Leitsatz (amtlich)
1. Zu einem Anspruch des Verbrauchers gegen die Bank wegen nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung im Rahmen eines kreditfinanzierten Erwerbs einer Eigentumswohnung unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des EuGH (Rs. C-0/03 und Rs. C-9/04)
2. Kausal auf der Nichtausübung des Widerrufsrechts können nur solche Risiken beruhen, die der Verbraucher erst nach Abschluss des Darlehensvertrages eingegangen ist. War der Kaufvertrag schon vor Abschluss des Darlehensvertrages zustande gekommen, hätte er auch durch ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht nicht mehr beseitigt werden können.
Normenkette
HwiG § 1; VerbrKrG § 3 Abs. 2, § 9
Verfahrensgang
LG Frankfurt am Main (Beschluss vom 19.10.2005; Aktenzeichen 2/31 O 542/04) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Frankfurt/M. vom 19.10.2005 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsteller zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Kläger begehren Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Rückabwicklung eines Darlehens, das sie zur Finanzierung des Erwerbs einer Immobilie zu Steuersparzwecken bei der Beklagten aufgenommen haben.
Nachdem die Kläger Anfang der 90-er Jahre zu Hause von einem Vermittler aufgesucht worden waren, bevollmächtigten sie durch notarielle Urkunde vom 16.5.1990 die Rechtsanwälte B für sie die Eigentumswohnung Nr. ... in der ...-Straße in O1 zu erwerben; diese Vollmacht war für sie bis zum 31.12.1990 unwiderruflich. Die Beklagte übermittelte den Klägern unter dem 5.6.1990 einen Darlehensantrag über zwei Teildarlehen i.H.v. 118.500 DM und 200.000 DM, die fünf Jahre lang mit 7,5 % verzinst und durch eine Grundschuld an der Wohnung abgesichert werden sollten. Der Antrag enthält eine "Belehrung über das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften". Die Kläger unterzeichneten diesen Antrag am 18.6.1990, später wurde er von der Beklagten angenommen. Mit Schreiben vom 15.2.2002 widerriefen die Kläger ihre Darlehensvertragserklärungen, die Beklagte kündigte die Darlehen, die mit rund 130.000 EUR valutieren. Die Kläger verlangen Feststellung, dass die Beklagte gegen sie aus den Darlehensverträgen keine Ansprüche mehr herleiten kann sowie im Wege der Stufenklage Auskunft über die Höhe der auf die Darlehenskonten eingegangenen Zahlungen und Rückzahlung dieser Beträge Zug um Zug gegen Übereignung der Wohnung. Für diese Klage begehren sie Prozesskostenhilfe.
Mit Beschluss vom 19.10.2005 hat das LG die Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der Klage versagt. Gegen diesen ihnen am 19.10.2005 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 2.11.2005 sofortige Beschwerde eingelegt und diese am 27.1.2006 begründet.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insb. an sich statthaft (§ 127 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) sowie form und fristgerecht eingelegt worden (§§ 569, 127 Abs. 2 ZPO). In der Sache indes hat sie keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG die Erfolgsaussicht für die bereits unbedingt erhobene Klage verneint. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses wird deswegen zunächst Bezug genommen.
Hieran vermag die Beschwerdebegründung nichts zu ändern.
Es fehlt bereits an einer schlüssigen Darlegung der tatsächlichen Voraussetzungen, unter denen ein Widerruf nach dem Haustürwiderrufsgesetz möglich ist. Dass der Abschluss des Darlehensvertrags auf Verhandlungen beruht, die zuvor in der Wohnung der Kläger geführt worden wären, ist bislang nicht behauptet worden. Der bloße Vortrag, Anfang der 90-er Jahre habe sie der Vermittler A sie mehrfach zu Hause aufgesucht, lässt nicht erkennen, dass bei diesen Besuchen Vertragsverhandlungen geführt worden wind. Hieran ändert auch der mit der Beschwerde vorgetragene Umstand nichts, dass es Folgegespräche gab, die ebenfalls in einer Haustürsituation erfolgten. Offen bleibt auch, ob der erst Mitte Juni 1990 geschlossene Darlehensvertrag auf solchen Verhandlungen beruht; auch wenn ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen Vertragsverhandlungen und Vertragsschluss nicht unabdingbar ist, kann nur bei seinem Vorliegen auf die erforderliche Ursächlichkeit im Wege einer tatsächlichen Vermutung geschlossen werden. Fehlt der enge zeitliche Zusammenhang, bedarf die Kausalität des Hausbesuchs besonderer Darlegung, die hier genauso wenig erfolgt ist, wie eine Darlegung des zeitlichen Ablaufs der Gespräche.
Entgegen der Ansicht der Kläger steht ihnen ein Anspruch gegen die Beklagte auch nicht unter Zugrundelegung der neueren Rechtsprechung des EuGH zu. Soweit der EuGH ("Schulte" - Rs. C-350/03; "Crailsheimer Volksbank e.G." - Rs. C-229/04) aus Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie einen Schadensersatzanspruch des Verbrauchers in den Fällen herleitet, in denen dieser bei ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht die mit dem Erwerb der Kapitalanlage verbundenen Risiken hätte vermeiden können, liegen die Voraussetzungen dieser Ausnahme im vorliegenden Fall nicht vor. Ka...