Wirksamkeit einer Inobhutnahme gestellten Antrag auf Herausgabe des Kindes fehlt die für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe erforderliche Erfolgsaussicht.
Normenkette
BGB § 1632 Abs. 1; SGB VIII § 42; VwGO § 80
Verfahrensgang
AG Gelnhausen (Aktenzeichen 62 F 878/18) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die allein sorgeberechtigte Beschwerdeführerin begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf einstweilige Anordnung der Herausgabe ihres vom Antragsgegner am 21.9.2018 in Obhut genommenen minderjährigen Sohnes.
Das Kind wurde vom Antragsgegner am 21.9.2018 in einer Jugendhilfeeinrichtung untergebracht. Die Beschwerdeführerin wurde telefonisch über die erfolgte Inobhutnahme unterrichtet. Mit Bescheid vom selben Tage, der Beschwerdeführerin zugestellt am 26.9.2018, bestätigte der Antragsgegner die erfolgte Inobhutnahme und ordnete deren sofortige Vollziehung an. Auf die im Bescheid enthaltene Begründung der Inobhutnahme und der Anordnung der sofortigen Vollziehung wird Bezug genommen.
Mit Faxschreiben ihres Bevollmächtigten vom 27.9.2018 widersprach die Beschwerdeführerin der erfolgten Inobhutnahme. Der Antragsgegner unterrichtete das Familiengericht mit Faxschreiben vom selben Tag über die erfolgte Inobhutnahme, woraufhin das Familiengericht ein gerichtliches Verfahren zur Prüfung der Ergreifung von Maßnahmen wegen Gefährdung des Kindeswohls nach § 1666 BGB einleitete, dessen Ausgang dem Senat nicht bekannt ist.
Bereits mit Antragsschrift ihres Bevollmächtigten vom 25.9.2018, beim Familiengericht eingegangen am 26.9.2018, hatte die Beschwerdeführerin die Anordnung der Herausgabe ihres in Obhut genommenen Sohnes im Wege der einstweiligen Anordnung und die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe beantragt. Den Verfahrenskostenhilfeantrag wies das Familiengericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 29.9.2018 wegen fehlender Erfolgsaussicht des Herausgabeantrags zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, während der Dauer der Inobhutnahme bestehe kein Herausgabeanspruch der Eltern, weil es an der hierfür erforderlichen Widerrechtlichkeit der Vorenthaltung des Kindes fehle. Werde ein Kind vom Jugendamt wegen einer akuten Gefährdung des Kindeswohls in Obhut genommen, müsse das Jugendamt dem Herausgabeverlangen der Eltern nicht Folge leisten, sondern habe unverzüglich das Familiengericht anzurufen, welches dann ein Verfahren nach § 1666 BGB einleite. Für die Dauer dieses Verfahrens sei das Jugendamt berechtigt, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen.
Mit ihrer am 1.10.2018 beim Amtsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde verfolgt die Beschwerdeführerin ihren Verfahrenskostenhilfeantrag weiter. Sie ist der Auffassung, als Inhaberin der elterlichen Sorge stehe ihr das Recht zu, die Herausgabe ihres Sohnes zu verlangen, zumal seitens des Jugendamts nicht einmal ein Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts gestellt worden sei. Die Inobhutnahme sei widerrechtlich erfolgt und stehe dem Herausgabeanspruch daher nicht entgegen.
Das Familiengericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Die Inobhutnahme ist von der Antragsgegnerin mit Ablauf des 26.11.2018 beendet worden. Das betroffene Kind ist in den Haushalt der Beschwerdeführerin zurückgekehrt. Der Widerspruch gegen die Inobhutnahme ist durch Widerspruchsbescheid vom 4.12.2018 zurückgewiesen worden. Ob der Widerspruchsbescheid bestandskr...