Verfahrensgang
AG Frankfurt am Main (Beschluss vom 12.03.2021; Aktenzeichen 467 F 13100/20 HKÜ) |
Tenor
I. Die Beschwerde des weiteren Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Frankfurt am Main vom 12.3.2021 wird zurückgewiesen.
II. Dem weiteren Beteiligten zu 1. werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
IV. Der weiteren Beteiligten zu 2. wird für die Beschwerdeinstanz ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. bewilligt.
Gründe
I. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf die ausführliche Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung verwiesen.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 12.3.2021 hat das Amtsgericht nach Bestellung einer Verfahrensbeiständin, der Einholung einer Stellungnahme des zuständigen Jugendamtes sowie nach Anhörung aller Beteiligten den weiteren Beteiligten zu 1. und Vater verpflichtet, das gemeinsame Kind der Beteiligten M. K., geboren am ...2010, bis zum 30.4.2021 nach Polen zurückzuführen und für den Fall, dass er dieser Verpflichtung nicht nachkommt, eine Herausgabeanordnung getroffen. Des Weiteren hat es Vollstreckungs- und Vollzugsanordnungen getroffen.
Gegen diesen, ihm am 15.3.2021 zugestellten Beschluss wendet sich der Vater mit seiner Beschwerde vom 24.3.2021, per Faxschreiben eingegangen beim Amtsgericht am selben Tag. Mit seiner Beschwerde begehrt er, den angefochtenen Beschluss abzuändern und den Rückführungsantrag der Mutter zurückzuweisen. Er begründet seine Beschwerde mit der Rückführung des Kindes nach Polen und der Herausgabe an die Mutter entgegenstehenden Hinderungsgründen nach Art. 13 Abs. 1 lit. b HKÜ. Der Vater habe sich der Herausgabe des Kindes an die Mutter gemäß Art. 13 HKÜ widersetzt. Er habe geltend gemacht, dass das Kind im mütterlichen Haushalt in den letzten zwei Jahren vor dem Umzug des Kindes nach Deutschland durch seinen Halbbruder geschlagen und sexuell missbraucht worden sei. Zum Beweis habe er die Anhörung des Kindes zu den Vorfällen angeboten. Die richterliche Anhörung sei unter grober Verletzung der Verfahrensvorschriften erfolgt, da für das Kind ein ungeeigneter Verfahrensbeistand bestellt worden sei. Die bestellte Verfahrensbeiständin habe es pflichtwidrig unterlassen, das Kind zu besuchen, um das Kind über den Gegenstand des Verfahrens zu informieren. Sie habe es gänzlich unterlassen, die ihr mit Beschluss vom 5.1.2021 übertragenen Aufgaben nach § 158 FamFG wahrzunehmen. Sie habe auch mit den Eltern keine Gespräche geführt. Er beantragt daher, einen geeigneten Verfahrensbeistand für das Kind zu bestellen und das Kind erneut anzuhören. M. sei durch den angefochtenen Beschluss stark verängstigt. Die Rückführung des Kindes wäre mit dem Kindeswohl nicht zu vereinbaren. Es bestünde erneut die akute Gefahr von weiteren gewalttätigen und sexuellen Übergriffen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung vom 24.3.2021 Bezug genommen.
Die Mutter und die Verfahrensbeiständin verteidigen den angefochtenen Beschluss.
Das Jugendamt hat mitgeteilt, dass es den Vater zweimal angeschrieben habe. Dieser habe jedoch nicht auf die Briefe reagiert und die ihm vom Jugendamt angebotenen Termine nicht wahrgenommen.
II. Die gemäß § 40 Abs. 2 IntFamRVG, §§ 58 ff FamFG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Auch im Lichte des Beschwerdevorbringens erweist sich die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung als vollumfänglich zutreffend.
Die Voraussetzungen der Art. 12 i.V.m. 3 HKÜ und i.V.m. Art. 11 Brüssel-IIa-Verordnung sind erfüllt.
1. Nach Art. 12 Abs. 1 HKÜ ist die sofortige Rückgabe eines Kindes anzuordnen, wenn das Kind im Sinne von Art. 3 HKÜ widerrechtlich in einen Vertragsstaat verbracht oder dort zurückgehalten worden ist und bei Eingang des Antrags auf Rückführung die Jahresfrist des Art. 12 HKÜ noch nicht abgelaufen ist.
Wie das Familiengericht zutreffend festgestellt hat, befand sich M. vor der Verbringung nach Deutschland im Sommer 2020 in Polen, und die Eltern üben das Sorgerecht gemeinsam aus, während u.a. festgelegt ist, dass der Aufenthalt des Kindes bei der Mutter liegt. Dies ist ebenso unstreitig wie der Umstand, dass die Mutter weder mit dem Verbringen noch mit dem Aufenthalt von M. in Deutschland, wo der Vater seit mehreren Jahren lebt, einverstanden war und ist. Damit liegt ein widerrechtliches Zurückhalten von M. in Deutschland vor.
2. Sofern sich der Vater gegen die Anordnung der Rückführung auf Art. 13 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 HKÜ beruft, so liegen diese Voraussetzungen, wie das Amtsgericht bereits zutreffend in dem angefochtenen Beschluss ausgeführt hat, nicht vor.
a. Die Anordnung der Rückgabe des Kindes hat nicht gem. Art. 13 Abs. 1 lit. b. zu unterbleiben. Der Vater, der sich der Rückführung von M. widersetzt, konnte nicht den Nachweis erbringen, dass M. im Haushalt der Mutter misshandelt, vernachlässigt und von seinem Stiefbruder sexuell missbraucht wurde....