Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuständigkeit für Akteneinsicht nach § 299 II ZPO

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zuständigkeit für die Führung der Akten erster Instanz fällt in Zivilsachen nach Abschluss der Rechtsmittelinstanzen und Rückgabe der Akten allein der Gerichtsverwaltung des LG zu (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 299 ZPO Rz. 6). Zur Entscheidung über ein die Einsicht in diese Prozessakten betreffendes Gesuch nach § 299 Abs. 2 ZPO ist demnach ausschließlich der Präsident des LG als zuständiger Vorstand des aktenführenden Gerichts berufen.

 

Normenkette

ZPO § 299 Abs. 2

 

Tenor

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten zu tragen.

Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Nachdem beide Seiten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, war über die Kosten unter Zugrundelegung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu entscheiden (allgemeiner Rechtsgrundsatz, vgl. § 161 Abs. 2 S. 1 VwGO, 91a Abs. 1 S. 1 ZPO; für das Verfahren nach § 23 EGGVG: vgl. auch OLG Hamburg, Beschl. v. 27.11.2009 - 2 VAs 5, zitiert nach juris Rz. 15). Damit kommt es grundsätzlich darauf an, wer die Kosten voraussichtlich hätte tragen müssen, wenn keine Erledigung eingetreten und eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen wäre (vgl. OLG Hamburg, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG richtet sich dabei nicht nach den für den Zivilprozess geltenden Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO sondern bezüglich der außergerichtlichen Kosten nach § 30 EGGVG sowie bezüglich der Gerichtskosten nach § 1 Abs. 2 Nr. 19, § 22 GNotKG (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 28.8.2013 - 2 VAs 10/13, zitiert nach juris Rz. 7).

Es bestand keine Veranlassung, nach § 30 EGGVG eine Erstattung von außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin aus der Staatskasse anzuordnen. Denn die Antragstellerin hätte mit ihrem Antrag voraussichtlich keinen Erfolg gehabt, so dass auch bei einer Entscheidung in der Sache nach billigem Ermessen keine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten anzuordnen gewesen wäre. Eine solche kommt nämlich nur dann in Betracht, wenn ein Antrag nach § 23 EGGVG erfolgreich ist und - wegen des Ausnahmecharakters der Vorschrift - darüber hinaus ein offensichtlich fehlerhaftes oder gar willkürliches Verhalten der Justizbehörde vorliegt (vgl. Kissel/Mayer, Gerichtsverfassungsgesetz, 7. Aufl., § 30 EGGVG Rz. 5; Lückemann in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 30 EGGVG Rz. 1).

Die Antragstellerin begehrte mit Ihrem Antrag nach §§ 23 ff. EGGVG, den Präsidenten des OLG unter Aufhebung der abschlägigen Entscheidung vom 13.2.2014 (Bl. 87 d.A.) zur Gestattung der Einsichtnahme in das Berufungsurteil in dem Zivilprozess mit dem Aktenzeichen 17 U 19/92 bzw. zur Erteilung einer nicht anonymisierten Abschrift dieses Urteils zu verpflichten. Dieser auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 26 Abs. 1 EGGVG) gestellte, nach § 23 Abs. 1 EGGVG statthafte Antrag wäre unbegründet gewesen.

Es kann dabei dahinstehen, ob für die Entscheidung über das Einsichtsgesuch der Antragstellerin in die Prozessakten bzw. in Teile davon eines von dem verstorbenen ... geführten zwischenzeitlich abgeschlossenen Zivilprozesses § 299 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO einschlägig war. Denn in beiden Fällen war der zugrunde liegende Antrag auf Akteneinsicht bei dem Präsidenten des OLG als einer unzuständigen Stelle gestellt worden und von diesem zu Recht im Ergebnis als unzulässig zurückgewiesen worden.

Falls die Antragstellerin, wie sie selbst annimmt, aufgrund ihrer Einsetzung als "Personal Representative" für den Nachlass der verstorbenen Prozesspartei selbst Partei i.S.d. § 299 Abs. 1 ZPO in dem ursprünglich von dem Verstorbenen geführten Zivilprozess geworden wäre und wenn weiterhin auch nach rechtskräftigem Abschluss eines Zivilprozesses für Einsichtsgesuche der Parteien § 299 Abs. 1 ZPO zur Anwendung käme, war - beides unterstellt - der Antrag an den Präsidenten des OLG unzulässig. Denn für Einsichtsgesuche der Parteien nach § 299 Abs. 1 ZPO ist das Prozessgericht zuständig (vgl. Greger in Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 299 ZPO Rz. 4a), so dass der an den Präsidenten des OLG gerichtete Antrag auf Einsichtnahme in diese Akten bei der funktional unzuständigen Stelle gestellt wurde. Soweit ein entsprechender Antrag auch bei dem Vorsitzenden des 17. Zivilsenats des OLG gestellt wurde, war eine dort ggf. ergangene Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht angegriffen und stellte zudem keinen Akt der Justizverwaltung dar, der im Verfahren nach § 23 EGGVG überprüft werden konnte.

Sofern vorliegend § 299 Abs. 2 ZPO einschlägig gewesen sein sollte, war der Präsident des OLG nicht der für die begehrte Einsichtnahme bzw. Abschriftenerteilung zuständige Vorstand des Gerichts im Sinne der vorgenannten Vorschrift.

Gegenstand der Akteneinsicht nach § 299 ZPO sind die Prozessakten (vgl. Prütting in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 299 ZPO Rz. 4). Die Führung und Verwahrung dieser Prozessakten durch...

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