Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundbuch: Eintragungsfähigkeit Nießbrauchsrecht
Leitsatz (amtlich)
Ein einheitliches Nießbrauchsrecht, das zunächst einem Berechtigten und sodann einem anderen Berechtigten zustehen soll, ist im Grundbuch nicht eintragungsfähig. Bei einem Nießbrauch sind mithin mehrere Einzelrechte zu bestellen.
Normenkette
BGB §§ 1059, 1061; GBO § 47
Verfahrensgang
AG Gießen (Beschluss vom 06.06.2014) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 500.000,-- EUR.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Der Verfahrensbevollmächtigte hat mit Schriftsatz vom 26.03.2014 (Bl. 218 der Grundakten) eine Ausfertigung seines Übergabevertrages vom 25.03.2014, UR-Nr .../2014, beim Grundbuchamt eingereicht mit dem Antrag, die Eigentumsumschreibungen, die Eintragung des Nießbrauchsrechts gemäß § 4 des Vertrages und die Eintragung der Rückauflassungsvormerkung gemäß § 5 des Vertrages in den Grundbüchern vorzunehmen. Ausweislich des bezeichneten Übergabevertrages hat die Beteiligte zu 1. den in den oben aufgeführten Grundbuchblättern verzeichneten und in ihrem Eigentum stehenden Grundbesitz an ihre Kinder, die Beteiligten zu 2. und 3., je zur Hälfte übertragen; die Beteiligten haben in § 6 die Auflassung erklärt. In § 4 des Vertrages hat sich die Beteiligte zu 1. für sich selbst und - aufschiebend bedingt nach ihrem Tod - ihrem dort bezeichneten Ehemann das lebenslange Nießbrauchsrecht an dem übertragenen Grundbesitz vorbehalten. Weiter heißt es dort: "Die Beteiligten bewilligen und beantragen zur Sicherung dieses Anspruchs die Eintragung des Nießbrauchsrechts zugunsten der Erschienenen zu 1.) und ihres Ehemanns (...) in den Grundbüchern mit dem Vermerk, dass zur Löschung der Nachweis des Todes der Berechtigten genügt." Ausweislich § 5 des Vertrages hat sich die Beteiligte zu 1. als Übergeberin das Recht vorbehalten, unter bestimmten Voraussetzungen die unentgeltliche Rückübertragung des Grundbesitzes zu verlangen. Zur Sicherung des darin niedergelegten aufschiebend bedingten Rückübertragungsanspruchs hat der Übernehmer (= die Beteiligten zu 2. und 3.) zu Lasten des jeweils hälftigen übertragenen Grundbesitzes eine Vormerkung gemäß § 883 BGB zugunsten des Übergebers (= die Beteiligte zu 1.) in den Grundbüchern bewilligt und beantragt. Wegen des weiteren Inhalts und genauen Wortlauts des Übergabevertrages wird auf Blatt 219 ff. der Grundakten verwiesen.
Durch Verfügung vom 02.04.2014 (Bl. 226 der Grundakten) hat der Rechtspfleger beim Grundbuchamt den Verfahrensbevollmächtigten darauf hingewiesen, dass das Gemeinschaftsverhältnis der Gläubiger für das einzutragende Nießbrauchsrecht nicht angegeben sei, § 47 GBO. In Frage käme Gesamtberechtigung nach § 428 BGB; ansonsten müssten zwei getrennte Nießbrauchsrechte für die Übergeberin und ihren Ehemann eingetragen werden. Mit Schriftsatz vom 07.04.2014 (Bl. 227 der Grundakten), hat der Verfahrensbevollmächtigte mitgeteilt, dass das Nießbrauchsrecht eingetragen werden solle auf die Beteiligte zu 1. und aufschiebend bedingt auf ihren Ehemann; ein Rangverhältnis sei nicht gegeben. Nach Hinweis des Grundbuchamts in der Verfügung vom 11.04.2014, dass nicht das Fehlen einer Rangbestimmung, sondern das Fehlen eines Anteilsverhältnisses gerügt worden sei, hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 22.04.2014 (Bl. 230 der Grundakten) mitgeteilt, dass ein Anteilsverhältnis nicht angegeben werden müsse. Das Nießbrauchsrecht solle nicht gemeinschaftlich den Eheleuten A zustehen, sondern zeitlich versetzt zunächst der Beteiligten zu 1. und nach deren Tod - im Falle seines Überlebens - dem Ehemann. Nach nochmaligem rechtlichen Hinweis in der Verfügung vom 24.04.2014 (Bl. 231 der Grundakten) - auf deren Einzelheiten verwiesen wird -darauf, dass nicht ein und dasselbe Nießbrauchsrecht für zwei verschiedene Berechtigte für zwei verschiedene Zeiträume eingetragen werden könne und sich aus der notarielle Urkunde weder eine Gesamtberechtigung noch zwei getrennte Nießbrauchsrechte ergäben, hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 28.04.2014 (Bl. 233 der Grundakten) nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Nießbrauchsrecht um ein solches handele, das zunächst der Beteiligten zu 1. als Eigentümerin und nach ihrem Ableben deren Ehegatten zustehen solle.
Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 235 ff. der Grundakten), auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, hat das Grundbuchamt den Antrag "des Notars B in ... vom 26.03.2014 auf Eintragung der Eigentumsumschreibung, eines Nießbrauchsrechts und einer Rückauflassungsvormerkung kostenpflichtig zurückgewiesen".
Hiergegen hat die Beteiligte zu 1. durch Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 17.06.2014 (Bl. 240 ff. d.A.), auf dessen Einzelheiten letztendlich Bezug genommen wird, Beschwerde eingelegt und darauf hingewiesen, dass weder ein Anteilsverhältnis noch eine Rangbestimmung erforderlich sei. Es gebe keine zwei verschiedenen Berechtigten, sondern jeweils nur einen Ber...